In einer Kirche sitzen viele Menschen, eine Frau spricht am Rednerpult in ein Mikrofon. 1 min
Statt im Landratsamt Pirna wurde die Ausstellung über Geflüchtete in einer Kirche gezeigt. Bildrechte: MDR/Grit Krause
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MDR KULTUR - Das Radio Do 26.09.2024 08:01Uhr 01:08 min

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Kirche statt Landratsamt Nach Eklat in Pirna: So war die Eröffnung der Ausstellung über Geflüchtete

26. September 2024, 10:04 Uhr

Die Ausstellung "Es ist nicht leise in meinem Kopf" ist am Mittwochabend in Pirnas Klosterkirche eröffnet worden. Die Schau dokumentiert das Schicksal von 35 Geflüchteten, die in Schwarzenberg und Umgebung leben. Zuvor sollte die Ausstellung im Landratsamt in Pirna gezeigt werden, wurde aber nach Kritik von Bürgern und Behördenmitarbeitern entfernt. Der Schritt löste einen bundesweiten Eklat aus.

Mehr als 200 Gäste kamen am Mittwochabend in Pirnas Klosterkirche St. Heinrich zur Eröffnung der Wanderausstellung "Es ist nicht leise in meinem Kopf". Die Kirche war laut einer MDR-KULTUR-Reporterin voll mit Menschen, die etwas über die Lebensgeschichten von 35 Geflüchteten erfahren wollten. Sie leben jetzt im sächsischen Schwarzenberg und Umgebung.

Ausstellung gibt der Debatte Gesichter

Die Texte und Bilder der Ausstellung erzählen von Krieg, Flucht, Familie und Hoffnungen – aber auch von Rassismus und dem Gefühl, in Deutschland nicht gewollt zu sein. Pfarrer Vinzenz Brendler sagte: "Wer von uns hat mal solche Menschen gesprochen? Diese Welt ist uns fremd. Das wissen wir theoretisch." Die Ausstellung gebe diesen Menschen Stimme und Gesicht.

Alpha Omar aus Guinea ist einer der Abgebildeten. Er sagte dem MDR bei der Eröffnung in Pirna, dass er Deutschland schön finde. Aber hier richtig anzukommen, sei schwierig. "Es ist ein bisschen schwer, wenn man allein ist. Man ist nicht von hier, man muss alles lernen. Es ist nicht leicht."

Man ist nicht von hier, man muss alles lernen. Es ist nicht leicht.

Alpha Omar aus Guinea

Junger Mann erzählt bei der Eröffnung der Ausstellung "Es ist nicht leise in meinem Kopf" am 25.09.24 in Pirna
Alpha Omar, dessen Geschichte in der Ausstellung erzählt wird, war bei der Eröffnung in Pirna dabei. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Besucher der Eröffnung in Pirna sind berührt

Viele Ausstellungsbesucher waren von den Geschichten berührt, so auch eine Besucherin aus Pirna. "Es geht zu Herzen auf einer zutiefst menschlichen Ebene, dass das Herz wehtut für diese Menschen, für die Erfahrungen, die sie machen mussten", sagte sie MDR KULTUR.

Ihr Begleiter erklärte: Bei ihm sei es ein großer Mix aus Gefühlen – aus Scham, Wut und Fassungslosigkeit. "Scham, denn wenn wir wöllten, könnten wir es diesen Menschen einfacher machen. Wir tun es nur einfach nicht. Wut, dass das Landratsamt gesagt hat: 'Das können wir nicht zeigen.'" Dazu käme Fassungslosigkeit. "Denn immer, wenn über Ausländer gesprochen wird, werden diese in einen Topf gepackt mit Menschen, die nur Probleme machen. Was man hier sieht, sind Menschen, die ein unglaubliches Potenzial hatten und haben."

Ausstellungsbesucher schauen sich in einer Kirche aufgestellte Tafeln an, auf denen Fotos und Text zu sehen sind.
Die Bildtafeln sind in der Klosterkirche in Pirna (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) zu sehen.  Bildrechte: MDR/Grit Krause

Absage der Ausstellung in Pirna sorgte für Eklat

Zuvor hatte die Absage der Schau für eine kontroverse Debatte und bundesweites Aufsehen gesorgt. Die Ausstellung war bereits in den Räumlichkeiten des Landratsamtes in Pirna aufgebaut, als die Behörde unter Landrat Michael Geisler am 11. September den Abbau der Fototafeln veranlasste. Dem Amt zufolge riefen die Inhalte der Schau "Unmut und Unverständnis von Bürgern und Mitarbeitern des Landratsamtes [...] hervor".

Der Vorgang löste einen bundesweiten Eklat aus. Dem Ehepaar Werner und Lenore Lobeck, die die Ausstellung konzipiert hatten, wurde der Schritt eigenen Aussagen zufolge erst nach dem Entfernen der Tafeln mitgeteilt. Wenige Tage später erklärte sich die katholische Kirchgemeinde St. Heinrich und Kunigunde bereit, die Schau in ihrer Klosterkirche zu zeigen.

Bereits in mehreren mitteldeutschen Städten ausgestellt

Pirna ist nicht der erste Ort, an dem die Ausstellung gezeigt wird. Zuvor wurde die Schau im Sächsischen Landtag in Dresden, in Aue, Schwarzenberg, Meißen, Chemnitz, Breitenbrunn und im sachsen-anhaltischen Halberstadt präsentiert.

Mehr Informationen:

"Es ist nicht leise in meinem Kopf"
Die Wanderausstellung ist vom 25. September bis zum 10. Oktober zu Gast in Pirna.

Adresse:
Klosterkirche St. Heinrich
Klosterhof
01796 Pirna

Öffnungszeiten:
Montag bis Samstag, von 10:30 bis 12:30 Uhr und von 14 bis 16 Uhr
Sonntag, von 9:45 bis 12 Uhr (während des Gottesdienstes wird um Ruhe gebeten)

Buch zur Ausstellung:
"Es ist nicht leise in meinem Kopf"
Herausgeben vom Flüchtlingsunterstützerkreis Schwarzenberg
Edition fabrik.transit
erschienen in zwei Bänden:
Hauptband: 216 Seiten, 34 Abbildungen, Softcover
Begleitband: 132 Seiten, Softcover
Preis: 22 Euro
ISBN: 978-3-903267-36-7

Quelle: MDR KULTUR (Grit Krause), MDR SACHSENSPIEGEL (Patricia Klieme), Redaktionelle Bearbeitung: tis, lk

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. September 2024 | 07:30 Uhr

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