
"Die Wertstatt" Voll auf Touren: In dieser Werkstatt in Markkleeberg wird mehr als nur geschraubt
Hauptinhalt
12. April 2025, 08:00 Uhr
Florian und Noel stehen vor ihrem Herzensprojekt des letzten halben Jahres. Aufgrund einiger Lieferengpässe ist es leider nicht ganz fertig geworden. Doch das ändert nichts an ihrer Begeisterung für den Nachbau eines BMW E30 M3 DTM, wie ihn einst Roberto Ravaglia fuhr, der erste Tourenwagen-Weltmeister der Geschichte. Auf der diesjährigen Techno Classica in Essen soll das Auto zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Wer in die kleine, unscheinbare Werkstatt in Markkleeberg kommt, der kann die Aufregung, Vorfreude und Begeisterung förmlich spüren. Zwischen Hebebühnen, Schraubenschlüsseln und Werkbänken steht der 14-jährige Noel und kommt aus dem Staunen nicht mehr raus.
Mein Highlight ist der BMW, auch weil ich die Marke liebe.
Noel trifft sich mit Werkstattbesitzer Florian Schwarz und anderen Jugendlichen jeden zweiten Sonnabend im Monat. Gemeinsam schrauben sie dann an Oldtimern, Fahrrädern, Seifenkisten und allem, was sonst noch Räder hat. Die Idee kam Schwarz bereits während seiner Ausbildung.
Junge Menschen für das Handwerk motivieren
Florian Schwarz ist gelernter KfZ-Mechatroniker und mittlerweile als Freiberufler in der Automobilindustrie tätig. Schon früh habe er gemerkt, dass sich nur wenige junge Menschen für einen Handwerksberuf entscheiden. Oft würde die Motivation fehlen, langfristig am Ball zu bleiben und nicht immer wieder den Beruf zu wechseln. Das wollte Schwarz gern ändern und so gründete er vor knapp sechs Jahren die sogenannte "Wertstatt". Das selbstgewählte Ziel: Die Begabungen und Potentiale junger Menschen beim gemeinsamen Schrauben an Fahrzeugen entdecken und fördern.
Wenn wir hier die Jugendlichen zusammenbringen, schaffen wir es auch, Gesellschaftsschichten miteinander zusammenzubringen.
Laut Schwarz darf hier jeder mitmachen, der möchte - aus allen Gesellschaftsschichten und auch, wenn die Jugendlichen einen eher schwierigen Start ins Leben hatten. "Wenn wir hier die Jugendlichen zusammenbringen, schaffen wir es auch, Gesellschaftsschichten miteinander zusammenzubringen", sagt Schwarz. Die einzigen Voraussetzungen: Spaß an der Sache, respektvoller Umgang untereinander und man muss mindestens 14 Jahre alt sein.
Jugendlichen eine Perspektive bieten
Noel ist einer dieser Teenager. Er erzählt, dass es zuhause eine Zeit lang nicht so gut lief. Deshalb wohnt er seit einer Weile in einer Wohngemeinschaft, gemeinsam mit anderen jungen Menschen. Einer seiner Mitbewohner habe ihn auf das Projekt Wertstatt aufmerksam gemacht. Durch seine Liebe zu Autos habe er keine Sekunde gezögert und sei an einem Sonnabend in die Schrauberhalle nach Markkleeberg gefahren. Diese Entscheidung habe er seither nicht bereut. Sowohl wegen der Autos als auch wegen der Gemeinschaft.
Wir sind eine coole Gruppe. Ich kann hier viel lernen. Auch von Autos und so.
Außerdem hält ihn das Projekt davon ab, "in meiner Freizeit irgendwelche Scheiße zu bauen", so Noel selbst. Schnell wird klar, dass es hier eben nicht nur um das Schrauben geht. Es geht mindestens genauso darum, den Jugendlichen weiterzuhelfen und ein soziales Auffangnetz zu bieten. Denn junge Menschen sind die Zukunft, weiß Projektleiter Schwarz. In der Politik wird ganz viel geredet, sagt er, aber kaum etwas gemacht. Solche kleinen Projekte können seiner Auffassung nach für Jugendliche den entscheidenden Unterschied machen. Sie würden eine Alternative für Perspektivlosigkeit und zum Beispiel bei Suchtproblemen bieten.
Junge Menschen sind die Zukunft.
Große Pläne und der Kampf ums Geld
Aktuell finanziert sich das Herzensprojekt von Florian Schwarz über Spenden. Die meisten Privatleute und Firmen, die gespendet haben, hätten das lediglich aus gutem Willen und Liebe zum Projekt gemacht. Dafür sei er sehr dankbar. Dennoch hofft Schwarz, dass das Projekt künftig größeren Anklang findet. Genügend Ideen für die Zukunft hat er. So kann er sich unter anderem vorstellen, Ausbildungen im KfZ-Bereich für junge Leute aus dem Strafvollzug anzubieten. Dafür hat er bereits zwei studierte Sozialarbeiterinnen an der Hand. Außerdem plant er ein Rennteam zu gründen, um auch einen Wettkampfgedanken mit ins Spiel zu bringen.
In der näheren Zukunft will Florian Schwarz deshalb erst einmal eine größere Werkstatt und mehr Sponsoren auftreiben. Damit die Weiterentwicklung der "Wertstatt" voll auf Touren kommen kann.