Radfahrer*innen fahren auf einer Straße an einem Display vorbei, das auflistet, wieviele Radfahrer*innen bereits vorbeigefahren sind.
Die zwei neuen Fahrradbarometer in Dresden sorgen für kontroverse Diskussionen. Hier werde Geld verschwendet, das anderswo fehlt, sagen viele. Bildrechte: MDR

Radverkehr Fahrradzählung: In Dresden ein Aufreger, in Leipzig nicht

27. April 2025, 12:34 Uhr

Zu Fuß gehen und Rad fahren wird nach einer neuen Untersuchung der TU Dresden immer beliebter, vor allem in Großstädten. Dresden und Leipzig folgen dem Trend und bauen die Infrastruktur für Radfahrerinnen und Radfahrer aus. Dazu gehören auch Zählstellen, die Daten für die weitere Verkehrsplanung bringen sollen. In Dresden wird nun über die Kosten der sogenannten Fahrradbarometer diskutiert.

Zwei neu Fahrradbarometer stehen in Dresden seit kurzem an der St. Petersburger Straße, in jeder Richtung jeweils eine. Auf einem Display wird die Anzahl der Radfahrerinnen und Radfahrer angezeigt, die an der Stelle pro Tag vorbeifahren, außerdem Datum, Uhrzeit und Temperatur.

Die beiden Fahrradbarometer kosten nach Angaben der Stadt insgesamt 90.000 Euro, wobei 65 Prozent der Bund übernimmt. An vier weiteren Stellen in der Stadt sind jeweils zwei solcher digitalen Zähler geplant. Andere Zählstellen für Radfahrer, allerdings nur mit Messbalken in den Radwegen, gibt es schon an vielen Stellen im Stadtgebiet.

ADFC: Wichtiger Baustein zur Förderung des Radverkehrs

Für den Fahrradlobby-Verein ADFC sind die digitalen Zähler kleine, aber wichtige Bausteine zur Förderung des Radverkehrs. "Fahrradbarometer sind kein Allheilmittel, aber ein sichtbares Zeichen für die Anerkennung des Radverkehrs im Stadtbild", betont ADFC-Vorstand Nils Larsen. Die Kosten für die Stadt seien im Vergleich zu anderen verkehrsbezogenen Maßnahmen gering. Aus Sicht des ADFC sei es besonders erfreulich, dass Dresden hier proaktiv Förderprogramme nutze, um den Eigenanteil zu verringern.

Fahrradbarometer sind kein Allheilmittel, aber ein sichtbares Zeichen für die Anerkennung des Radverkehrs im Stadtbild.

Nils Larsen Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Dresden e.V.

Kritik: Geld woanders sinnvoller ausgeben

Doch das sehen nicht alle so in der Dresdner Stadtgesellschaft. Die CDU und das Team Zastrow kritisieren die Zählsäulen als Geldverschwendung in Zeiten knapper Kassen. "Wir schalten in Dresden gerade die Brunnen nicht an, weil 400.000 Euro im Haushalt fehlen. Überall bleiben die Brunnen trocken. Da passt doch was nicht zusammen," sagte Stadtrat Holger Zastrow MDR SACHSEN.

Foto eines Chatverlaufs
Auf der Facebookseite der Stadt stellen viele Nutzer infrage, dass die Anschaffung der Fahrradbarometer sinnvoll ist. Bildrechte: MDR

Auch viele andere Dresdner empfinden das so und fluteteten die städtische Kommentarspalte bei Facebook, nach hunderten Kommentaren schloss die Stadt die Kommentarfunktion. Tenor der Kommentare: Das Geld wäre anderswo sinnvoller investiert. Erst recht, weil die Stadt bereits an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet Radfahrer zählt.

Hohe Förderung vom Bund für Fahrradzähler

Warum die Fahrradbarometer so teuer sind? Die Stadt verteidigt die Anschaffung der digitalen Zählstellen und verweist auf die hohe Förderung durch den Bund von 65 Prozent der Kosten. Das Geld sei zweckgebunden, kann also nicht für andere Projekte ausgegeben werden. Die Kosten würden sich zudem aus mehreren Faktoren wie bauliche Umsetzung und die Einrichtung neuer Zählstellen in der Straße zusammensetzen. "Die beiden Fahrradbarometer selbst machen etwa die Hälfte der Kosten von rund 90.000 Euro am Standort St. Peterburger Straße aus." Sprich: für die beiden digitalen Anzeigesäulen zahlt die Stadt insgesamt rund 16.000 Euro.

Die beiden Fahrradbarometer selbst machen etwa die Hälfte der Kosten von rund 90.000 Euro am Standort St. Peterburger Straße aus.

Stadt Dresden

Und: "Anders als die bisherigen Dauerzählstellen, die meist unter der Fahrbahn verborgen sind, machen diese neuen Barometer die Zahlen direkt am Ort erlebbar." Das schaffe Aufmerksamkeit und unterstreiche die Bedeutung des Radverkehrs als Teil einer modernen, nachhaltigen Mobilität in Dresden.

Der ADFC in Dresden begrüßt das und wünscht sich eine differenzierte Diskussion über das Projekt, so Vorstandsmitglied Nils Larsen: "Fahrradbarometer gegen trocken bleibende Brunnen oder gegen den Neubau der Carolabrücke aufzurechnen, ist weder sachlich noch zielführend."

Leipzig baut viele Zählstellen - ganz ohne öffentliche Diskussionen

In Leipzig gibt es zwei solcher Fahrradzählstellen mit Live-Anzeige schon seit gut zwei Jahren - ohne ähnliche Diskussionen wie in Dresden. Insgesamt erfasst die Messestadt in elf Straßen die Zahl der Radfahrerinnen Radfahrer über in den Boden eingelassenen Induktionsschleifen. Im vergangenen Jahr zählte die Stadt Leipzig damit mehr als 14 Millionen Radfahrer.

Fahrradfahrer fahren an einem Fahrradzähler vorbei. 1 min
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1 min

In Leipzig gibt es bereits elf Zählstellen, mit denen der Radverkehr erfasst wird. In diesem Jahr sollen laut Stadt noch acht und nächtes Jahr vier dazukommen.

MDR FERNSEHEN Do 24.04.2025 10:38Uhr 00:10 min

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Zwölf weitere Zählstellen sollen in diesem und nächstem Jahr folgen, allerdings ohne Live-Anzeige. Die Kosten liegen bei knapp 200.000 Euro, wobei laut Stadt auch hier der Bund 65 Prozent der Kosten übernimmt.

Leipzig schafft nur zwei Fahrradbarometer an

Ein Kostenvergleich mit Dresden sei laut Mobilitäts- und Tiefbauamt aber so gut wie unmöglich, teilte die Stadt auf Anfrage mit: "Die Zählstellen können sehr breit (etwa bei der Sachsenbrücke in Leipzig) oder schmal (schmaler Querschnitt) sein. Die Zuleitung zum nächsten Stromkasten kann kurz oder lang sein, oder bei fehlendem Stromanschluss können sogar Akkus erforderlich sein." Außerdem gebe es verschiedene Software- und Hardwarevarianten, die sich kostenmäßig unterscheiden würden.

Immerhin: Leipzig hat sich vor zwei Jahren aufgrund der hohen Kosten nur eine Zählstelle mit zwei digitalen Säulen angeschafft. Kosten damals: rund 50.000 Euro.

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MDR (kbe,kaf)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 24. April 2025 | 19:00 Uhr

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