Künstlerspur Leipzig: Projekt erinnert an Kreative der DDR und Nachkriegszeit
Hauptinhalt
20. Dezember 2024, 14:45 Uhr
Nach der Notenspur, die die Musikgeschichte Leipzigs an historischen Orten vorstellt, soll es in der Stadt künftig auch eine Künstlerspur geben. Sie will an Leipziger Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur, Architektur und Theater erinnern, die prägend für die Zeit von 1945 bis zum Ende der DDR waren. Dazu zählen unter anderem Schriftsteller Wolfgang Hilbig, Kabarettist Bernd-Lutz Lange oder die Fotografin Evelyn Richter. Was von der Künstlerspur zu erwarten ist, erfahren Sie hier.
- Die Künstlerspur Leipzig will Kreative vorstellen, die vorrangig in der DDR-Zeit aus Leipzig heraus prägend waren.
- Mit dazu gehören auch Persönlichkeiten, die in Vergessenheit geraten sind.
- Geplant sind im Rahmen der Künstlerspur unter anderem Lesungen, Gespräche und Ausstellungen.
Eine neue Künstlerspur soll den Schriftstellern und Malerinnen, Architekten und Schauspielerinnen der Stadt Leipzig nachgehen. Das Projekt knüpft eigenen Angaben nach an die Leipziger Notenspur an, die schon seit einigen Jahren die Musikgeschichte der Stadt an historischen Orten vorstellt. Jedoch gibt es einen Unterschied: Während die Notenspur die Jahrhunderte alte musikalische Geschichte der Messestadt präsentiert, schaut die Künstlerspur auf die Zeit nach 1945 und dabei vorrangig auf die Künstlerinnen und Künstler der DDR.
Die Initiative Künstlerspur Leipzig widmet sich den aufrechten Künstlern, die Leipzig ab 1945 in den Jahren der DDR geprägt haben – voller Hoffnung auf eine bessere Welt nach dem Zweiten Weltkrieg.
Zur Frage, welche Persönlichkeiten für die Künstlerspur in Frage kämen, sagte Dagmar Winklhofer-Bülow, Mitbegründerin der Initiative, im Gespräch bei MDR KULTUR: "Unser einziges Kriterium ist, dass die Bücher heute noch lesbar sind bei den Schriftstellern, dass die Bilder der Maler heute noch geschätzt werden und irgendwo hängen." Und sie fügt hinzu, "dass diese Künstler sich nicht den Herren in den Ledermänteln angedient haben", also nicht für die Staatssicherheit tätig waren.
Gedenken an DDR-Schriftsteller wie Erich Loest
Das trifft unter anderem auf die in Leipzig wirkenden Schriftsteller Erich Loest und Gerhard W. Menzel zu. Die Künstlerspur-Aktiven haben den beiden am 19. Dezember 2024 einen Abend im Felsenkeller gewidmet.
Allerdings ist Loest alles andere als vergessen und noch sehr aktuell. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung erinnert bei MDR KULTUR an eines seiner noch heute relevanten Bücher: "'Nikolaikirche' ist eins dieser wunderbaren Geschichtsbücher über unsere Stadt." Loest habe damit dem wichtigsten Ort der Friedlichen Revolution ein Denkmal geschaffen. Der Roman wurde auch erfolgreich als Fernseh-Mehrteiler verfilmt.
An vergessene Leipziger Künstler nach 1945 erinnern
Andere Künstler haben es hingegen schwerer, noch in die Gegenwart durchzudringen: Gerhard W. Menzel etwa, dessen prägende Zeit in den 1950er-Jahren lag. Der Autor und Dramaturg beim Sender Leipzig galt als Institution des Hörspiels.
Dagmar Winklhofer-Bülow ist Menzels Tochter. Sie verweist auf seine Hörspiele, die entweder Bearbeitungen großer literarischer Stücke gewesen seien, wie zum Beispiel der "Schwejk" oder Gogols "Die Toten Seelen" oder auch eigene Stücke über Schiller oder Joliot Curie, die er sehr verehrt hat.
Initiative blickt auf Persönlichkeiten im Visier der Stasi
Auch Werner Heiduczek steht auf der Liste der Künstlerspur und ist in der DDR mehr als nur angeeckt. So wagte er es in seinem Roman "Tod am Meer" ein Tabu anzusprechen: die Vergewaltigung deutscher Frauen durch sowjetische Soldaten. Daraufhin erzwang Sowjet-Botschafter Pjotr Abrassimow ein Verkaufsverbot des Buches.
Ausbremsen ließ sich der Dichter dadurch aber nicht. Heiduczeks langjährige Lebensgefährtin, Traudel Thalheim, zitiert den Schriftsteller in ihrem Buch "421 Schritte von mir zu dir" mit den bezeichnenden Worten: "Worum schreibe ich? Ich schreibe aus demselben Grunde, wie ich atme und mich bewege, wie ich schlafe und aufstehe. Und es ist ohne Sinn, außerdem am Leben zu bleiben."
Künstlerspur Leipzig führt von Bruno Apitz bis Lene Voigt
Die Initiative Künstlerspur Leipzig wurde nach eigenen Angaben 2023 von Dagmar Winklhofer-Bülow und Helmuth Markov gegründet. Mit Lesungen, Gesprächen, Ausstellungen, Führungen, Erinnerungstafeln und digitalen Zusatzinformationen an den einstigen Wohnorten will sie an Künstlerinnen und Künstler der Stadt erinnern.
Das Spektrum reicht von Schriftstellern wie Bruno Apitz, Lene Voigt und Wolfgang Hilbig über die Fotografin Evelyn Richter bis zu Malern aus dem Umfeld der sogenannten Leipziger Schule wie Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke.
Aber auch die neuere Generation von Künstlern und Künstlerinnen wie Rosa Loy, Neo Rauch und Michael Triegel soll vertreten sein. Daneben sollen auch Schauspieler wie Erwin Geschonneck und Ursula Schmitter oder der Kabarettist Bernd-Lutz Lange einen Platz erhalten.
Quelle: MDR KULTUR (Bernd Schekauski), Künstlerspur Leipzig
Redaktionelle Bearbeitung: op, vp
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. Dezember 2024 | 07:40 Uhr