Tag gegen Queerfeindlichkeit Queerfeindlichkeit: "Stimmung in Magdeburg wird aggressiver"

17. Mai 2023, 12:40 Uhr

Queere Menschen erleben häufig Anfeindungen und verbale und körperliche Angriffe. Auch in Magdeburg kommt es immer wieder zu Vorfällen. "Die Lage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert", erzählt ein Organisator des CSD Magdeburg. Zum internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) spricht er über seine Erfahrungen – und wünscht sich mehr Unterstützung von der Politik.

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"Wenn man in der Stadt unterwegs ist, wird man regelmäßig verbal attackiert", erzählt Gabriel Rücker. "Schwuchtel, Beleidigungen, dass Leute sich über einen lustig machen, die Zerstörung von queeren Symbolen", all das sei wieder Alltag geworden. Auch die körperlichen Angriffe hätten zugenommen. Geschminkt gehe er oft nicht mehr durch Magdeburg. Aus Vorsicht. Oder wenn, dann eher aus Trotz, weil er sich keine Angst machen lassen wolle, erzählt der 29-Jährige.

Was bedeutet queer? "Queer" ist ein Sammelbegriff für Personen, deren geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung nicht der zweigeschlechtlichen, cis-geschlechtlichen und/oder heterosexuellen Norm entspricht.

Rücker – Mitglied bei den Linken – ist Student in Magdeburg, wo er die Gruppe "OVGU Pride" gegründet hat, die queere Menschen unterstützen soll. Außerdem engagiert er sich seit Jahren für den CSD Magdeburg und hat viele Einblicke in die queere Szene. Die Stimmung in der Stadt sei schon einmal offener gewesen, berichtet er. "Vor allem in den letzten Jahren hat man verschärft gemerkt, dass die Angriffe auf die Queer-Community wieder gestiegen sind."

Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) bestätigte, dass es laut polizeilicher Statistik einen Anstieg der Straftaten wegen sexueller Orientierung gegeben habe. Jeder dieser Fälle sei einer zu viel.

Zunahme an Angriffen politisch verstärkt

Für diese Entwicklung macht Rücker zum einen das Erstarken "einer rechten Partei" mitverantwortlich. Diese falle immer wieder mit queerfeindlichen Äußerungen auf und verschiebe die Grenze des Sagbaren und Machbaren systematisch. Der Kulturkampf von rechts führe zu einer aggressiveren Stimmung.

Als Beispiele nennt Rücker unter anderem Übergriffe beim CSD in Schönebeck, bei dem mehrere Menschen auf der Abschlussparty attackiert worden seien, die Schändung des Grabes der trans Frau Ella, sowie das mehrfache Verbrennen von Regenbogenflaggen am Campustower und auf dem Gelände der Universität Magdeburg. "Man muss einfach bloß auf die Kommentare unter Artikeln und in Facebook gucken", meint Rücker. Diese Entwicklungen seien äußerst beunruhigend.

Mehr Unterstützung aus Politik und Gesellschaft nötig

Um dem negativen Trend entgegenzuwirken wünscht Rücker sich mehr Unterstützung und politisches Durchgreifen gegen queerfeindliche Hetze. Auch in den sozialen Netzwerken, beim Fußball oder auf den Seiten der Stadt müsse viel konsequenter durchgegriffen werden. Es brauche klare Signale und auch Gesetze, die sich vor die queere Community stellten und Schutzräume ermöglichten. Auch aus der Gesellschaft brauche es das klare Signal: "Wir wollen diesen Hass nicht. Wir handeln und wir schützen unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger."

Außerdem müssten ehrenamtliche Programme für queere Menschen besser finanziell unterstützt werden. Es gebe zwar eine Reihe von Angeboten wie etwa den CSD Magdeburg, Hochschulgruppen, Jugendtreffs von Lamdba, die AIDS-Hilfe, Courage und mehr. Diese seien aber ziemlich klein und bräuchten dringend Mittel, um effektiver arbeiten und aufklären zu können. Dazu gehörten etwa auch die Sensibilisierung der Polizei und Aufklärungsarbeit und Beratungsangebote.

Menschen, die queerfeindlichen Angriffen ausgesetzt sind oder waren, rät Rücker, sich an Beratungsstellen zu wenden und die Übergriffe bei der Polizei zur Anzeige zu bringen.

Engagement für queere Menschen

Trotz der zum Teil angespannten Lage will Gabriel Rücker sich weiter engagieren und den CSD wieder mitorganisieren. Sein Ziel ist es, zu einer vielfältigeren, diverseren und offeneren Stadt beizutragen. Momentan sei der "internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT)" leider noch dringend nötig. Vielleicht irgendwann nicht mehr.

Den immernoch häufig verwendeten Begriff "Homophobie" findet er übrigens veraltet. Eine Phobie bezeichne eine Angst. Aber die Menschen hätten keine Angst vor queeren Menschen. Sie trügen Hass und Ablehnung offen aus. Das habe nichts mit Angst zu tun, sondern sei schlicht inakzeptabel.

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MDR (Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Mai 2023 | 15:30 Uhr

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