Bekenntnis zu Vielfalt Rund 350 Teilnehmende beim ersten CSD in Bautzen

09. Juli 2023, 16:31 Uhr

In Bautzen hat die queere Szene zum ersten Mal in der Stadtgeschichte zu einem CSD-Umzug eingeladen und für Vielfalt demonstriert. Rund 350 Teilnehmende zählten die Veranstalter. Von Pöbeleien und Eierwürfen aus der rechtsextremen Szene haben sich die Menschen nicht einschüchtern lassen. Schließlich gab es auch Unterstützung von Passanten für die Stärkung der Rechte von Minderheiten.

Erstmals sind in Bautzen am Sonnabend queere Menschen und Unterstützer des Christopher Street Day (CSD) in einem bunten Umzug durch die Stadt gezogen. Nach Angaben von Mitorganisator Jonas Löschau haben sich rund 350 Menschen daran beteiligt. Unterstützung von der Stadt gab es durch ein schriftliches Grußwort von Oberbürgermeister Karsten Vogt (CDU), der aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen habe können. "Das Grußwort hat uns aber sehr gefreut", sagt Löschau.

Der Grünen-Politiker gilt als Verfechter eines queeren Netzwerkes in der Oberlausitz. Noch mehr gefreut hätte er sich, wenn beispielsweise vor dem Rathaus eine Regenbogenfahne gehisst worden wäre. In anderen Städten ist das zu CSD-Umzügen längst üblich.

Pöbeleien und Eierwürfe auf CSD aus rechtsextremen Lager

Der Umzug, der auch eine politische Demonstration für Vielfalt und die Rechte von Minderheiten war, verlief nach Löschaus Angaben friedlich und ohne ernstzunehmende Zwischenfälle. Mit Störungen aus dem rechtsextremen Millieu habe man aber in Bautzen gerechnet und sei vorbereitet gewesen. Tatsächlich gab es Einschüchterungsversuche, Pöbeleien und Beleidigungen durch Rechtsextreme, wie auch eine MDR-Reporterin vor Ort berichtete. Löschau bestätigt, dass die Polizei und Ordnungspersonal der CSD-Veranstalter Rangeleien oder Zusammenstöße während des Umzugs und auch danach verhindern konnten. "Wir hatten uns gut vorbereitet und erfahrene Leute vor Ort", so Löschau. Auch die Polizei sei angemessen aufgestellt gewesen.

Eier, die an einer Stelle auf die Teilnehmenden des CSD-Umzugs geworfen wurden, hätten ihre Ziele verfehlt und seien auf Autodächern gelandet. Auch bei der An- und Abreise sei niemand zu Schaden gekommen. Man habe von Veranstalterseite die Gruppen von und zum Bahnhof begleitet, hieß es. "Dass das in Bautzen nötig ist, ist bitter. Aber es ist eben so", resümiert Löschau. Umso mehr freut sich der Organisator, dass die CSD-Teilnehmenden - beispielsweise rund um den Hauptmarkt - Zuspruch und Applaus von Passanten bekommen hätten.

Polizei nimmt eine Anzeige auf

Die Polizei zog ebenfalls eine positive Bilanz. 45 Beamtinnen und Beamte seien im Einsatz gewesen. Zwischenfälle habe es nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher MDR SACHSEN. Die Polizei gibt die Teilnehmerzahl mit 320 an. Es sei eine Anzeige wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung aufgenommen worden - im Zusammenhang mit den Eierwürfen am Lauengraben. Auch die Polizei bestätigte, dass die Eier niemanden getroffen hätten.

Queere Menschen zeigen in immer mehr Kleinstädten Gesicht

Mut gemacht, den CSD nach Bautzen zu bringen, hätten die CSD-Umzüge in anderen kleinerer Städte in Sachsen, wie Löschau auf Nachfrage sagt. Er nennt Görlitz, Zittau, Pirna, Stollberg, Zwickau und Annaberg-Buchholz als Beispiele. Man wolle nun die Bautzner Premiere auswerten und entscheiden, ob es 2024 eine Neuauflage gibt. Löschau geht davon aus, dass das klappt und eine jährliche CSD-Veranstaltung in Bautzen etabliert werden könne.

Immer wieder Attacken im Umfeld von CSD-Veranstaltungen

Attacken auf CSD-Veranstaltende und -Teilnehmende passieren immer wieder. So haben Unbekannte erst in der Nacht zu Freitag vor dem Rathaus Pirna eine gehisste Regenbogenfahne sowie eine Transgenderfahne abgerissen und gestohlen, wie die Polizei mitteilte. Zudem wurden Fensterscheiben des Büros des CSD Pirna e.V. offenbar bespuckt. Der Staatsschutz der Dresdner Polizei ermittelt nach den Vorfällen im Vorfeld. Der CSD in Pirna fand ebenfalls an diesem Sonnabend statt. Auf Anfrage wollten sich der veranstaltende Verein am Sonntag nicht zum Verlauf des CSD in Pirna äußern. Die einzige befugte Person sei nicht erreichbar, hieß es auf telefonische Anfrage. Aus dem Lagezentrum der Polizei Dresden hieß es, es habe am Sonnabend "keine Besonderheiten" gegeben.

Vor einem Jahr waren zwei Teilnehmende des CSD in Dresden geschlagen und verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich am Terrassenufer mitten in der Stadt.

Die Wurzeln des CSD in New York Der Christoper Street Day erinnert an den ersten bekannt gewordenen Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegen die Polizeiwillkür in der Christopher Street in New York am 28. Juni 1969. Damals widersetzten sich Barbesucher bei einer Räumung eines Lokals der Gewalt von Polizisten, es folgte tagelange Unruhen.

MDR (lam/daw)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 10. Juli 2023 | 05:30 Uhr

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