Fleischindustrie Bundestag stimmt für Einführung des Tierhaltungslogos

16. Juni 2023, 15:21 Uhr

Beim Fleischkauf im Supermarkt soll künftig auch ein staatliches Logo über die Form der Tierhaltung informieren. Der Bundestag beschloss am Freitag ein Gesetz von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne), das eine verpflichtende Kennzeichnung für inländische Erzeugnisse vorsieht.

Bei Schnitzeln und Steaks im Supermarkt soll sich bald ein genauerer Blick auf die Verpackung lohnen – genauer auf ein neues schwarz-weißes Logo. Nach jahrelangem Streit hat der Bundestag am Freitag für eine Kennzeichnung für Fleisch gestimmt, an der man beim Fleischkauf die Bedingungen der Tierhaltung erkennen kann.

Start mit Schweinefleisch

Noch in diesem Jahr soll Agrarminister Cem Özdemir die Pflichtanzeige in die Kühltheken bringen, die zunächst mit frischem Schweinefleisch startet. Besiegelt wurden auch Erleichterungen für Bauern, wenn sie Ställe für bessere Haltungsformen umbauen wollen.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach mit Blick auf die Kennzeichnung von einem überfälligen Schritt. "Verbraucherinnen und Verbraucher wollen wissen, was sie essen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die dafür notwendige Transparenz werde nun geschaffen.

Obwohl es seit fast 20 Jahren mit der Eierkennzeichnung ein erfolgreiches Vorbild gebe, seien die Vorgängerregierungen hierbei nicht vorangekommen. "Damals wurde im Supermarkt für alle erkennbar, wie Hühner gehalten werden." Der Anteil unverarbeiteter Eier aus Käfighaltung sei damit stark reduziert worden.

Kennzeichnung in fünf Kategorien

Geplant ist ein System mit fünf Kategorien, wenn Ferkel nach der Aufzucht in die Mast kommen. Es beginnt bei der Haltungsform "Stall" mit den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Stufe "Stall+Platz" gibt unter anderem 12,5 Prozent mehr Platz vor, die Stufe "Frischluftstall" Kontakt zu Außenklima etwa mit offenen Stallseiten. Dazu kommen die Stufen "Auslauf/Weide" und "Bio".

Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) hatte noch einen anderen Ansatz verfolgt: ein freiwilliges Label, aber nur für eine bessere Haltung über dem Mindeststandard. Doch das scheiterte.

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Eine Gabel mit zwei aufgespießten Fleischstücken vor schwarzem Hintergerund. Text: Dürfen wir Tiere essen? 12 min
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Wie das Logo aussehen soll

Aussehen soll die Kennzeichnung sachlich-nüchtern: ein weißes Label, in dem in schwarzer Umrahmung "Tierhaltung" steht. Die Haltungsform anzeigen sollen dann kleine schwarze Rechtecke.

Bei gemischten Produkten wie Hackfleisch oder großen Packungen mit Fleisch aus verschiedenen Haltungsformen können auch Prozentangaben gemacht werden: also zum Beispiel "70 Prozent Stall" und "30 Pozent Stall+Platz". Dominiert eine Haltungsform mit mindestens 80 Prozent, kann nur sie auf dem Aufdruck markiert werden.

Kennzeichnung der Haltungsform existiert bereits

In den Kühltheken trifft das künftige staatliche Logo auf eine etablierte Konkurrenz. Bereits seit 2019 gibt es eine weit verbreitete eigene Kennzeichnung der Supermarktketten mit dem Aufdruck "Haltungsform". Sie hat auf den Etiketten die Zahlen 1 bis 4 für vier verschiedene Stufen und dazu die Farben Rot, Hellblau, Orange und Grün. Viele Kunden kennen das System inzwischen, das noch länger parallel bestehen bleiben dürfte – zumal es außer Fleisch von Schweinen auch schon Produkte von Geflügel und Rindern umfasst.

Sogar Herkunftsland geplant

Özdemir rechtfertigte die schrittweise Einführung, um das Logo nach früheren geplatzten Anläufen überhaupt zu ermöglichen – es soll aber zügig weitergehen. Noch in diesem Jahr soll nach dem Willen der Koalitionäre eine Ausweitung auf verarbeitete Ware wie Wurst und die Gastronomie in Angriff genommen werden – ebenso auf Zuchteber, Sauen und Ferkel.

Danach sollen in dieser Wahlperiode bis 2025 auch andere Tierarten folgen. Zur Debatte steht außerdem eine ausgedehntere Kennzeichnung des Herkunftslands.

"Tierwohlabgabe" im Gespräch

Das Logo soll durch die Möglichkeit zum gezielten Kauf den Wandel zu höheren Haltungsformen unterstützen. Auf den Kosten für den Aufwand sollen die Bauern aber nicht allein sitzen bleiben. Die Ampel-Koalition reservierte als Startfinanzierung zunächst eine Milliarde Euro. Die reicht aber nur für die ersten Jahre und für Schweine.

Eine ganz grundsätzliche verlässliche Finanzlösung auch für andere Tierarten wird vorerst weiter gesucht. Im Gespräch ist nach Experten-Empfehlungen eine "Tierwohlabgabe" auf tierische Produkte. Denkbar wäre etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch.

Erleichterungen beim Stallbau

Neben der Kennzeichnung sollen weitere Elemente für einen Wandel der Tierhaltung zu höheren Standards kommen. Der Bundestag beschloss außerdem Erleichterungen im Baurecht für Landwirte, die Ställe für bessere Haltungsbedingungen umbauen. Im Kern soll es leichter werden, Anlagen für die drei oberen Haltungsformen "Frischluftstall", "Auslauf/Weide" und "Bio" umzugestalten. Um jedem Tier mehr Platz zu bieten, sollen Bauern größer bauen können, solange die Höchstzahl der Tiere gleichbleibt.

dpa(yvo)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 16. Juni 2023 | 08:35 Uhr

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