Mehr Rechte für Betroffene Verbraucherschützer kritisieren überhöhte Mahngebühren bei Inkassoverfahren

28. Juni 2023, 13:57 Uhr

Die Verbraucherschutzminister und -ministerinnen der Länder besprechen von Mittwoch bis Freitag, wie sie die Rechte von Betroffenen von Inkassoverfahren stärken und Transparenz schaffen können. Denn: Verbraucherschützer kritisieren, dass viele Betroffene oft schlecht informiert werden und zu Unrecht hohe Gebühren bezahlen.

Uta Georgi, Moderatorin, Autorin, Nachrichtensprecherin
Uta Georgi, Moderatorin, Autorin, Nachrichtensprecherin Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Rund 20 Millionen Mal mussten im letzten Jahr Inkassounternehmen aktiv werden, um Schulden einzutreiben. Wer zum Beispiel bei einem Versandhändler einkauft und die Zahlungsfrist nicht einhält, der bekommt meistens nach der dritten Mahnung Post von einer Inkassofirma. Die treibt das Geld für den Versandhändler ein und verlangt dafür oft satte Gebühren.

Nicht immer zu Recht, sagt Meret Sophie Noll vom Verbraucherzentrale Bundesverband: "Zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Unternehmen herrschen einfach strukturelle Machtunterschiede und auch Informationsdefizite von Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Immer wieder finden sich auch auf Kostenaufstellungen Phantasiekosten, also überhöhte Mahngebühren oder Pauschalbeträge und Verbraucherinnen und Verbrauchern ist es kaum möglich, diese Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Inkassokosten selbst zu überprüfen." Die Rechtslage sei einfach kompliziert, erklärt Noll.

Deshalb wollen die Verbraucherschutzministerinnen und -minister der Länder, dass betroffene Schuldnerinnen und Schuldner besser über ihre Rechte informiert werden, denn es gebe in der Beschwerdeerfassung der Verbraucherzentralen jährlich tausende Beschwerden zu Inkassoforderungen, sagt Noll: "Verbraucherinnen und Verbraucher fühlen sich häufig durch diese eindringlichen und teils aggressiven Formulierungen – beispielsweise durch Androhung einer Zwangspfändung oder Ankündigung des Gerichtsvollziehers – eingeschüchtert und diese Formulierungen sind juristisch meist nicht zulässig." Aus Sorge zahlten die Verbraucherinnen und Verbraucher die Kosten aber oft trotzdem, weiß die Verbraucherschützerin.

Inkasso-Unternehmen kritisieren gesetzliche Informationspflichten

Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Der Verband vertritt deutschlandweit rund 500 Firmen und Geschäftsführer Dennis Stratmann sagt: "Aus unserer Sicht ist es so, dass der Gläubiger in den allermeisten Fällen durch die Hilfe des Inkassodienstleisters überhaupt erst auf Augenhöhe mit dem säumigen Verbraucher kommt. Der Gläubiger weiß in aller Regel überhaupt nicht, warum der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt und der Inkassodienstleister hat den Auftrag, auf Augenhöhe zu vermitteln, die Gründe für das Nichtzahlen zu eruieren und dann die Zahlung im Konsens – wir sind ja größtenteils außergerichtlich unterwegs – herbeizuführen."

Dass die Verbraucherschutzminister Schuldnern jetzt mit einer neuen Initiative den Rücken stärken wollen – dafür gebe es aus Sicht des Verbandes keinen Anlass, findet Geschäftsführer Stratmann, denn das eigentliche Problem liege woanders: Vorrangig gehe es um Informationspflichten, die gesetzlich normiert sind. "Die Informationspflichten sind sehr juristisch, sehr sperrig und sehr genau. Hinzu kommen noch die Pflichten aus der Datenschutzgrundverordnung und die Inkassoschreiben sind in den letzten Jahren sehr lang und sehr schwer nachvollziehbar geworden. Man denkt nicht an den Otto Normalverbraucher, also den typischen Inkassoschuldner, sondern man führt die Diskussion immer sehr weit weg von der Praxis", kritisiert Stratmann.

Deshalb fordert der Verband, dass die Informationspflichten gestrafft werden. Nur so könnten die Verfahren einfacher werden. Dann mache auch der Vorstoß der Verbraucherschutzminister Sinn.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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