Geldprobleme 180 Jahre Diako in Dresden - und nun Land unter?
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30. Mai 2024, 06:00 Uhr
Am Freitag begeht das Dresdner Diakonissenkrankenhaus seinen 180 Jahrestag. Doch Geldsorgen trüben die Feierlaune. Anfang der Woche haben sich Ärztinnen und Ärzte der konfessionellen Klinik mit einem Hilferuf an die Landespolitik gewandt. Darin fragen sie, ob dies das letzte Jubiläum sein soll.
- Die Ärzteschaft am Diakonissenkrankenhaus Dresden fordert, das System der Krankenhausfinanzierung zu ändern.
- Das Krankenhaus dementiert Vorwurf der Stellenstreichungen und relativiert Lohnkürzungen.
- Die Krankenhausleitung zieht Zusammenarbeit mit anderen Kliniken in Betracht.
Das Diakonissenkrankenhaus Dresden (Diako) steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Ärztinnen und Ärzte des Krankenhauses haben am Montag mit einem offenen Brief einen Hilferuf an die Staatskanzlei und an das sächsische Sozialministerium gesendet. In dem Schreiben berichten die Initiatorinnen über Kostensteigerungen für Energie, Löhne und Material. Zudem ist von kostenbedingten Stelleneinsparungen und Lohnkürzungen die Rede, um Defizite auszugleichen.
Die Maßnahmen seien notwendig gewesen, um den "Fortbestand des Hauses vorübergehend zu sichern und damit die Gesundheitsversorgung eines Teils der Dresdner Bevölkerung und des Umlandes weiter zu gewährleisten." Auch andere Kliniken in Dresden sind von finanziellen Verlusten betroffen.
Wir machen unseren Job, sind immer für Sie und Ihre Angehörigen da: an allen Feiertagen - zu jeder Tages- und Nachtstunde im Jahr. Wir leisten unter Einschränkungen unseres Privatlebens und unserer eigenen Gesundheit Dienst an der Gesellschaft.
Kritik am System der Krankenhausfinanzierung
Bei kommunalen und Unikliniken geschehe ein Ausgleich von Defiziten durch Steuergelder, private Klinikkonzerne könnten intern umfinanzieren. Das Diakonissenkrankenhaus sei zwar eine konfessionelle Klinik, werde aber nicht von der evangelisch-lutherischen Landeskirche bezuschusst, heißt es in dem offenen Brief. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlangen nun eine Änderung des Systems der Krankenhausfinanzierung - ungeachtet der Trägerschaft.
"Die aktuelle Finanzierung der Krankenhäuser ist ein Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung", heißt es weiter im Appell. Unterzeichnet wurde der von den "Sprecherinnen der Assistenz- und Fachärzt*innen der Inneren Medizin" Marlene Hausmann und Leonie Stibal, stellvertretend für die Ärzteschaft am Diako. Im Schreiben machen sie die Bedeutung ihrer Arbeit für die Gesellschaft deutlich: "Wir machen unseren Job, sind immer für Sie und Ihre Angehörigen da: an allen Feiertagen - zu jeder Tages- und Nachtstunde im Jahr. Wir leisten unter Einschränkungen unseres Privatlebens und unserer eigenen Gesundheit Dienst an der Gesellschaft."
Krankenhausleitung unterstützt Protest
Das Krankenhaus stellt sich hinter den offenen Brief der Ärzteschaft: "Wir begrüßen und unterstützen das Engagement unserer Mitarbeiter*innen ausdrücklich. Wir teilen die Sorge um die Zukunft der Gesundheitsversorgung", wie Sprecher Victor Franke mitteilt. Der offene Brief mache deutlich, das den Mitarbeitenden des Diakos viel am Fortbestand ihres Krankenhauses liege.
Ein kostendeckender Krankenhausbetrieb ist so nicht möglich.
Viele Argumente aus dem offenen Brief teile man: "So haben sich die Vergütungen für Krankenhausbehandlungen vonseiten der Kostenträger von 2023 auf 2024 um etwa fünf Prozent erhöht. Die Lohn- und Sachkosten werden im gleichen Zeitraum erheblich stärker steigen. Ein kostendeckender Krankenhausbetrieb ist so nicht möglich."
Krankenhaus dementiert: Kein Stellenabbau
Vermeintlichen Stellenstreichungen, die im offenen Brief erwähnt werden, widerspricht der kaufmännische Vorstand Ralf Schönherr. Zu MDR SACHSEN sagte er: "Wir haben in den letzten Jahren im medizinischen Bereich eher zusätzliche Stellen geschaffen, die auch sehr gut besetzt sind. In der Vergangenheit hat es definitiv keinen Stellenabbau gegeben. Und davon ist aktuell auch nicht auszugehen." Krankenhaussprecher Victor Franke bestätigt die Aussage, ergänzt: "Wir sind froh, kaum offene Planstellen zu haben. Dementsprechend sind die medizinische Expertise, die Behandlungsqualität und die pflegerische Qualität unverändert und nachweislich hoch."
Im deutschlandweiten Vergleich zählt das Diakonissenkrankenhaus Dresden zu den 100 besten Krankenhäusern seiner Größe, wie einer Studie von Newsweek in Zusammenarbeit mit dem Statistikportal Statista deutlich machte. Spitzenwerte erreicht die Klinik beispielsweise bei der Patientenzufriedenheit.
Lohnkürzungen genauer im Blick
Bei den beklagten Lohnkürzungen handele es sich nicht um generelle Lohnkürzungen, sondern um den Teil einer Jahressonderzahlung im nicht-ärztlichen Bereich, relativiert Vorstandsmitglied Ralf Schönherr den Vorwurf. Diese würde einmalig nicht ausgezahlt. Es gehe dabei um einen Betrag in Höhe eines halben Monatslohns. Beim ärztlichen Personal werde der Lohn im Zeitraum von sechs Monaten anteilig gekürzt, sodass auch die Medizinerinnen und Mediziner insgesamt einen halben Monatslohn einbüßen. Das Tarifwerk gebe laut Schönherr die Streichung her, für den Fall, dass die Zahlen nicht gut aussehen.
Diakonissenkrankenhaus Dresden
- Das Diakonissenkrankenhaus versorgt pro Jahr über stationäre 10.000 Patienten.
- Es ist spezialisiert auf Krebsversorgung.
- Ca. 400 Menschen absovieren jährlich ihre Ausbildung in der Klinik.
Überlegungen zu Kooperationen als Lösung
Wegen der angespannten finanziellen Lage erwägt der Trägerverein des Diakonissenkrankenhauses Dresden Kooperationen mit anderen Kliniken. Verschiedene Pläne dafür gebe es, aber die seien noch nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sagt Krankenhausvorstand Schönherr MDR SACHSEN. Doch das eigentliche Problem der Krankenhausfinanzierung und Reformvorhaben müssten auf Bundesebene geklärt werden.
Angst vor künftiger Unterversorgung
In dem offenen Brief der Diako-Ärzteschaft heißt es "In unseren Augen ist ein funktionierendes Gesundheitssystem eines, in dem auch die Mitarbeiter*innen gesund bleiben können. Wir wissen nicht, wie das unter den aktuellen Bedingungen gewährleistet werden kann und sorgen uns um die zukünftige Gesundheitsversorgung unserer Patient*innen."
In unseren Augen ist ein funktionierendes Gesundheitssystem eines, in dem auch die Mitarbeiter*innen gesund bleiben können.
Mitverfasserin Marlene Hausmann betont, dass mit dem offenen Brief nicht zum Ausdruck kommen solle, dass die Patienten im Diakonissenkrankenhaus schlecht versorgt würden: "Die Sorge bezieht sich auf eine zukünftige Unterversorgung, sollten Krankenhäuser aufgrund der Unterfinanzierung des Gesundheitssystems schließen müssen." Auch der kaufmännische Vorstand Ralf Schönherr sagt: "Für die Patientenversorgung gibt es aktuell keinerlei Einschränkungen."
MDR (kav/nvm)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten aus dem Regionalstudio Dresden | 29. Mai 2024 | 09:30 Uhr