Besonderer Schutz Nur vereinzelte Feuerwerksverbote zu Silvester in Sachsen-Anhalt
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28. Dezember 2024, 11:10 Uhr
Am Samstag startet der Verkauf von Raketen und Knallern in Sachsen-Anhalt. Ein Böllerverbot, wie es beispielsweise die Deutsche Umwelthilfe und der Deutsche Tierschutzbund fordern, ist im Land kein Thema. Allerdings gibt es in einigen Städten und im Harz Zonen, in denen Pyrotechnik abzubrennen, verboten ist. Grund ist ein Bundesgesetz.
- In einzelnen Kommunen in Sachsen-Anhalt gilt aufgrund der historischen Bebauung in den Altstadt-Gebieten ein Böllerverbot.
- In Magdeburg bittet die Oberbürgermeisterin aus Rücksicht auf die Opfer des Anschlags darum, auf Feuerwerk zu verzichten.
- Mehrere Organisationen, darunter der Tierschutzverband, fordern seit Jahren ein generelles Verbot.
In Sachsen-Anhalt dürfen auch in diesem Jahr in der Silvesternacht an den meisten Orten Feuerwerkskörper gezündet werden. Nur in der Nähe von Krankenhäusern, Kirchen, Kinder- und Altersheimen sowie Fachwerkhäusern gilt wie in den Vorjahren ein Böllerverbot. So regelt es die Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz.
Und auch abseits der Städte darf nicht überall geknallt werden: Deshalb hat der Nationalpark Harz auf das ganzjährige Feuerwerksverbot hingewiesen. Sowohl zu knallen, als auch die Licht- und Blendwirkung seien für Tiere eine ernst zu nehmende Gefahr, teilte der Nationalpark mit. Das Feuerwerksverbot gelte nicht nur auf dem Brocken, sondern auf allen Flächen des Schutzgebiets.
Quedlinburg und Salzwedel: Böllern im Stadtkern tabu
In der Innenstadt von Quedlinburg ist Feuerwerkskörper abzubrennen, verboten. Damit sollen die historischen Fachwerkhäuser geschützt werden. Denn in der Nähe von brandempfindlicher Bausubstanz wie Fachwerkhäusern gilt ein gesetzliches Verbot des Bundes, so die Stadt. Die Altstadt von Quedlinburg steht seit 1994 auf der Liste des Weltkulturerbes. Auch im Altstadt-Bereich der Hansestadt Salzwedel dürfen nach Angaben der Stadt in der Silvesternacht keine Feuerwerkskörper abgebrannt werden. Auch dort ist die historische Bebauung der Grund für die Entscheidung.
Wernigerode: Kein Feuerwerk in der Innenstadt
Ein Böllerverbot gilt damit praktisch auch für andere Orte mit viel Fachwerk-Architektur, beispielsweise Werben und Tangermünde (Landkreis Stendal) oder Stolberg (Landkreis Harz). Gleiches gilt für die Innenstadt von Wernigerode mit ihren Fachwerkhäusern. Die Stadt plant nach eigenen Angaben aber keine weiteren Verbotszonen, die über das gesetzliche Verbot in der Innenstadt hinausgehen. Aus ökologischen Gründen würden solche Vorstöße aber unterstützt, sagte eine Stadt-Sprecherin. Schließlich werde die Umwelt durch Feuerwerkskörper abbrennen, zusätzlich belastet.
Die meisten Kommunen ohne Böllerverbot
Auch in anderen Städten von Sachsen-Anhalt gibt es entsprechende Regelungen etwa in Bitterfeld-Wolfen – um und auf dem Bitterfelder Bogen. In den meisten Kommunen ist ein Böllerverbot jedoch kein Thema. In Halberstadt halte man sich an die gesetzlichen Regelungen der Sprengstoffverordnung. Zusätzliche Kontrollen in der Innenstadt gäbe es keine, schreibt die Stadt. Aus Gerbstedt (Mansfeld-Südharz) heißt es: "Wir haben keine große Altstadt wie Wernigerode, sondern sind eher ländlich geprägt. Ein Böllerverbot haben wir bisher nicht für nötig gehalten." Bisher habe es ohne Verbot noch keine Probleme gegeben, teilte auch die Stadt Braunsbedra (Saalekreis) mit. In Aschersleben sei ein Verbot ebenfalls nicht vorgesehen.
Vorerst kein Böllerverbot in Naumburg
In Naumburg (Burgenlandkreis) wird es auch in diesem Jahr kein Böllerverbot geben. In Zukunft soll jedoch ein Verbot von Feuerwerkskörpern rund um das UNESCO-Weltkulturerbe Naumburger Dom diskutiert werden, teilte die Stadt auf Nachfrage mit.
Nach Anschlag in Magdeburg: Borris bittet um Verzicht auf Feuerwerk
Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) bittet aus Rücksicht auf die Opfer des Anschlags darum, auf das Abbrennen von Feuerwerk zu verzichten. "Es gibt in der Landeshauptstadt keinen Grund zu feiern und damit auch keinen Anlass für ein Silvesterfeuerwerk", teilte Borris am Freitag mit. Ein weiterer Aspekt sei das Gefahrenpotenzial. "Unfälle mit verletzten Personen wären eine zusätzliche Belastung für die Krankenhäuser", so die Oberbürgermeisterin.
Landestierschutzverband: Tiere leiden unter Feuerwerk
Gegen ein generelles Böllerverbot hatte sich bereits der Chef des Feuerwehrverbands Sachsen-Anhalt, Kay-Uwe Lohse, ausgesprochen. Lohse sagte MDR AKTUELL, mit Böllern müssen man wie mit allen Mitteln den Vorschriften entsprechend umgehen. Dann seien sie auch sicher. Das, was in der Zeitung und in den Medien lande, sei meistens das Resultat eines nicht sachgerechten Umgangs.
Der Vorsitzende des Landestierschutzverbands Sachsen-Anhalt, Rudolph Giersch, plädiert dagegen für ein generelles Verbot mit zentralen alternativen Angeboten. Giersch betonte, dass die Pyrotechnik nicht nur zu Verschmutzung der Umgebung führe, sondern bei Tieren zusätzlich enormes Leid auslöse.
Immer größeres Bündnis fordert Böllerverbot vom Bund
Ein Bündnis aus 30 Organisationen hatte Mitte November die Bundesregierung aufgefordert, ein Böllerverbot zu erlassen. Dazu gehören die Bundesärztekammer, die Gewerkschaft der Polizei und die Deutsche Umwelthilfe. Neu dazugekommen sind unter anderem die Deutsche Atemwegsliga und die Deutsche Lungenstiftung. Als Gründe für die Forderung nach einem Verbot nannte das Bündnis Brände, Luftverschmutzung und verschmutzte Straßen. Millionen von Haus- und Wildtieren gerieten in akute Panik. Hinzu kämen gezielte Angriffe auf Einsatzkräfte und Tausende Verletzungen. Zudem wies das Bündnis auf die vier Todesfälle im Zusammenhang mit Feuerwerks-Explosionen vergangenes Neujahr hin.
Umweltamt warnt vor Feinstaubbelastung
Das Landesamt für Umweltschutz (LAU) in Halle warnte zudem vor den Risiken für die Umwelt. Wie LAU-Präsidentin Sandra Hagel mitteilte, führen die Feuerwerkskörper jedes Jahr zu einem deutlichen Anstieg der Feinstaubkonzentration in der Luft. Feinstaub kann die Atemwege schädigen und Herz-Kreislauf-Probleme verursachen.
Nicht selten würden in der ersten Stunde nach dem Jahreswechsel an den Messstationen in Sachsen-Anhalt kurzzeitig Konzentrationen von bis zu 1.000 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen. An Verkehrsschwerpunkten in Sachsen-Anhalt sind es im Jahresdurchschnitt maximal rund 20 Mikrogramm.
Das Landesamt appelliert an die Menschen, abgebrannte Feuerwerkskörper schnell und korrekt zu entsorgen, also in der grauen Tonne für den Restabfall. Glasflaschen ohne Pfand gehörten in den Altglascontainer. Verpackungsmüll solle je nach Material entsprechend getrennt entsorgt werden.
Ärzte rufen zu verantwortungsvollem Umgang mit Feuerwerkskörpern auf
Vergangene Woche haben Ärztinnen und Ärzte der Universitätsmedizin Magdeburg zum verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerkskörpern aufgerufen. Schwere Verletzungen könnten vermieden und die Notaufnahmen entlastet werden, teilte die Unimedizin mit. Hände, Finger und das Gesicht seien besonders häufig von Verletzungen betroffen. Darunter fielen auch schwere Augenverletzungen, die in extremen Fällen zum Verlust eines Auges führen könnten. "Der an Silvester oft reichlich konsumierte Alkohol erhöht das Risiko zusätzlich, da er leichtsinniges Verhalten fördert", teilten die Ärztinnen und Ärzte mit.
Tipps des Deutschen Feuerwehrverbands für eine möglichst sichere Silvesterfeier:
- Feuerwerkskörper und Raketen sind "Sprengstoff". Lassen Sie Jugendliche unter 18 Jahren nicht damit hantieren.
- Beachten Sie unbedingt die Gebrauchshinweise der Hersteller. Mit wenigen Ausnahmen ist eine Verwendung von Feuerwerk in geschlossenen Räumen verboten.
- Zünden Sie Feuerwerkskörper nur dort, wo dies auch erlaubt ist. Böller in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen abzubrennen, ist untersagt. Dieses Verbot gilt auch für Fachwerk- und Reetdach-Häuser. Beachten Sie örtliche Regelungen!
- Nehmen Sie nach der Anzündung einen ausreichenden Sicherheitsabstand ein. Werfen Sie Feuerwerkskörper und Raketen nicht blindlings weg – und zielen Sie niemals auf Menschen. Zünden Sie nicht gezündete Feuerwerkskörper (Blindgänger) niemals noch einmal.
- Stellen Sie auf keinen Fall Feuerwerkskörper selbst her oder erwerben illegal vertriebenes Feuerwerk. Hierbei kann es zu schwersten Verletzungen kommen!
- Bewahren Sie Feuerwerkskörper so auf, dass keine Selbstentzündung möglich ist. Tragen Sie Feuerwerk niemals am Körper, etwa in Jacken- oder Hosentaschen.
- Schützen Sie Ihre Wohnung in der Silvesternacht vor Brandgefahren. Entfernen Sie Möbel, Hausrat und andere brennbare Gegenstände von Balkonen und Terrassen. Halten Sie Fenster und Türen geschlossen.
- Wählen Sie bei einem Brand oder Unfall sofort den Notruf 112.
dpa, MDR (Moritz Arand, Chiara Swenson, Fabienne von der Eltz) | Erstmals veröffentlicht am 28.12.2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 27. Dezember 2024 | 11:00 Uhr
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