Historisches Gebäude gerettet Wie das Badehaus in Salzwedel zu neuem Leben erwacht
Hauptinhalt
11. Februar 2025, 08:48 Uhr
Jahrzehntelang stand das historische Badehaus in Salzwedel leer – verfallen, vergessen, dem Abriss nahe. Heute jedoch füllt sich das Gebäude wieder mit Leben. Zwei Fachfrauen haben sich der Herausforderung gestellt, das Denkmal zu retten, zu sanieren und zu neuem Glanz zu führen.
- Das Badehaus in Salzwedel hat eine lange Geschichte hinter sich – und war wegen des Verfalls zuletzt dem Abriss nahe.
- Doch Bianka Niemeyer und Alice Bondeur haben dem Badehaus neues Leben eingehaucht, nutzen es unter anderem als Firmensitz für ihr Büro "Planwerk".
- Auch das Fachmagazin "Monumente" berichtete über das Vorhaben in Salzwedel.
Das erste, was einem ins Auge fällt, wenn man das Badehaus an der Stadtmauer in Salzwedel sieht, sind die Säulen. Imposant ragt das Gebäude im Stil des Klassizismus vor einem auf. Es strahlt eine Schönheit aus, die kein Verfall zu nehmen vermag. Dennoch war der Zustand des Badehauses kritisch, die Geschichte drohte verloren zu gehen – bis zwei Salzwedelerinnen beschlossen, das Haus und seine Geschichte zu retten.
Badehaus Salzwedel: Geschichte mit Substanz
Das Badehaus wurde 1827 vom Salzwedeler Armenarzt Dietrich Christoph Seebode errichtet. Es diente zunächst als Dampfbad und bot Heilbäder für die Stadtbevölkerung. Patienten erhielten Wannen-, Dampf- und Fuß-Tretb-Bäder sowie Inhalationen zur prophylaktischen und therapeutischen Behandlungen von Gefäß-, Atemwegs- und Hautkrankheiten sowie Rheuma. Später kam eine Fluss-Badeanstalt im Jeetze-Umfluter dazu.
1846 ließ Seebode noch Umbauarbeiten am Badehaus durchführen, acht Jahre später verkaufte er es und zog nach Frankfurt am Main. Damit war auch die Zeit der Heilanstalt vorbei. Ein Tuchmacher nutzte es als Lager, danach verschiedene Tischler als Werkstatt – am Ende aber stand es leer.
Dornröschenschlaf über Jahrzehnte
Anfang der 2000er sollte es aus seinem Dornröschenschlaf erweckt werden. Ein Architekt aus Lüchow versuchte es zu sanieren, entkernte dafür das Gebäude, nahm die Ziegelsteine auf der Rückseite aus den Gefachen und baute etliche Balken sowie die Säulen der Treppe ins Obergeschoss ab. Irgendwann gab er das Vorhaben jedoch auf. Der Dornröschenschlaf sollte weitere 20 Jahre anhalten.
2022 nahte dann die Rettung: Die Diplom-Ingenieurin Bianka Niemeyer und die Architektin Alice Bondeur entschieden sich, das denkmalgeschützte Haus zu kaufen. Sie hatten sich in das geschichtsträchtige Fachwerkhaus verliebt. Ihr Ziel: es zu sanieren und als neuen Firmensitz für ihr Büro "Planwerk" nutzen – mit Respekt vor der Vergangenheit und einer klaren Vision für die Zukunft.
Sanierung mit Fingerspitzengefühl
Die Arbeiten begannen ein Jahr später. Zunächst musste das Gebäude von alten Gittern, Folien und ungeeigneten Materialien befreit werden. Das Fachwerk wurde aufwendig restauriert, wo nötig ergänzt – oft mit Holz aus anderen historischen Gebäuden, um die Authentizität zu bewahren.
Hätte es gar keine Überraschung gegeben, wäre das eine Überraschung gewesen. Die gibt es beim Altbau nämlich immer.
Auch wenn der Zustand des Hauses das Frauen-Duo erschreckte, so hatten sie doch einen Plan im Kopf. Und Überraschungen gab es zum Glück nur eine: die Ostseite erwies sich maroder als gedacht. Das war es dann schon wieder mit unerwarteten schlechten Nachrichten. "Hätte es gar keine Überraschung gegeben, wäre das eine Überraschung gewesen. Die gibt es beim Altbau nämlich immer", sagt Bianka Niemeyer schmunzelnd.
Eine Herausforderung war die Sanierung trotzdem. Und auch die Finanzierung war nicht ohne. 500.000 Euro wird es am Ende kosten, bilanzieren die beiden Fachfrauen. Ohne Fördermittel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Spenden wäre das nicht möglich gewesen, sind sich beide einig.
Vom Bauprojekt zum Vorzeige-Objekt
Seit Dezember 2024 arbeiten Niemeyer und Bondeur bereits in ihren neuen Büros, auch wenn noch nicht alles fertig ist. So müssen unter anderem noch die Fassade, das Geländer des Balkons, das Fensterfutter und die Fußleisten gemacht werden. Der Balkon ist ihr größter Traum. "Besonders gefreut haben wir uns von Anfang an darauf, dass wir morgens auf dem Balkon sitzen und den ersten Kaffee in der Morgensonne trinken können", verrät Niemeyer. Bondeur ergänzt strahlend: "Die Möbel sind auch schon gekauft." Dieser Gedanke habe sie auch in schwierigeren Momenten angetrieben.
Aber natürlich finden nicht nur die beiden Büros der Frauen und ein Balkon Platz in dem Haus an der Jeetze, sondern noch vieles mehr. Im Untergeschoss sind die Büros, ein Platz für Praktikanten, ein kleiner Besprechungsraum, eine Küchenzeile und ein Sanitärbereich zu finden.
Überall kleine Hingucker
Im Bad ist außerdem schon jetzt eine Dusche installiert, um das Gebäude später einmal als Ferienhaus nutzen zu können. "Wir denken schon weiter, weil wir irgendwann nicht mehr sein werden. Also planen wir schon jetzt eine mögliche spätere Nutzung", erklärt die Architektin.
Im Obergeschoss haben die Salzwedelerinnen einen großen Besprechungsraum, eine Abstellkammer und ein Archiv eingerichtet. Insgesamt wurden überall kleine Hingucker geschaffen. In der Wand an der Treppe sind die alten Balken zu sehen, im Eingangsbereich die historischen Säulen, in den Büros Teile der Stadtmauer und in der Küche ein Stück der originalen Wand.
Von Fachwelt und Gästen bestaunt
Bis Mitte 2025 sollen alle Restarbeiten abgeschlossen sein. Zum "Tag des offenen Denkmals" am 14. September sind die Türen des ehemaligen Badehauses wieder geöffnet. Schon bei den vergangenen Aktionstagen war das Interesse groß. Hunderte Besucher schauten sich das Fachwerkhaus an.
Ihr Engagement bleibt nicht unbemerkt. Rückmeldungen aus ganz Deutschland hätten die beiden Frauen erreicht. Einmal sei eine Frau extra aus Beelitz angereist, um sich das Haus und die Arbeiten anzusehen. Auch das Fachmagazin "Monumente" der Deutschen Stiftung Denkmalschutz berichtete über die Frauen und das Badehaus.
Und das ist es, was am Ende für Niemeyer und Bondeur zählt: zu zeigen, dass Denkmalschutz kein Risiko, sondern eine Chance ist. Dass man sich vor alten Häusern nicht fürchten muss – sondern sie retten kann. Mit Leidenschaft, Mut und dem richtigen Plan konnte so ein Stück Stadtgeschichte gerettet werden.
MDR (Lydia Zahn, Felix Fahnert) | Erstmals veröffentlicht am 09.02.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. Februar 2025 | 08:30 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/27240c51-9749-4d9b-a9ab-2d890bd9112f was not found on this server.