So sieht ein Stadl im Allgäu aus 4 min
So sieht der "Stadl" aus, eine Heu-Scheune in Bernbeuren im Allgäu. Genauso wird sie in Jahnsdorf wieder aufgebaut. Bildrechte: Peter Ziegs

Chemnitz: Kulturhauptstadt 2025 Kunstwanderweg bekommt Kulturscheune als neue Attraktion

14. Oktober 2024, 03:00 Uhr

Der Kunstwanderweg "Purple Path" rund um Chemnitz, der Kulturhauptstadt 2025, bekommt eine neue Attraktion: Einen Stadl – eine ehemalige Heuscheune aus dem Allgäu. Sie wird auf einer Streuobstwiese in Jahnsdorf im Erzgebirge aufgebaut und soll zum Kulturraum und Ort der Begegnung werden. Zur Eröffnung soll es eine Ausstellung der Fotografin Anastasia Khoroshilova geben. Im Rahmen von "Purple Path" gibt es in Jahnsdorf bereits eine Skulptur: die "soziale Bank" des Künstlers Jeppe Hein.

  • Die Landwirte Diana und Peter Ziegs engagieren sich für Jahnsdorf – jetzt mit einem neuen Ort der Begegnung auf ihrer Wiese.
  • Im Stadl, einer ausgedienten Heuscheune, gibt es 2025 eine Foto-Ausstellung über die Landwirte zu sehen.
  • Der neue Kulturort ist eine weitere Station auf dem Kunstwanderweg "Purple Path".

Landwirt Peter Ziegs streift gern über die grünen Hügel hinter seinem Haus. Sie rufen Erinnerungen wach. "Früher hatte meine Großmutter hier einen großen Obstgarten, bis in den 80er-Jahren ein Sturm die meisten Bäume umlegte", erzählt er. Nun hat er eine neue Streuobstwiese angelegt, rund 30 Bäumchen gepflanzt und sturmsicher an Holzpfähle gebunden. Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen wachsen hier. "Und mitten da rein soll die Scheune, soll der Stadl aufgebaut werden", freut sich Peter Ziegs.

Scheune am "Purple Path": Ein Dorfplatz für Gespräche und Begegnungen

Dass sie ihre Wiese zur Verfügung stellen, ist für die Ziegs Ehrensache. Seit Jahren engagieren sie sich für ihren Ort, stellen legendäre Hoffeste auf die Beine, haben den Verein "Jahnsdorf trifft sich" mitgegründet. Der hätte im Stadl endlich einen Treffpunkt, hofft Diana Ziegs. "Wir wollen die Scheune öffentlich zugänglich machen. Viel für die Jugend haben wir vor – Kunstausstellungen, Lesungen, Konzerte", sagt sie.

Den Stadl-Deal eingefädelt hat "Purple Path"-Kurator Alexander Ochs. Der wusste von einer Scheune im Allgäu, die niemand mehr braucht. Und er wusste von der Suche der Jahnsdorfer nach einem Ort für Begegnung. Als Kurator engagierte Ochs zudem die Fotografin Anastasia Khoroshilova. Sie hat den Stadl-Transfer mit der Kamera begleitet und einen Tag lang den Alltag der Familie Ziegs dokumentiert.

Die Landwirte Diana und Peter Ziegs stehen vor ihrer Streuobstwiese
Die Landwirte Diana und Peter Ziegs stehen vor ihrer Streuobstwiese: Hier soll der "Stadl" aufgebaut werden. Bildrechte: Jacqueline Hene

Für das Ehepaar war das gewöhnungsbedürftig: "Also Fotomodels, das war bisher nicht auf unserem Programm", sagt Ziegs. Sich so der Öffentlichkeit zu präsentieren, das sei nicht ihr Ding. Doch trotz aller Bedenken – die Verlockung, etwas Gutes für den Ort zu bewirken, war größer. Und letztlich sei es auch erstaunlich locker gelaufen, erzählen die Ziegs. Mitreden bei der Motivauswahl durften sie auch.

So entstand ein Foto, das Peter Ziegs besonders am Herzen liegt. Es zeigt ihn und seine Frau, wie sie den Tieren auf der Weide bei Sonnenaufgang frisches Futter bringen. Es wird eine von insgesamt 27 Aufnahmen sein, die 2025 im Stadl ausgestellt werden sollen.

Kunstwanderweg "Purple Path" 38 Kommunen und Gemeinden bilden gemeinsam mit Chemnitz die Kulturhauptstadtregion, die im Jahr 2025 Europäische Kulturhauptstadt sein wird. Bis zum Jahr 2025 entsteht dort der "Purple Path", ein großer Kunst- und Skulpturenweg. Er verbindet Chemnitz und die Partnerkommunen im Umland durch Skulpturen und Installationen, die auf die gemeinsame Vergangenheit verweisen.

Der Stadl aus dem Allgäu kommt ins Erzgebirge

Im vergangenen Herbst fuhren sechs Jahnsdorfer nach Bernbeuren im Allgäu, unter ihnen Peter Ziegs. Unter Anleitung eines Zimmermanns zerlegten sie den dortigen Heustadl in etwa 500 Einzelteile. Bretter und Balken wurden beschriftet und auf dem Bauerhof der Ziegs gestapelt. "Das wird großflächig ausgelegt werden müssen", erklärt Peter Ziegs, "wie ein großes Mikado, damit wir wissen, welcher Balken wohin gehört". Der Landwirt ist guter Dinge. Was einmal gestanden habe, bringe man wieder zum Stehen.

Noch liegt die alte Heu-Scheune in Einzelteilen gestapelt und wartet auf den Aufbau
Noch liegt der "Stadl", die alte Heu-Scheune in Einzelteilen gestapelt und wartet auf den Aufbau. Bildrechte: Peter Ziegs

Immerhin liegt die Baugenehmigung inzwischen vor – die war ein bürokratischer Kraftakt. Nun müssen noch die Fördermittel bewilligt werden, dann kann es losgehen. Spätestens im kommenden Frühjahr soll die Scheune stehen und gehört dann zum Kunstwanderweg "Purple Path" der Kulturhauptstadt 2025. Zur Einweihung werden die Fotos von Anastasia Koroshilova im Stadl hängen, die Peter und Diana Ziegs bei der Arbeit zeigen: Vom Landwirt zum Fotomodel. Vom Heustadl zum Kulturtreff. Jahnsdorf hat schon jetzt gewonnen.

Redaktionelle Bearbeitung: jb, sg

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 10. Oktober 2024 | 06:15 Uhr

Mehr aus der Region Chemnitz

Mehr aus Sachsen