Arbeitskampf bei Discountern Einzelhandel: Gewerkschaften fordern im Schnitt 14 Prozent mehr
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04. Oktober 2023, 08:51 Uhr
Im Einzelhandel nimmt ein Tarifstreit seit Wochen kein Ende. Die Beschäftigten fordern 2,50 Euro mehr die Stunde. Die Arbeitgeber finden das zu viel. Am Mittwoch wird wieder verhandelt. Die Fronten sind verhärtet und die Supermarktregale durch Streiktage weniger gut gefüllt.
- Beschäftigte bei Discountern haben Reallohnverluste
- Gewerkschaften fordern im Schnitt 14 Prozent mehr Geld
- Verdi: Niedriges Angebot der Arbeitgeber soll Kampfbereitschaft brechen
Anja* und Nils streiken. Seit Wochen schon legen die beiden Angestellten des Kaufland-Lagers Osterfeld immer wieder mal die Arbeit nieder. Für mehr Respekt und mehr Lohn. "Unsere Leute gehen in Schichten arbeiten." Jederzeit stünden sie an vorderster Front an den Kassen, in den Läden und bekämen den Frust der Kunden immer zuerst ab. "Und stecken das mit einem Lächeln weg", sagen die beiden. Sie seien die Systemrelevanten, die auch zu Corona-Zeiten auf Arbeit gehen und weiterarbeiten müssten. "Alles wird teurer. Sprit, Gas, nächstes Jahr kommt auch noch die CO2-Steuer. Es reicht nicht mehr zum Leben."
Die beiden sind zwei von zweihundert Beschäftigten, die sich am Kaufland-Lager Osterfeld an Streiks beteiligen. Es ist nur ein Teil der Belegschaft, zu der auch viele befristete Kräfte gehören. Und doch sei die Kampfbereitschaft im Handel viel höher als früher, sagt Torsten Furgol. Er führt die Tarifverhandlungen in Mitteldeutschland für die Gewerkschaft Verdi. Die Kolleginnen in der Branche hätten seit 2021 Reallohnverluste hinnehmen müssen. Trotz Tarifabschlüssen. "Das heißt, die Kolleginnen und Kollegen spüren nicht nur ein Minus im Portemonnaie, sondern haben es tatsächlich auch. Und deswegen 2,50 Euro." Auch weil man wolle, dass untere Einkommensgruppen deutlicher vom Abschluss partizipieren als die oberen.
Handel lehnt Forderungen der Gewerkschaften ab
Wer wenig verdient, für den machen 2,50 Euro mehr pro Stunde prozentual sehr viel aus. Doch den Arbeitgebern ist die Forderung zu hoch. Für sie sitzt René Glaser vom Handelsverband Sachsen am Verhandlungstisch. "Die Forderungen der Gewerkschaft bedeuten im Durchschnitt eine Anhebung der Entgelte um 14 Prozent. Und in der Spitze sogar um bis zu 21 Prozent."
Das passe weder zu den aktuellen gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten noch zur Konsumstimmung "und schon gar nicht zu gegenwärtigen Situation der Einzelhandelsbranche", betont Glaser. "Hier müssen wir ganz klar die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen im Blick behalten." Viele Händler hätten zu kämpfen, argumentiert er. Wegen der Inflation hielten sich Kunden beim Einkaufen zurück.
Die Arbeitgeber haben 8,4 Prozent angeboten – verteilt auf zwei Jahre. Während sich die Verhandlungen hinziehen, haben große Händler wie Rewe, Aldi oder Kaufland von sich aus die Löhne erhöht – um 5,3 Prozent. Für Glaser ein Zeichen des guten Willens.
Verdi: Angebot der Arbeitgeber soll Kampfbereitschaft brechen
Gewerkschafter Furgol interpretiert es anders. "Unsere Interpretation ist, dass sie an der Stelle die Kampfbereitschaft brechen wollen. Dass ganze Belegschaften umfallen und sagen: 5,3 Prozent sind erst einmal okay. Das war aber ein Schuss ins Blaue. Unsere Wahrnehmung ist, dass die allermeisten Beschäftigten sehr genau hingeguckt haben und sagen: Ne, 5,3 Prozent reichen nicht."
Beide Seiten hoffen, dass es in den Gesprächen ab Mittwoch einen Durchbruch gibt. Denn das Weihnachtsgeschäft naht. Und die Gewerkschaft hat bereits angedroht, dass es ungemütlich werden könnte, sollte es dann noch immer keinen Tarifabschluss geben.
* Der Name wurde auf Wunsch der Interviewten geändert. Die Identität ist der Redaktion bekannt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. Oktober 2023 | 06:11 Uhr
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