Eigenanteil Sachsen steht vor weiteren Kostensteigerungen in der Pflege
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06. September 2022, 17:24 Uhr
Weil Pflegedienste und -heime seit September Pflegekräfte und Betreuer nach Tarif oder regional üblichem Entgeltniveau bezahlen müssen, müssen sie Kosten und damit den Eigenanteil, den ihre Schützlinge tragen, neu kalkulieren und verhandeln. Allein für Sachsen bedeutet das: 1.700 von 2.500 Einrichtungen verhandeln jetzt und in den Folgewochen mit den Pflegekassen. Erste Zahlen für den ambulanten Bereich liegen vor.
- Der Großteil der sächsischen Pflegedienste und -Einrichtungen muss Kosten mit Pflegekassen neu verhandeln.
- Derzeit werden Kostensteigerung bei ambulanten Diensten zwischen 2,61 und 38,75 Prozent verzeichnet.
- Die Durchschnittsrente in Sachsen lag nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Ende 2021 bei 1.364 Euro.
Sachsen steht vor weiteren Kostensteigerungen in der stationären und ambulanten Pflege. Etwa 1.700 der 2.500 Pflegeeinrichtungen im Freistaat müssen die seit September vorgeschriebenen Tarifbezahlungen noch neu verhandeln. Das geht aus Angaben des Verbandes der Ersatzkassen, vdek Sachsen, hervor. Dabei handelt es sich sowohl um ambulante, stationäre als auch teilstationäre Angebote. Weitere Preistreiber sind dem vdek Sachsen zufolge Inflation und Energiekosten.
Kostensteigerung bei ambulanten Diensten zwischen 2,61 und 38,75 Prozent
Seit September müssten alle Pflegeinrichtungen nach Tarif oder dem regional üblichen Entgeltniveau zahlen, um mit der Pflegeversicherung abrechnen zu dürfen. Davon seien alle Einrichtungen betroffen, die bislang nicht nach Tarif gezahlt haben oder deren Entlohnung hierunter gelegen hat oder unter dem regional üblichen Entgeltniveau. Laut vdek Sachsen haben bisher nur circa 800 die Anwendung eines Tarifwerkes gemeldet. Die Steigerung des Eigenanteils wird sich dabei voraussichtlich sehr individuell verändern. "Im ambulanten Bereich haben wir in diesem Jahr bisher Steigerungen zwischen 2,61 und 38,75 Prozent", so der vdek.
Die finanzielle Belastung der Patienten respektive die Kosten der Heime und Dienste werden jedes Jahr zwischen Anbieter und unter anderem den Ersatzkassen verhandelt. Der durchschnittliche Eigenanteil in der stationären Pflege wurde vom vdek Sachsen zuletzt mit 1.972 Euro angegeben. Dieser Eigenanteil wird seit Januar 2022 durch einen Leistungszuschlag in Sachsen auf 1.828 Euro abgemildert – ein Zuschlag, den nur die AOK Plus in Sachsen und Thüringen an rund 46.000 Pflegebedürftige gezahlt hat. Kostenpunkt für die Pflegekasse AOK: 97,3 Millionen Euro im ersten Halbjahr.
Die Durchschnittsrente in Sachsen lag nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Ende 2021 bei 1.364 Euro. Nach Geschlechtern getrennt liegen Zahlen für das Jahr 2020 vor, demnach erhielten Männer durchschnittlich 1.310 Euro und Frauen lediglich 1.068 Euro. Zu Pflegende, die den Eigenanteil nicht bezahlen können, können die sogenannte Hilfe zur Pflege in Anspruch nehmen, wenn ihr Vermögen bis auf den Selbstbehalt von 5.000 Euro aufgebraucht ist. Kinder müssen erst bei einem Gehalt von 100.000 Euro im Jahr Kosten übernehmen.
Große Lohnunterschiede je nach Region
Aktuell liegt zum Beispiel das regional übliche Entgeltniveau für eine Pflegefachkraft mit mindestens dreijähriger Ausbildung in Schleswig-Holstein bei 23,92 Euro pro Stunde, in Sachsen-Anhalt nur bei 19,52 Euro. Bei einer 40-Stunden Woche ist das ohne Zuschläge ein beachtlicher Einkommensunterschied von mehr als 700 Euro für die gleiche Arbeit.
Was übernimmt die Pflegeversicherung?
Um Pflegebedürftige in Heimen vor steigenden Pflegekosten zu schützen, zahlt die Pflegeversicherung seit 1. Januar 2022 einen Zuschlag. Dieser liegt zwischen fünf und 70 Prozent und ist abhängig davon, wie lange der Pflegebedürftige schon im Heim lebt. Gezahlt wird der Zuschlag aber nur auf die pflegebedingten Eigenanteile der Heimkosten, also nicht auf Kosten für Unterkunft, Beköstigung, Investitionen und Ausbildung.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | FAKT | 06. September 2022 | 21:45 Uhr