Ein Gabelstapler fährt tonnenschwere Stahlelemente auf eine Brücke.
Bis zu zehn Tonnen schwere Stahlteile (re. im Bild) lagen diese Woche aufeinandergestapelt und einzeln auf der Elbbrücke in Bad Schandau. Sie waren Teil des Belastungstest, dem das Bauwerk von 1977 standhielt. Bildrechte: MDR/Benjamin Jakob

Wie weiter im Elbtal? Experte nach Test: Brücke in Bad Schandau ist möglicherweise zu retten

06. April 2025, 09:59 Uhr

Kann die Elbbrücke in Bad Schandau vielleicht repariert werden? Das sollte zumindest diskutiert werden, meint der Brückenexperte Prof. Marx. Denn beim großen Belastungstest in dieser Woche habe die Brücke keine Schäden gezeigt - obwohl unwahrscheinliche Lasten von bis 220 Tonnen auf dem Bauwerk standen und sich darüber bewegten. Nächste Woche soll eine Entscheidung fallen, die Anwohnern und Pendlern vielleicht den Alltag erleichtert. Das letzte Wort haben die zuständigen Behörden.

Der Brückenexperte und TU-Professor für Massivbau, Steffen Marx, hält es nach dem Belastungstest in Bad Schandau für möglich, dass die dortige Elbbrücke gar nicht abgerissen werden muss. "Die große Befürchtung, dass die Brücke so kaputt ist wie die Carolabrücke in Dresden, hat sich in Luft aufgelöst. Die Spannungsrisskorrosion wie an der Carolabrücke findet hier nicht statt", sagte der Ingenieur MDR SACHSEN nach dem einmaligen Belastungstest.

Der Brückenexperte Prof. Steffen Marx informiert die Medien am 1.4.2025 über den 1. Tag des Belastungstests auf der Elbbrücke in Bad Schandau. 1 min
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Die Belastungstests an der Elbbrücke in Bad Schandau sind beendet. Prof. Steffen Marx, der den Belastungstest mit geplant hat, fasst den aufwändigen Versuch zusammen.

MDR FERNSEHEN Do 03.04.2025 09:32Uhr 01:08 min

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Brücke zeigt bei Test "keinerlei Schäden"

Die Gewichte von bis zu 220 Tonnen während des Tests hätten bei der Brücke "keinerlei Schäden verursacht". Erleichtert stellte Marx fest: "Das Bauwerk verhält sich sehr gutmütig und so, wie wir es in unseren Rechenmodellen erwartet hatten." Mit dem Test sollte herausgefunden werden, ob die Brücke für den Verkehr bis 7,5 Tonnen und mit Ampelschaltung auch für schwerere Busse und Lkw einstweilen freigegeben werden kann.

Genau das wolle Marx nun dem Brückeneigentümer empfehlen, dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LaSuV). Allerdings sollen bis nächste Woche noch zwei unabhängige Gutachter, zwei Dresdner Professoren, die Messdaten prüfen und ebenfalls ihr Urteil abgeben.

Warum ist die Bad Schandauer Brücke doch nicht so kaputt wie die Carolabrücke? - Beim Bau in Bad Schandau ist nach Worten von Prof. Steffen Marx eine andere Bautechnologie angewendet worden. Der Spannstahl sei gleich verpresst worden und war damit vor Korrosion geschützt.
- Bei der Carolabrücke in Dresden habe der Spannstahl während des Baus längere Zeit im vorgespannten Zustand ohne Korrosionsschutz freigelegen.
- In den 1970er-Jahren hätten die Experten und Ingenieure nicht gewusst, "dass Spannstahl ein so hohes Risiko für Schädigungen hat. "Kein Mensch hat damals gewusst, dass der Spannstahl solche Macken hat und in der Festigkeit nachlässt", sagte der Chefplaner und Brückenbauer zu DDR-Zeiten, Eckhart Thürmer.

Eckhart Thürmer 1 min
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Kann man die Brücke doch reparieren?

Steffen Marx geht mit seiner Empfehlung aber noch weiter: "Wir hatten jetzt keine Schäden. Wenn die Lage doch nicht so kritisch ist, wie zuerst befürchtet, müssen wir klären, ob die Brücke nicht doch repariert werden kann." Der Belastungstest hat nach Marx' Ansicht den Zuständigen Luft verschafft, auch auf die bislang "unwahrscheinliche Frage ohne Hektik" Antworten zu suchen.

Eine Reparatur würde nur den Bruchteil eines Neubaus kosten.

Steffen Marx Lehrstuhl und Institut für Massivbau (IMB) an der TU Dresden

Konkret hat der Brückenexperte den Beton im Blick. Der habe ein feines Rissnetz, weil der Beton innerlich aufquelle oder aufgequollen sei. "Da ist Kies verwendet worden, der sich nicht hundertprozentig mit dem Beton verträgt. Wir kennen das als Betonkrebs von Autobahnen."

Mit Untersuchungen, die ungefähr ein halbes Jahr dauern würden, könne man herausfinden, ob das Aufquellen schon abgeschlossen ist oder noch im Gang ist. "Wenn das erfolgt ist, kann man über die Zukunft Brücke reden", meinte Marx. Vielleicht seien die Behelfsbrücke für 31 Millionen Euro und der Ersatzneubau für etwa 70 bis 100 Millionen doch nicht nötig.

Belastungstest hat 400.000 Euro gekostet

Mit Blick auf die Millionensummen seien die Kosten für den bundesweit einmaligen Belastungstest in dieser Woche nur ein Bruchteil. Der Test hatte 400.000 Euro gekostet. Am Dienstag und Mittwoch war ein ferngesteuertes Lastmodul mit tonnenschweren Gewichten mehrfach über die Brücke in Bad Schandau gerollt. "Das Fahrzeug kostet eine Million Euro. Wir hatten es nur ausgeliehen. Es wäre aber schlecht gewesen, wenn es in die Elbe reingefallen wäre", sagte Steffen Marx schmunzelnd und freute sich, dass die Brücke hielt und sein Versuchsaufbau funktionierte, den er mit seiner Ingenieurfirma erstellt hatte.

Wir haben jetzt Zeit gewonnen und müssen über alle Möglichkeiten nachdenken. Es geht um die beste Lösung für die Menschen. Dass die Brücke gesperrt ist, ist für sie eine Katastrophe.

Steffen Marx Brückenexperte, Ingenieur und Lehrstuhlinhaber

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MDR (kk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 02. April 2025 | 19:00 Uhr

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