Ärztemangel und Unterfinanzierung Kassenärzte warnen vor "Praxenkollaps"
Hauptinhalt
18. August 2023, 20:43 Uhr
Bei einer Krisensitzung der Kassenärztliche Bundesvereinigung haben Ärztinnen und Ärzte vor einem Kollaps der Praxen gewarnt. Die ambulante Versorgung sei unterfinanziert und es gebe zu wenig Personal. Der Chef der Kassenärztliche Bundesvereinigung, Andreas Gassen, fordert Ärzte deswegen auf, ihre Praxis für eine Woche zu schließen, um Druck auszuüben.
- Kassenärzte warnen vor einem Kollaps vieler Arzt-Praxen.
- KBV-Chef, Andreas Gassen, ruft Ärzte auf, aus Protest ihre Praxen eine Woche lang zu schließen.
- Die Ärzte fordern die Politik auf, die Praxen nachhaltig zu finanzieren.
Etwa 800 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben am Freitag in Berlin vor dem Kollaps vieler Praxen gewarnt. Sie fordern stärkere Unterstützung von der Politik für den ambulanten Bereich in der Medizin. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte Mediziner aus ganz Deutschland zu einer Krisensitzung eingeladen.
Der Chef der KBV, Andreas Gassen, sprach von einem Warnzeichen an Gesundheitsminister Karl Lauterbach: "So kann und darf die deutsche Gesundheitspolitik nicht weitergehen!", sagte er. Wenn nicht jetzt etwas für die ambulante Versorgung getan werde, sei es in zwei bis drei Jahren nicht mehr möglich alle Menschen in Deutschland zu versorgen, teilt der KBV-Chef mit. Die ambulante Versorgung sei im Vergleich zu den Krankenhäusern massiv unterfinanziert, wodurch die Versorgung von Patientinnen und Patienten auf dem Land bedroht sei.
Gassen forderte die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland auf, ihre Praxis mal für eine Woche zu schließen. "Wären Praxen eine Woche zu, würde sich die Politik wohl sehr schnell bemühen, eine Lösung mit der Ärzteschaft zu finden", sagte Gassen im Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Ärzte befürchten schleichendes Praxis-Sterben
Die KBV wies bei ihrem Treffen auf Überlastung in den Praxen und fehlendes Personal und Nachwuchsmangel hin. Sie kritisierte außerdem eine unzureichende digitale Infrastruktur und zu viel Bürokratie. Es drohe ein langsames Sterben der Praxen. In Deutschland gibt es nach Angaben der KBV etwa 100.000 Praxen mit rund 185.000 Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
Gassen forderte ein Ende der Budgetierung für die Praxen und eine "nachhaltige Finanzierung". Wenn die Politik der Meinung sei, die Krankenkassen könnten dies nicht leisten, dann müssten dafür Steuergelder in die Hand genommen werden. Nötig sei zudem eine Aus- und Weiterbildung, die den medizinischen Nachwuchs sichere.
Die Ärzte riefen Gesundheitsminister Lauterbach auf, bis zum 13. September zu den Forderungen Stellung zu nehmen. Der SPD-Politiker plant derzeit im Klinikbereich eine große Reform.
dpa (jst)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 18. August 2023 | 15:00 Uhr