
Digitales Lernen Wissen macht Oh: Schüler aus Plauen tauchen in virtuelle Welten ab
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29. März 2025, 17:00 Uhr
Zuerst hatten Nerds ihren Spaß beim Abtauchen in virtuelle Spielewelten. Doch virtuelle Realitäten werden mittlerweile vielfältig fürs Lernen und Ausbilden genutzt. Eine Ahnung davon, was mit VR-Brillen und pädagogischer Anleitung möglich ist, bekommt man im Schülerlabor der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Dort haben schon Tausende Schüler Lerntage außerhalb der Schule voller Aha-Effekte erlebt. Das wollte eine Gruppe Zehntklässler aus Plauen auch.
"Huch, das Gehirn ist runtergefallen", ruft Yannik Weidauer und bewegt den rechten Controller in der Luft. Sein Sitznachbar Konrad Hoffmann lacht. "Krass. Du solltest auf keinen Fall Arzt werden." Inzwischen hat Yannik das Teil vom Boden in seiner virtuellen Welt wieder aufgehoben und sucht das Kleinhirn im Schädel seiner Figur, die nur er via VR-Brille sieht.
Brillen auf für Lektionen ohne Lehrer
Auf jeden Fall Ärztin werden will dagegen Helena Bahrmann. Die 16-Jährige aus Plauen sitzt zwei Tische von den "Gehirnforschern" entfernt und erkundet virtuell die Verdauungsorgane einer Figur. Anatomie mit der VR-Brille findet sie "bis jetzt cool". Sie hofft, dass sie mit dem Eintauchen ins Virtuelle auch mehr Zusammenhänge erkennt, die mit einer App oder dem Lehrbuch nicht so deutlich zu sehen seien.
Ich gucke einfach, habe mir nichts vorher vorgestellt.
"Und? Wo ist jetzt der Zwölffingerdarm", fragt ihre Nachbarin Kimberly Kiel, die analog auf einem Merkblatt die Organe markieren soll, die Helena erkundet.
Lerntag außerhalb der Schule
Die Schülerinnen des Diesterweggymnasiums Plauen sind mit knapp 20 Lernwilligen zum Projekttag im Schülerlabor der Westsächsischen Hochschule Zwickau gekommen. Weil sie das naturwissenschaftliche Profil belegt haben, hat ihre Biologie- und Chemielehrerin Annett Scholz den Ausflug organisiert. "Es soll ein Lerntag außerhalb der Schule sein, bei dem sie hoffentlich viel mitnehmen", sagt die Lehrerin. Sie hofft, dass ihre Schüler mit dem Eintauchen ins Virtuelle auch mehr Zusammenhänge erkennen, die mit einer App oder dem Lehrbuch nicht so deutlich seien.
Neben dem Spaß will Informatikprofessor Sven Hellbach mit dem Pädagogen-Team im Schülerlabor vor allem zeigen, welche Lernmöglichkeiten VR-Welten bieten können. Junge Leute gehen nach seiner Erfahrung sehr offen damit um. Sein Anspruch: Sie über Chancen und Risiken informieren.
Skepsis und wenige Erfahrungen
Zur Einführung hatte der Professor in teils skeptische Gesichter geblickt. Einige der Schüler aus dem Vogtland haben schon mit VR-Brillen im Elektronikmarkt gespielt oder bei Museumsbesuchen genutzt. Kimberly Kiel ist eher skeptisch. Sie hatte im Museum so eine Brille ausprobiert. "Dann habe ich Kopfschmerzen bekommen." Das "richtige Museum" sei ihr dann doch lieber gewesen.
Der Skepsis begegnet Sven Hellbach mit Selbstironie. "Jetzt muss ich alter Mann ein wenig von früher erzählen", sagt er und hält sein Smartphone hoch. Als er so alt war wie die Zehntklässler vor ihm, hätte er nie geglaubt, dass schnurlose Telefone den Alltag der Menschen so beeinflussen, dass sie die Geräte immerzu griffbereit hätten.
Neue Welten, ohne Klassenzimmer zu verlassen
Er wirbt dafür, dass virtuelle Welten mehr zu bieten hätten, als Spaß für Gamer-Nerds. "Das Eintauchen ins Virtuelle lässt sich überall anwenden, wo es um Ausbildung und Schulungen geht." Hellbach verweist auf Flugsimulatoren, die für die Pilotenausbildung auch nichts anderes seien.
Man kann mit VR im Kunstunterricht den Louvre besuchen ohne das Klassenzimmer zu verlassen oder ägyptische Monumente ansehen. Jeder kann rein, auch wer sich das sonst nicht leisten kann.
Die 16-Jährigen lernen neben Anatomie für Biologie in einer Geschichtslektion das Versteck des jüdischen Mädchens Anne Frank kennen. Sie betreten den Verschlag virtuell und hören dazu Texte aus dem Tagebuch, das Anne Frank im Versteck geschrieben hatte vor ihrer Ermordung im KZ durch die Nationalsozialisten. In anderen Lernbereichen können sie wie Grafiker oder Künstler malen, in Rennsimulatoren fahren und Spiele ausprobieren.

Nachbereitung mit Debatte zu Für und Wider
Zum Konzept des Schülerlabors gehört auch, dass die Lehrerschaft Infos zur Nachbereitung erhält. "Im Unterricht sollen die Schüler diskutieren, ob VR gut ist oder nicht und was beachtet werden muss.", erklärt Hellbach. Und über die Suchtfaktoren für jüngere Schüler müsse auch geredet werden.
Die virtuelle Realität ist ein Hilfsmittel für den Lehrer, um Sachen zugänglich zu machen.
Schülerin Helena Bahrmann, die Medizin studieren will, hat die Anatomie-Erkundung am meisten Spaß gemacht. "Das war gut, man sieht viel mehr." Auch Kimberly Kiel findet es eine gute Lernmöglichkeit, "aber bisschen gewöhnungsbedürftig".
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. März 2025 | 19:00 Uhr