Zwei Frauen in einer Ausstellung 3 min
Die Ausstellung "Unwritten“ mit Arbeiten von Gabriele Münter, Paula Modersohn-Becker sowie zeitgenössischen Künstlerinnen wie Josefine Schulz und Theresa Tuffner ist bis zum 16. März 2025 im Museum Gunzenhauser zu sehen. Hören Sie im Audiobeitrag Eva Gaeding mit ihren Eindrücken. Bildrechte: MDR/Eva Gaeding

Museum Gunzenhauser Ausstellung "Unwritten": Vom schrecklich-schönen Erwachsenwerden

14. Dezember 2024, 13:51 Uhr

Die Ausstellung "Unwritten“ im Chemnitzer Museum Gunzenhauser widmet sich der besonderen Phase des Erwachsenwerdens, die teils aufregend, teils verunsichernd und insgesamt doch schrecklich-schön ist. Arbeiten von Gabriele Münter und Paula Modersohn-Becker werden dabei Perspektiven aktueller junger Künstlerinnen gegenübergestellt.

Beim Betreten der Sonderausstellung im sachlich-eleganten Museum Gunzenhauser tritt man mitten in eine eigentümliche Versammlung: Buschige, überlebensgroße Wesen stehen oder liegen herum. Niedlich auf den ersten Blick. Doch aus dem mal knallbunten, mal tiefschwarzen Kunstfell ragen bei genauerer Betrachtung Münder und Augen, Zungen oder Stummelschwänze hervor – und der spontane Impuls loszukuscheln verflüchtigt sich.

Das Unbehagen, das die Objekte von Theresa Rothe auslösen, passt gut zum Thema der Ausstellung "Unwritten", widmet sie sich doch dem Erwachsenwerden und den damit verbundenen ambivalenten Gefühlen.

Eine Frau unter einer großen Plüschfigur mit langen Beinen.
Kuratorin Sandy Becker mit einer der Figuren von Theresa Rothe, die die Flauschigkeit eines kindhaften Plüschtiers mit der Bedrohlichkeit der Erwachsenenwelt verbindet. Bildrechte: MDR/Eva Gaeding

"Es geht um Liebe, es geht um Freundschaft, es geht um Stärke, Träume, geht auch um Traurigkeit – und ich glaube, die Themen verbinden uns alle", sagt Sandy Becker. Die Kunstwissenschaftlerin hat die Ausstellung konzipiert. Den Impuls gaben bislang selten gezeigte Zeichnungen und Druckgrafiken der Künstlerinnen Gabriele Münter (1877-1962) und Paula Modersohn-Becker (1876-1907) aus dem Sammlungsbestand.

Es geht um Liebe, es geht um Freundschaft, es geht um Stärke, Träume, geht auch um Traurigkeit – und ich glaube, die Themen verbinden uns alle.

Sandy Becker, Kuratorin der Ausstellung

Beginn ihrer künstlerischen Karriere

Um die 30 Jahre alt waren Modersohn-Becker und Münter, als sie die zarten Zeichnungen und Holzschnitte schufen, die nun in der Schau zu sehen sind.

Eine gezeichnete Ziege, dahinter eine Scheune mit einem Menschen davor.
Das Bild "Ziege auf der Weide" hat die 1876 in Dresden-Friedrichstadt geborene Paula Modersohn-Becker um 1903 gezeichnet. 1907 starb sie im Alter von 31 Jahren. Bildrechte: Foto: Archiv Museum Gunzenhauser, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

"Sie waren für diese Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, schon sehr starke Künstlerinnen, die ihren eigenen Weg gegangen sind", erzählt Becker. Damals konnte man sich als Frau nicht so einfach für ein Kunststudium einschreiben. "Deshalb dachte ich, es wäre total spannend, das mit zeitgenössischen Künstlerinnen zu kombinieren, die jetzt in diesem Alter sind wie damals Gabriele Münter und Paula Modersohn-Becker."

Sie waren für diese Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, schon sehr starke Künstlerinnen, die ihren eigenen Weg gegangen sind.

Sandy Becker über Gabriele Münter und Paula Modersohn-Becker

Zeichnung von Spielzeug mit zwei Puppen, einem Esel und einer Kaffeemühle.
"Tünnes und Gesellschaft (Spielzeug Nr. 2)" von Gabriele Münter ist 1908 als Farblinolschnitt auf Japanpapier entstanden. Bildrechte: Foto: Archiv Museum Gunzenhauser, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Zwischen Kindheit und Erwachsensein

Alle jungen Künstlerinnen, die sich die Ausstellungsräume mit den beiden Ahninnen teilen, stammen aus Sachsen. Neben den schaurig-schönen Fellobjekten von Theresa Rothe leuchten die Gemälde von Josefine Schulz in knalligen Farben. Beide Künstlerinnen schlossen erst kürzlich ihr Studium an der Hochschule der Bildenden Künste in Dresden ab.

Ein Bild von vier Frauen an einem runden Tisch, darüber hängt eine runde Lampe.
Das 150 x 180 cm große Ölgemälde "Stammtisch" hat Josefine Schulz 2024 gemalt. Bildrechte: Foto: Alex Gehrke

Schulz malt Freunde beim gemeinsamen Abhängen auf dem Sofa, am Strand oder auf dem Rücksitz eines Wagens. Es sind Momentaufnahmen einer fragilen Zeit zwischen Kindheit und Erwachsensein, in der man sich zum ersten Mal von der Familie löst.

Vernis Mou, Aquatinta und Monotypie

Familie spielt auch in der Kunst von Donna Volta Newmen eine entscheidende Rolle. Die gebürtige Chemnitzerin stellt großformatige Radierungen aus. Sie hat die Kunst des Tiefdrucks bei ihrem Vater erlernt, ebenfalls ein Künstler.

"Viele junge Menschen erkennen gar keine Radierung mehr, wenn sie die sehen." konstatiert die junge Frau, die in Berlin eine eigene Werkstatt aufgebaut hat. "Oder sie verstehen nicht ganz, wie das gemacht ist. Und dadurch bekommt das auch so was Mystisches."

Das gezeichnete Bild eines Frauenkopfes mit nachdenklich-traurigem Blick.
Donna Volta Newmens "Madder Root im Wind" ist in der Technik Kaltnadel und Monotypie entstanden. Bildrechte: Foto: Donna Volta Newmen

Mittlerweile hat sie sich freigeschwommen und experimentiert mit unterschiedlichen Verfahrensweisen. Für ihre Arbeit "Wache" hat Volta Newmen Techniken mit klingenden Namen, wie Vernis Mou, Aquatinta und Monotypie kombiniert.

Eine besondere Lebensphase

Die Ausstellung "Unwritten" bietet ein breites Spektrum an künstlerischen Genres. Die Gemälde, Objekte, Zeichnungen und Drucke, sowie eine Installation zeigen ganz persönliche Blicke auf die aufregende, verunsichernde, schrecklich-schöne Zeit des Erwachsenwerdens. In der – darauf verweist auch der namensgebende Song "Unwritten" von Natasha Bedingfield – der Roman des eigenen Lebens noch weitestgehend ungeschrieben ist.

Die Ausstellung

Unwritten
Vom Erwachsenwerden

Sonderausstellung mit Arbeiten von Gabriele Münter, Paula  Modersohn-Becker, Josefine Schulz, Theresa Tuffner, Donna Volta Newmen, Theresa Rothe und Johanna Seidel.

15. Dezember 2024 bis 16. März 2025

Museum Gunzenhauser
Falkeplatz, 09112 Chemnitz

Öffnungszeiten:
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag, Feiertags: 11 bis 18 Uhr
Mittwoch: 14 bis 21 Uhr
24. & 31. Dezember geschlossen

Quelle: MDR KULTUR (Eva Gaeding)
Redaktionelle Bearbeitung: op

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 14. Dezember 2024 | 08:45 Uhr

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