Ölgemälde von Paul Glaw zeigt ein Porträt einer weinenden Person in knalligen Farben. 4 min
Die Ausstellungsreihe "Win/Win" der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen findet erstmals in Chemnitz statt. Was die Schau in diesem Jahr zu bieten hat, erfahren Sie im Audio. Bildrechte: Kunstankauf der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
4 min

Im Chemnitzer Museum Gunzenhauser werden erstmals die Kunstwerke präsentiert, die der Freistaat Sachsen jährlich ankauft. Ulrike Thielmann hat sich die Ausstellung angesehen.

MDR KULTUR - Das Radio Sa 15.06.2024 10:50Uhr 04:24 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/chemnitz-stollberg/audio-chemnitz-ausstellung-win-win-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Museum Gunzenhauser Chemnitz Ausstellung "Win/Win": Sachsen bekennt sich zur zeitgenössischen Kunst

16. Juni 2024, 04:00 Uhr

Die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen investiert immer wieder in junge Kunst und kann somit als Glücksfall für den künstlerischen Nachwuchs im Land bezeichnet werden. Dieses Jahr erfuhren 32 Künstler und Künstlerinnen monetäre und gesellschaftliche Anerkennung durch den Freistaat, der ihre Werke für fast 170.000 Euro erworben hat. Nun werden sie erstmals im Museum Gunzenhauser in Chemnitz präsentiert, nachdem über zehn Jahre die Halle 14 in Leipzig der Ausstellungsort war.

Die Sachsenfahne ist gesetzt im großen Saal des Museum Gunzenhauser: Unübersehbar hat der Chemnitzer Künstler Jan Kummer mit ihr sein Modell eines Bungalows im DDR-Geschmack der 1960er-Jahre beflaggt, mit Glasbausteinen und Kunstschmiedearbeiten.

Von Jan Kummer, bekannt für seine großformatige Hinterglasmalerei, hat die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen nun die Laubsägearbeit angekauft, in der der Künstler seine DDR-Vergangenheit verhandelt.

 Skulptur von Jan Kummer in Form eines Hauses, an der ein weiß-grüne Fahne weht
Jan Kummer war schon zu DDR-Zeiten als Künstler in Chemnitz tätig. Sein "Haus Brundhilde" (2023) wurde nun vom Freistaat Sachsen erworben. Bildrechte: Kunstankauf der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Junge sächsische Kunst voller Absurditäten

In der Ausstellung des Jahrgangs 2024 macht sich eine Präferenz der fünfköpfigen Jury für Absurditäten bemerkbar. So zelebriert an anderer Stelle der in Halle an der Burg studierte Paul Glaw malerisch und plastisch Retroschick der 1980er-Jahre, jene nicht totzukriegenden Spitzenrüschen, die gar Eingang in die Glasgestaltung fanden, wie Schrankwände aus dieser Zeit bezeugen.

Glaskunst in blau orangenen Farben auf einem Spiegeltisch, Werke von Paul Glaw.
In Chemnitz zu sehen Glasobjekte von Paul Glaw, der an der Kunsthochschule Burg in Halle studiert hat. Bildrechte: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Anja Richter, Direktorin des Museums Gunzenhauser und Mitglied der diesjährigen Jury erklärt, dass das Humorige in Glaws Arbeiten einstimmigen Anklang gefunden habe. Zudem betont sie, wie sehr sie sich freue, dass die Ausstellung "Win/Win" nun insgesamt drei Jahre lang in Chemnitz gezeigt wird, während Manuel Frey, Leiter der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, im Gespräch deutlich macht, wie sehr der Fördergedanke bei den Kunstankäufen im Vordergrund stehe:

Wir geben Künstlerinnen und Künstlern, die im Freistaat Sachsen leben und arbeiten Aufmerksamkeit. Wir zeigen ihre Werke und zollen ihnen Anerkennung.

Manuel Frey, Leiter der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Ausstellung erstmals im Museum Gunzenhauser in Chemnitz

Rund 170.000 Euro durfte die Kulturstiftung 2024 wieder in die Hand nehmen, um von 32 Künstlern und Künstlerinnen Werke anzukaufen. Nachdem von 2011 bis 2023 die Leipziger Halle 14 Ausstellungsort war, samt des ebenda versammelten Idealismus' um ihren Leiter Michael Arzt, ist "Win/Win" nun mit dem Gunzenhauser in ein Museum gewechselt.

Bunter Wandteppich der Künstlerin Stefhany Yepes Lozano aus der Reihe "Relieve of Discomfort".
Die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen hat auch Wandteppiche der Leipziger Künstlerin Stefhany Yepes Lozano angekauft. Bildrechte: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

So setzt der große Saal vor allem auf Plastik, Gemälde und auch Wandteppiche, und man hat das Gefühl, er könnte noch mehr davon vertragen. So zeigt die Leipziger Künstlerin Stefhany Yepes Lozano geometrisierende Volkskunst-Anklänge in ihren Wandbehängen.

Gar figürliche Malerei mit ikonografischen Bezügen aus Dresden ist zu erleben: Ruben Müller, Jahrgang 1990, überführt eine Dreieinigkeitsszene in die Jetztzeit. Blau und Rot geben Reminiszenzen zur Kunstgeschichte. Welchen Teil der Bibel hat der Maler wohl mit jener roten Luftmatratze neu belebt?

Gemälde "Am Strand" von Ruben Müller zeigt drei Menschen in Badekleidung mit einer roten Luftmatratze vor blauem Hintergrund.
Das Gemälde "Am Strand" (2021) des Dresdner Künstlers Ruben Müller ist Teil der Ausstellung im Chemnitzer Museum Gunzenhauser. Bildrechte: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Künstlerische Bandbreite – von Zeichnung bis Videokunst

Neben Plastiken, Installationen, auditiven Arbeiten sowie Videokunst unter anderem von dem in Zwenkau lebenden Eric Swars überzeugen auf dem Gebiet der Druckgrafik Blätter des Leipzigers Tobias Gellscheid, dem es nahezu fotografisch gelungen ist, mit der aufwändigen Technik des Holzstichs Bewegung einzufangen.

Holzstich von Tobias Gellscheid zeigt lachendes weibliches Kinopublikum.
Der in Zwenkau lebende Künstler Tobias Gellscheid ist für seine Holzstiche bekannt. Bildrechte: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Originell auch die abstrakten zeichnerischen Bewegungsprofile von Spaziergängern, die die Dresdner Künstlerin Hanne Lange geschaffen hat, erklärt Anja Richter. Es handele sich um eine "sehr schöne reduzierte Arbeit", bei der man sich überlegen könne, welche Wege eingeschlagen wurden: "Von einem einfach Weg geradeaus bis hin zu einer Runde oder ganz wilden verschlungenen Wegen. Das alles kann man sich beim Betrachten überlegen, obwohl die Blätter eigentlich nur einfache Linien zeigen."

Zeichnung einer grafischen Linie auf Pappe von Hanne Lange
Die Dresdner Künstlerin Hanne Lange beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit der Wahrnehmung der Realität. Bildrechte: Kunstankauf der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

Unterhaltsame Ausstellung für jeden Geschmack

Fast jedes Kunstgenre ist in der, wie immer, unterhaltsamen Ausstellung anzutreffen, die die Kunstankäufe des Freistaates Sachsen 2024 zeigt. Jahr für Jahr bemüht sich die jeweilige Jury um eine große Ausgewogenheit in jeder nur denkbaren Dimension. An manchen Stellen der Schau wünschte man sich fast weniger davon zugunsten von mehr Mut für herausragende Positionen. Ob das jedoch geht, ohne die schöne Idee des Förderankaufs zu unterlaufen, sei dahingestellt.

Weitere Informationen

"WIN/WIN. Die Ankäufe der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen 2024"
Sonderausstellung vom 16. Juni bis 4. August 2024

Museum Gunzenhauser
Falkeplatz, 09112 Chemnitz

Öffnungszeiten:
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag, Feiertag, 11 bis 18 Uhr
Mittwoch, 14 bis 21 Uhr

Eintritt:
8 Euro, ermäßigt 5 Euro
Am ersten Freitag im Monat ist der Eintritt frei

Redaktionelle Bearbeitung: vp

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 15. Juni 2024 | 12:40 Uhr

Mehr aus Chemnitz und Stollberg

Kultur

Ein quatdrratisches, großformatiges Gemälde zeigt eine Gruppe von Menschen in Arbeitskleidung, die Helme mit Lampen tragen. Das Werk stammt von Werner Petzold aus dem Jahr 1970 und trägt den Titel "Brigade Rose".
Am Gemälde «Brigade Rose» (1970) von Werner Petzold läuft am 07.02.2014 in Gera (Thüringen) ein Mann vorbei. Bildrechte: picture alliance / dpa | Martin Schutt

Mehr aus Sachsen

See in Mitteldeutschland 89 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK