Kürzungen drohen Eingliederungshilfe unter Druck: Warum Träger in Sachsen-Anhalt Alarm schlagen
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26. April 2025, 05:00 Uhr
In Sachsen-Anhalt erhalten rund 30.000 Menschen mit Behinderungen Unterstützung durch die sogenannte Eingliederungshilfe. Doch um die Ausgestaltung der Hilfen ist ein Streit entbrannt. Träger von Einrichtungen fühlen sich unter Druck gesetzt und befürchten Einschnitte – trotz steigender Landesmittel. Ein Blick in den Alltag in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.
Vormittags steht Wäsche sortieren auf dem Plan – Alltag in einer Wohngruppe des Schlosses Hoym, das von der gleichnamigen Stiftung betrieben wird. Die Bewohnerinnen und Bewohner hier brauchen Unterstützung bei alltäglichen Dingen. Betreuerin Christin Meyer begleitet sie dabei.
Die Menschen hier leiden unter "frühkindlichem Hirnschaden, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie. Es ist also eine sehr betreuungsintensive Wohngruppe", sagt sie. Die Einrichtung betreut rund 400 Menschen – zum Teil rund um die Uhr. Rund 400 Mitarbeiter zählt die Stiftung. Ziel ist es, den Bewohnerinnen und Bewohnern ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen: so viel Eigenständigkeit wie möglich, so viel Unterstützung wie nötig.
Stabilität als Grundpfeiler
Routinen sind essenziell. "Wenn sie hier keinen strukturierten Alltag haben, dann eskalieren die Bewohner. Denn sobald sie irgendwie Veränderungen haben, haben sie stark zu tun", so Meyer. Sicherheit steht an erster Stelle: "Hier sind die Messer verschlossen, Gabeln, alles ist hier verschlossen, weil wir eben auch Bewohner haben, die mal ein Messer verschwinden lassen." Bewohner, die zu selbstverletzendem Verhalten neigen. Das Netz an Betreuung ist engmaschig, Bindung ist wichtig. Und eine enge Beziehung.
Proteste gegen neue Rechtsverordnung
Die Sorge der Einrichtungen: Das Land hat den bisherigen Rahmenvertrag für die Eingliederungshilfen vor einiger Zeit gekündigt – neue Konditionen werden aktuell verhandelt. Ein Ergebnis gibt es noch nicht. Zwischenzeitlich hat das Land eine Rechtsverordnung erlasen. Und die sorgt für Unmut. Wer die nicht akzeptiere, bekommt Lohnsteigerungen nicht ausgeglichen, erklärt die Leitung der Einrichtung.
Hans-Michael Strube, Vorstand der Schloss-Hoym-Stiftung, fühlt sich regelrecht erpresst. "Es ist Verhandeln mit dem Messer an der Kehle. Für das Schloss Holm bedeutet das aktuell Verluste. Jetzt müssen wir gucken, wie lange wir das durchhalten."
Er habe das Gefühl, das Sozialministerium, wolle nicht wirklich verhandeln, sondern den Trägern seinen Willen aufzuzwingen. "Das ist ganz, ganz schade. Das hat mit Sozial nichts mehr zu tun", kritisiert Strube.
Ministerium betont Teilhabe und Reformen
Das Sozialministerium betont hingegen, Ziel sei es, Teilhabe, Selbstbestimmung und Inklusion zu stärken. Leistungserbringer seien gefordert, effizientere Konzepte zu entwickeln und sogenannte Komplexleistungen schrittweise zu reduzieren. Diese beinhalten gebündelte Hilfen – Wohnen, Betreuung und Pflege, wie sie im Schloss Holm angeboten werden.
Stiftungsgeschäftsführer René Strutzberg warnt vor weitreichenden Folgen, wenn Betreuungsangebote reduziert würden: Schlimmstenfalls könne das dazu führen, dass Bewohner in den Maßregelvollzug gingen. Was letztendlich eine nur eine Kostenverlagerung für das Land bedeuten würde.
Unsicherheit bleibt
Die Verhandlungen über einen neuen Rahmenvertrag laufen noch – doch nicht nur in Hoym wächst die Unsicherheit.
MDR (Tom Gräbe, Oliver Leiste)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 23. April 2025 | 19:00 Uhr
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