Historisches Badehaus Salzwedel
Hier ist noch viel zu tun: Zwei Bau-Ingenieurinnen wollen das alte Badehaus in Salzwedel sanieren, dessen Zustand schon 1951 als bedenklich eingestuft wurde. Bildrechte: Alice Bondeur, planwerk salzwedel GmbH

Seit Jahrzehnten baufällig Historisches Badehaus in Salzwedel soll wiederbelebt werden

26. Juni 2023, 18:03 Uhr

Die altmärkischen Städtchen haben allesamt etwa Tausend Jahre auf dem Buckel. Im Vergleich dazu ist das historische Badehaus in Salzwedel mit seinen gut 200 Jahren jung. Dennoch ist es in die Jahre gekommen und schon seit Jahrzehnten baufällig. Nun haben sich zwei Bau-Ingenieurinnen vorgenommen, die besondere Immobilie zu sanieren. Die Stadtverwaltung ist dankbar für das Projekt.

Links die historische Stadtmauer, rechts die historische Stadtmauer und mittendrin: das historische Badehaus von Salzwedel. Obwohl die Hansestadt reich ist an Architektur aus mehreren Epochen, ist das Fachwerkgebäude mit dem klassizistischen Säulenportal einzigartig – in seiner Bauart, in seiner Lage, wegen seiner Geschichte.

Der in Salzwedel geborene Arzt Diedrich Christoph Seebode hattes es Mitte der 1820er-Jahre erbaut. Er wusste genau, was er wollte: In dem Badehaus bot er Therapien wie Dampfbäder oder Sauna an, später eröffnete er in dem Jeetze-Umfluter, der direkt vorm Eingang fließt, eine Flussbadeanstalt. Seine Patientenstatistik beweist, dass die von ihm angebotenen Behandlungen in der Mehrheit erfolgreich waren.

Das Badehaus von Salzwedel und seine Geschichte

1842 stirbt Seebodes Frau, 1854 verkauft er das Badehaus mit Grundstück und geht nach Frankfurt am Main. Neuer Besitzer ist ein Tuchmacher. 1939 erwirbt es die Stadt. Nach dem Krieg bricht für das Badehaus eine neue Ära an: Tischlermeister Meyer gehört zu einer von mehreren Tischlergenerationen, die Gebäude und Grundstück als Werkstatt und Lager nutzen.

Und das, obwohl der Zustand schon vor 72 Jahren als bedenklich eingestuft wurde. Die Stadt stellte 1951 offiziell fest, dass sich das Haus "nicht in einem befriedigenden Zustande" befinde und aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden müsse. Nichtsdestotrotz vermietete die Stadt es drei Jahre später als Werkstatt an die nächsten Tischler.

Nach der Wende stand das beeindruckende Fachwerkhaus inmitten der Stadtmauer lange Zeit leer. Mehr als Sicherungsmaßnahmen, damit es nicht komplett zusammenfällt, konnte die Stadt nicht leisten.

Hoffnung in letzter Minute: Architektin und Ingenieurin kaufen das alte Badehaus

Dann der Lichtblick: Ein Architekt aus dem Westen kauft Gebäude und Grundstück mit dem hehren Ansinnen, alles wieder in den Originalzustand zu versetzen. Doch der Fachmann verhebt sich: Er reißt den Fußboden heraus, klopft den historischen Putz von den Wänden, entfernt vor allem die Gefache auf der Rückseite des historischen Hauses. Dann weiß er offenbar so recht nicht weiter: Wo nun anfangen, wo aufhören?

Alice Bondeur und Bianka Niemeyer erinnern sich nur schemenhaft an den Anblick des Badehauses, als sie noch Kinder waren. Die beiden Fachfrauen – Bondeur ist Architektin, Niemeyer Tiefbau-Ingenieurin – sind voller Liebe und Enthusiasmus, lieben Salzwedels architektonisches Erbe, haben dem gescheiterten Kollegen das Badehaus abgekauft und stecken mittlerweile mitten in den Bauarbeiten.

Der Badehaus-Bau an sich, seine Lage in der Stadtmauer, an der Jeetze, umrahmt von hohen Bäumen und sattgrünen Sträuchern entlang des Walls hat beide für sich gefangen genommen. Alice Bondeur hat über das historische Ensemble mitten in der Stadtmauer sogar ihre Diplomarbeit geschrieben. Schon da entbrannte die Sehnsucht danach, dem Haus eine Zukunft zu geben.

Im sanierten Badehaus soll weiter gearbeitet werden

Allerdings nicht als Badehaus: Das klassizistische Einzeldenkmal soll ihr neuer Firmensitz werden. Sie suchen schon länger nach größeren Räumen in historischer Bausubstanz mit dem "gewissen Etwas".

Ihre Bemühungen und vor allem die Tatsache, dass die ersten fundierten Arbeiten ins Laufen gebracht worden sind, sind jetzt auch von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gewürdigt worden. Der erste Fördervertrag über 30.000 Euro bezieht sich auf die Zimmerer-Arbeiten. Denn gerade das Fachwerk an der Rückfront muss in Teilen ersetzt werden. Alice Bondeur und Bianka Niemeyer setzen dabei soweit wie möglich auf historische Baustoffe, wie alte intakte Balken.

Bis ihr Büro im historischen Badehaus eröffnet werden kann, soll es nur ein gutes Jahr dauern. Die Gesamtkosten schätzen die beiden Expertinnen auf etwa eine halbe Million Euro.

Erleichterung im Rathaus

In der Stadtverwaltung, die vor mehr als 70 Jahren den Abriss des historischen Ensembles empfahl, ist man froh, mit den beiden Salzwedelerinnen jemanden gefunden zu haben, der die Rettung des Badehauses übernimmt. Die Kommune wäre auch heute nicht dazu in der Lage gewesen.

Vor allem, dass das Badehaus später nicht als eine Art Museumsstück da stehen, sondern praktisch genutzt wird, begeistert Bürgermeister Olaf Meining. Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er sei "unendlich dankbar" für Bondeurs und Niemeyers Initiative.

MDR (Katharina Häckl, Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. Juni 2023 | 12:45 Uhr

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