Verängstiges Rot- und Damwild Förster in der Dübener Heide: Wölfe bringen den Wald aus dem Gleichgewicht
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14. März 2024, 18:47 Uhr
Der Wolf ist zurück, auch in der Dübener Heide. Hier arbeitet Benedikt Sedlmayer als Förster und Jäger. Ihm macht die wachsende Zahl der Tiere Sorgen: Rot- und Damwild im Wald sind verängstigt, schließen sich zu immer größeren Rudeln zusammen und zerstören Aufforstungsgebiete, beobachtet Sedlmayer. Zu viele Wölfe gibt es laut dem Wolfskompetenzzentrum in der Region aber nicht.
- Benedikt Sedlmayer ist Jäger und Förster in der Dübener Heide. Er meint: Der Wolf stört dort das Gleichgewicht im Wald.
- Sedlmayer berichtet von verängstigtem Rot- und Damwild, das sich in Zäunen verfängt und junge Pflanzen zerstört.
- Laut dem Förster gibt es zu viele Wölfe. Das Wolfskompetenzzentrum sieht allerdings keine Überpopulation.
Zum Jagen muss man Zeit mitbringen, sagt Benedikt Sedlmayer. Wer denkt, es reiche aus, auf dem Hochstand ein paar Stunden gemütlich auf Rehe, Hirsche oder Wildschweine zu warten, dann abzudrücken und die Beute zu holen, der sei auf der falschen Fährte. "Das Jagen wie früher funktioniert nicht mehr. Heute bekommt man kaum noch etwas vor die Flinte."
Wild sei zwar da, aber es zeige sich kaum noch, sagt Sedlmayer. Der Waidmann aus dem Heidedörfchen Krina, einem Ortsteil der Gemeinde Muldestausee im Kreis Anhalt-Bitterfeld, ist überzeugt davon, dass sich das Rot- und Damwild versteckt und es vermeidet, Spuren zu hinterlassen. Denn die Tiere würden in ständiger Panik vor Wölfen leben.
Es sind wunderbare Tiere. Anmutig, kraftvoll, imposant. Aber es sind zu viele.
Förster: Wolf bringt Gleichgewicht des Waldes durcheinander
Sedlmayer, ein gebürtiger Bayer, lebt mit seiner Familie seit fast zwei Jahrzehnten in der Dübener Heide. Er kennt sich aus im Wald, hat Wald- und Forstwirtschaft studiert. Sein Jagdrevier erstrecke sich auf einer 2.000 Hektar großen Fläche. Nicht viel kleiner sei das Gebiet, das er als Förster betreut: das Revier Eichberg, auch bekannt als Rösaer Forst. Sedlmayer war zufrieden, bis seine neuen Nachbarn auftauchten: die Wölfe.
"Es sind wunderbare Tiere. Anmutig, kraftvoll, imposant. Aber es sind zu viele", findet der Förster. Bei einer einzigen Drückjagd auf dem Gebiet der Gemeinde Muldestausee habe man 14 Wölfe gezählt – für Sedlmayer eine unfassbar hohe Zahl. Dadurch gerate das Gleichgewicht des Waldes durcheinander, glaubt der 45-Jährige.
Rotwild in ständigem Alarmzustand, bilden Rudel und rennen in Zäune
Nach seinen Beobachtungen – die auch Jäger im Nachbar-Landkreis Wittenberg teilen würden – schließt sich das Rotwild beispielsweise zu riesigen Gruppen von bis zu 150 Tieren zusammen. "Diese Großrudelbildung ist eine Feindvermeidungsstrategie", erklärt er, das Rotwild fühle sich in einer großen Gemeinschaft geschützter vor Angriffen. Gleichzeitig bleiben sie in einem ständigen Alarmzustand, sagt Sedlmayer. Wittern sie Gefahr oder werden sie gejagt, rase das ganze Rudel los und lasse sich von nichts aufhalten – auch nicht von Zäunen.
Mit seinem schweren Geländewagen fährt Sedlmayer in den Wald. Das Gebiet liegt einige Kilometer von Krina entfernt. Er zeigt auf eine Aufforstungsfläche, die inzwischen verheerend aussieht. Zwischen Kiefern und Fichten sollten junge Douglasien, Buchen und Eichen heranwachsen, doch die kleinen Bäume sind entweder angefressen oder gänzlich vertrocknet.
Hier stand mal ein Zaun, der binnen weniger Monate mehrfach durch Wildtiere zerstört wurde, erklärt der Förster. Er berichtet von Bildern des Schreckens, wenn er Rotwild fand, die sich im Zaun verhakt hatten und elendig gestorben waren. Der Großteil des Rudels habe sich aber im Inneren der Aufforstungsfläche aufgehalten und alles niedergefressen.
Förster fordert, dass Jäger Wölfe schießen können
"Das häuft sich immer mehr. Und dadurch entsteht ein gewaltiger Schaden", sagt Sedlmayer, "Denn wir nutzen ja das Holz früherer Generationen und sind deshalb angehalten, den Wald zu verjüngen und aufzuforsten – für die kommenden Generationen."
Für den Förster steht fest: Die Wölfe bringen die Natur immer mehr aus dem Gleichgewicht. Jäger sollten regulierend eingreifen und Wölfe schießen können, findet er. Denn die Population nehme überhand.
Wolfskompetenzzentrum: Population wächst, ist aber nicht zu groß
Von einer Überpopulation will das Wolfskompetenzzentrum Iden jedoch noch nicht reden. Es gebe zwar mehr Wölfe, aber der Anstieg erfolge moderat. Laut Ines Wahl, Sprecherin des Landesamtes für Umweltschutz in Halle, ist die Zahl der Wölfe in Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa zehn Prozent auf 201 Tiere gestiegen. Dazu kommen demnach weitere 36 Wölfe, die als sogenannte Grenzgänger in mehreren Bundesländern unterwegs sind. Allein in der Dübener Heide im Bereich Bad Schmiedeberg, Kemberg und Muldestausee seien 19 Raubtiere nachgewiesen worden.
Dass sich Rot- und Damwild zu immer größeren Rudeln zusammenschließen, ist laut Wahl nicht ungewöhnlich und könne jahreszeitliche Gründe haben. Aber auch Wölfe könnten dafür verantwortlich sein. Das aber sei wissenschaftlich noch nicht bewiesen.
MDR (André Damm, Maren Wilczek)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. März 2024 | 12:00 Uhr
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