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Teurer Elektroschrott Landtag soll sich mit ungenutzten Firewalls an Schulen befassen

18. Februar 2024, 05:00 Uhr

Sie sollten die Netze der Schulen schützen: Die Firewalls der Firma Palo Alto, die die Landesregierung 2021 für die Schulen beschafft hat. Heute ist klar: Die 18 Millionen Euro teuren Geräte stehen nach wie vor ungenutzt an den Schulen herum. Um Aufklären zu lassen, warum das so ist, stellte die Fraktion Die Linke im Landtag Sachsen-Anhalts einen Antrag. Das Thema soll nun im Ausschuss für Infrastruktur und Digitales behandelt werden.

Ein großer Mann mit Locken und Brille steht vor einer Betonwand.
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Die Fraktion Die Linke will im Landtag von Sachsen-Anhalt klären lassen, wie aus einer millionenschweren Investition für Firewall-Geräte an Schulen Elektroschrott werden konnte. Das Thema soll am 29. Februar 2024 im Ausschuss für Finanzen und 15. März 2024 im Ausschuss für Infrastruktur und Digitales behandelt werden.

Rückblick: Im Jahr 2021 hat Sachsen-Anhalts CDU-geführtes Finanzministerium eine 18-Millionen-Euro-Bestellung aufgegeben. Damit wurden Firewalls der Firma Palo Alto für die Schulen im Land gekauft und ein Wartungsvertrag über zwei Jahre abgeschlossen. Die Geräte sollen für IT-Sicherheit an Schulen sorgen und auch steuern, auf welche Internetseiten die Nutzenden in den Schulen zugreifen können.

Schon als die Geräte 2021 an den Schulen ankommen, sind einige IT-Verantwortliche vor Ort irritiert: Sie können die Geräte nur anschließen, Einstellungen verändern, können sie nicht. Das führt zu Drucker-Problemen oder dazu, dass das Internet in den Schulen langsamer wird. Andere IT-Verantwortliche haben bereits damals befürchtet, dass die Geräte "teurer Elektroschrott" werden.

Schulträger haben Firewalls kaum genutzt

In den vergangenen Monaten hat MDR SACHSEN-ANHALT alle Schulträger nach den Firewalls gefragt: Für die Grundschulen sind das die Gemeinden und kreisfreien Städte, für die weiterführenden Schulen die Landkreise und kreisfreien Städte. Ein Schulträger antwortet, dass er die Firewalls des Landes nicht übernommen hat. Er setze aber Geräte des gleichen Herstellers mit der gleichen Schutz-Leistung ein – zu einem deutlich günstigeren Preis.

Firewall steht ungenutzt auf dem Boden in einer Schule
Ausgepackt, aber ungenutzt: Eine der Hardware-Firewalls steht herum. Bildrechte: MDR/Marcel Roth

Auch weitere Antworten sind ernüchternd: "nicht im Einsatz", "im Juni 2023 außer Betrieb genommen" oder "werden ausgetauscht". In vielen Schulen sind die Geräte nicht im Einsatz, auch weil die Landesregierung die Kosten nach den zwei Jahren nicht mehr übernimmt und den Wartungsvertrag gekündigt hat. Nun erhalten die Geräte "keine Updates und stellen dadurch ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar", schreibt ein Schulträger. Andere berichten, sie haben eigene Firewall-Lösungen, die keine weiteren Kosten verursachen würden.

Wohin nun mit den Geräten?

541 Schulen haben die Firewalls erhalten. Was jetzt mit den Geräten passiert, ist unklar. Offenbar stehen sie vielerorts ungenutzt in den Schulen. "Ausbau erfolgt", "fachgerecht entsorgt", "werden zurückgeschickt" oder "eingelagert" sind Antworten, die MDR SACHSEN-ANHALT erhalten hat. Das Land würde nicht auf die Rückgabe der Geräte bestehen, heißt es in einer anderen Antwort. Ein Schulträger antwortet, man habe mehrfach beim Bildungsministerium nachgefragt und keine Antwort erhalten.

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Dabei ist nach der Landtagswahl 2021 das FDP-geführte Digital- und Infrastrukturministerium für die sogenannte Digitalisierung – und damit auch die Firewalls an Schulen – zuständig. Sachsen-Anhalts Digitalministerin Lydia Hüskens sagt zu den 18 Millionen Euro teuren Firewalls: "Das Land hat die Kosten für diese Geräte für zwei Jahre übernommen. Jetzt hätten die Schulträger die Kosten tragen müssen." Man habe bei Schulträgern nachgefragt und erfahren, dass eine ganze Reihe von Schulen die Firewalls gar nicht eingebaut, manche nicht einmal ausgepackt hätten.

Was nun mit den Geräten geschieht? Das Digitalministerium schreibt MDR SACHSEN-ANHALT: "Kommunen, die die Geräte nicht in eigener Verantwortung weiternutzen, haben die Möglichkeit, sie an das Betriebszentrum des Landesnetzes zu senden. Bisher gab es aus der kommunalen Ebene nur wenige Anfragen an uns dazu."

Warum der 18-Millionen-Euro-Fehlkauf Teil eines größeren Problems ist, erklärt MDR SACHSEN-ANHALT-Autor Marcel Roth in seinem Kommentar:

Internetanschluss für Schulen ↓

Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) verantwortet auch die Breitbandanschlüsse an den Schulen. Sie sagt, in Sachsen-Anhalt sind 95 Prozent der Schul-Standorte ans schnelle Internet angeschlossen. Das ist deutschlandweit ein Spitzenwert, Platz zwei nach der Hauptstadt Berlin. Die Zuständigkeit der Digitalministerin endet an den Anschlüssen in der Schule. Für die Verteilung bis ins Klassenzimmer sind die Schulträger verantwortlich. Laut Sachsen-Anhalts Bildungsministerium verfügen die Schulen über Internetanschlüsse mit einer Datenrate von einem Gigabit pro Sekunde im Downstream und 200 Megabit pro Sekunde im Upstream. Unklar ist, ob das bei starker Nutzung ausreicht.

Digitalministerin: "Auf Bedürfnisse der Kommunen achten"

In der Coronazeit haben Bund und Land viel Geld für neue Technik an Schulen ausgegeben. Im Fall der Firewalls war die Funktion der Geräte für die Nutzung an Schulen wohl überdimensioniert. "Schulträger haben uns gesagt, dass sie die üblichen Sicherheits-Komponenten für ausreichend gehalten hätten", sagt Hüskens. "Im Zuge der Abwicklung konnten wir jetzt sehen, dass wir einzelnen helfen konnten. Aber die meisten Schulträger haben ihr eigenes Ding gemacht."

18 Millionen Euro für Firewalls an Schulen – ein teures Infrastrukturprojekt. Ministerin Lydia Hüskens, neben dem Digitalen auch für die Infrastruktur in Sachsen-Anhalt zuständig, sagt: "Infrastruktur insgesamt sollte nachhaltig genutzt werden können. Und wenn die kommunale Ebene zuständig ist, dann muss ich auf die kommunalen Bedürfnisse achten." Dabei sei es manchmal vielleicht nicht nötig, absoluten Hightech-Standard einzusetzen, den die Schulträger auch später noch nutzen könnten.


Die Recherche Mit Fragen zu den Firewalls und zur IT-Ausstattung an Schulen, zur Größe der IT-Abteilung und zu Datenschutz- und IT-Sicherheitsvorfällen hat MDR SACHSEN-ANHALT alle elf Landkreise, die drei Städte Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau sowie alle 119 Gemeinden und Verbandsgemeinden angeschrieben. Geantwortet haben alle Landkreise, die drei kreisfreien Städte und 41 der 119 Gemeinden. Nicht geantwortet haben zum Beispiel die Gemeinde Teutschenthal und Lutherstadt Wittenberg – ihre Begründung: Die Informationen würden ihre IT-Sicherheit gefährden. Andere Gemeinden haben wegen Personalmangels nicht reagiert oder geantwortet. Die Verbandsgemeinde Obere Aller hatte bereits nach einem Tag auf alle Fragen geantwortet.

MDR (Marcel Roth) | Erstmals veröffentlicht am 12.02.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Februar 2024 | 07:10 Uhr

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