Ein Turm vor blauem Himmel.
Der Wachturm in der Altmark an der ehemaligen innerdeutschen Grenze verfällt. Bildrechte: Stephan Woltmann

Steht leer und verfällt Ungewöhnliche Immobilie: Was anfangen mit einem DDR-Grenzturm in der Altmark?

02. September 2023, 15:14 Uhr

Stephan Woltmann in Groß Chüden bei Salzwedel ist im Besitz einer ganz besonderen Immobilie. Seiner Familie gehört ein ehemaliger Grenzturm im Grünen Band. Doch was anfangen mit solch einem Bauwerk? Sämtliche Pläne sind bislang durch Vandalen zerstört worden.

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Das Land im ehemaligen Todesstreifen, im jetzigen Grünen Band, gehört Stephan Woltmanns Familie schon sehr lange. Zu DDR-Zeiten durften seine Großeltern die Felder beackern, immer bewacht von den NVA-Grenzposten oben auf dem Turm. Nach der Wende bekam die Familie das Land wieder – inklusive Grenzturm.

Umweltschützer nutzten ihn – mit Einwilligung der Eigentümer – über mehrere Jahre als Beobachtungsstation; immerhin konnten sich Flora und Fauna im innerdeutschen Grenzstreifen gesund entwickeln. Die Vielfalt der Arten ist einzigartig und steht unter strengem europäischen Schutz.

Turm für als Übungsobjekt

Nach den Naturschützern kam die Bundeswehr. Sie nutzte den Turm als Übungsobjekt für ihre Tiefflüge, ließ Piloten sich auf das Turmdach abseilen. Es habe zahlreiche Beschwerden und Widersprüche seitens Familie Woltmann gebraucht, bis das Militär seine Aktivitäten einstellte, erzählen die Woltmanns heute – im Gegensatz zu den Tiefflügen über dem geschützten Grünen Band.

Seitdem ist der Turm ungenutzt. Stephan Woltmann empfing noch zwei Schulklassen, die deutsch-deutsche Geschichte zum Anfassen erleben wollten. Danach kamen nur noch – Vandalen. Sämtliche Fenster sind mittlerweile kaputt, im Innern sind Graffitis erkennbar und Zerstörung. Die dicke Stahltür, die Stephan Woltmann eingebaut hat, ist im unteren Bereich mit Gewalt verbogen worden. Ein gefahrloses Betreten des Turms ist nicht mehr möglich.

Turm macht traurig

Der derzeitige Zustand seiner ungewöhnlichen Immobilie macht den Groß Chüdener, der in seinem Dorf auch Feuerwehr-Chef ist, ratlos und traurig. Zwar hat er, geboren 1982 knapp außerhalb des Todesstreifens, nicht mehr allzu viele emotionale Beziehungen zu der Zeit, als die Deutschen durch die Grenze zwischen BRD und DDR getrennt waren. Aber er hat von seinen Großeltern viele Geschichten aus der damaligen Zeit gehört.

Am liebsten wäre es dem 41-Jährigen, den Turm wiederherzurichten. So viele Grenztürme sind nicht mehr erhalten und Stephan Woltmann ist es wichtig, auf diesen Teil der deutschen Geschichte hinzuweisen. Doch wie soll er das bewerkstelligen? Jede noch so kleine Reparatur, selbst Hinweisschilder und Zettel, würden zerstört, klagt er.

Immobilie mitten im Nichts

Dabei liegt sein Grenzturm – im Gegensatz zum Beispiel zu dem in Hoyersburg oder Dahrendorf – mitten im Nichts. Niemand, der von seiner Existenz nicht zufällig gehört hat, kennt den Standort. Bis auf die Vandalen offensichtlich. Groß Chüdens Bürgermeister Detlef Korneck sagte MDR SACHSEN-ANHALT, selbst manch ein Einwohner der Gemeinde wisse nichts von der Existenz des Grenzturms. Groß Chüden lag zu DDR-Zeiten knapp außerhalb des Todesstreifens. Die Vorgänge innerhalb entzogen sich der Kenntnis und des Interesses der Einwohner.

So bleibt die Zukunft des Grenzturms bei Groß Chüden im Dunkeln. Stephan Woltmann hofft, dass zumindest die Vandalen irgendwann die Lust an der Zerstörung verlieren. Was dann mit dem Turm geschieht, ist auch ihm völlig unklar.

MDR (Katharina Häckl, Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 01. September 2023 | 16:30 Uhr

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