Solaranergie Wenn der Zählertausch die Energiewende ausbremst
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19. März 2024, 19:33 Uhr
Viele Bürger setzen aktuell auf Solarenergie und legen sich eine PV-Anlage zu. Der Messstellenbetreiber ist innerhalb eines Monats verpflichtet, dann auch den Zähler auszutauschen. Bei MDR-Aktuell-Hörer Rainer Hartmann ist das aber zunächst nicht passiert. Er fragt sich: Wie kann man dagegen vorgehen?
- Bei der Bundesnetzagentur kommt es immer wieder zu Beschwerden wegen eines verzögerten Anschlusses der Solaranlagen.
- Für den Zählerwechsel hat der Netzbetreiber vier Wochen Zeit.
- Entschädigung für die nichtgezählten Kilowattstunden an Sonnenstrom gibt es in der Regel nicht.
Der Schritt vom Stromverbraucher zum Stromerzeuger ist für Eigenheimbesitzer nicht schwer. Zumindest in der Theorie: Einfach eine Solaranlage aufs Dach und schon kann man seinen eigenen Strom nutzen oder ins Netz einspeisen. Allerdings muss dafür oft der Stromzähler getauscht werden. Denn es soll ja ermittelt werden, was die Solaranlage bringt.
Monatelanges Warten auf den Zählertausch
Bei Rainer Hartmann aus Thale war genau das die Hürde. Monatelang musste er auf seinen Zähler warten. Deswegen hat er sich an den MDR gewandt. Der Messstellenbetreiber ist innerhalb eines Monats verpflichtet, den erforderlichen Änderungen an der Messeinrichtung nachzukommen. "Leider ist das bis heute nicht erfolgt. Welche Möglichkeiten habe ich?", fragt er.
Manchmal wirkt es, als sei die Energiewende Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. Immer mehr Hauseigentümer lassen sich eine Solaranlage installieren. Und immer wieder hört man, dass Netzbetreiber überlastet sind und der finale Anschluss dauert.
Beschwerden bei der Bundesnetzagentur
Auch bei der Bundesnetzagentur kommen solche Beschwerden an, bestätigt Sprecher Fiete Wulff: "Wir haben eine Verdopplung der Zubau-Geschwindigkeit bei den Solaranlagen. 2023 wurden rund anderthalb Millionen Anlagen erfolgreich angeschlossen. In vielen Fällen erfolgt das ohne lange Wartezeiten und Probleme."
Leider gebe es aber auch Rückmeldungen von Netzbetreibern, dass bei den Prozessen, bei den Fachfirmen oder bei den Netzbetreibern Verzögerungen auftreten.
Zählerwechsel schon bei der Montage
Wie häufig das genau vorkommt, kann Wulff nicht beziffern. Im konkreten Fall hat sich der Austausch des Stromzählers verzögert. Doch man müsse gar nicht warten, bis der Netzbetreiber das erledigt, sagt Thomas Seltmann vom Bundesverband Solarwirtschaft. Schon bei der Montage der Solaranlage könne man den Zähler wechseln lassen.
"Also der Elektriker, der meine Anlage installiert, der darf auch den Zähler setzen. Und wenn ich eine Photovoltaikanlage installieren lasse und in dem Zuge einen Zählertausch veranlasse, sollte das also keine großen Mehrkosten verursachen", erklärt er. Dafür könne man dann die Anlage sehr schnell in Betrieb nehmen. Das sei ein Vorteil.
Vier Wochen Frist beim Netzbetreiber
Beantragt man den Zählerwechsel wie der Fragesteller beim Netzbetreiber, hat dieser nach Auftragseingang vier Wochen Zeit. Erfolgt der Zählereinbau in dieser Frist nicht, kann man sich wiederum an einen eigenen Elektriker wenden. Das bestätigt Evelyn Zaruba vom Netzbetreiber Mitnetz. In dessen Versorgungsgebiet wohnt auch der Fragesteller. Inzwischen, sagt Zaruba, habe man seinen Zähler getauscht.
"Grundsätzlich möchten wir uns erst einmal bei dem Kunden entschuldigen, dass es zu einer Verzögerung gekommen ist", sagt Zaruba. "Natürlich arbeiten wir mit Hochdruck daran, die Wartezeiten für Kunden so gering wie möglich zu halten." In den letzten Monaten hätten sie bereits verschiedene Prozesse verbessert.
Entschädigung für nichtgezählten Strom?
Derzeit habe man keinen Auftragsstau beim Zählerwechsel, betont Zaruba. In vielen Fällen komme es aber zu Verzögerungen, weil Unterlagen oder Daten von Kunden nicht vollständig vorlägen. Doch wenn der Zählerwechsel tatsächlich beim Netzbetreiber hängenbleibt – wer ersetzt dann die nie gezählten Kilowattstunden an Sonnenstrom?
Fiete Wulff von der Bundesnetzagentur erklärt, dass das EEG (nach dem die Einspeisevergütung erfolgt) keine Entschädigungen für Verzögerungen vorsieht. "Das Verhältnis zwischen dem Betreiber der Solaranlage und dem Netzbetreiber ist ansonsten zivilrechtlich. Insofern sind hier die allgemeinen Regeln des Zivilrechts anwendbar", sagt Wulff.
Bundesverband: Klage nur selten sinnvoll
Konkret: Man müsste den Netzbetreiber für eine Entschädigung verklagen. Der Bundesverband Solarwirtschaft sagt, wenn der Netzbetreiber Fristen nicht einhalte, mache er sich schadenersatzpflichtig.
Bei privat betriebenen Solaranlagen sei eine Klage aber kaum sinnvoll. Der ganze juristische Ärger stünde in keinem Verhältnis zur Entschädigung für ein paar Wochen nicht erfassten Sonnenstrom.
Dieses Thema im Programm: Das Nachrichtenradio | 19. März 2024 | 06:00 Uhr