Thüringen Härtefallkommission - letzte Chance für Asylbewerber

16. Dezember 2020, 05:00 Uhr

Das Thüringer Verfassungsgericht entscheidet heute über eine Klage der Thüringer AfD-Fraktion. Sie hat gegen die Härtefallkommission des Landes Thüringen geklagt. Die AfD sagte, die Kommission sei politisch und juristisch unnötig. Zu den Aufgabe der Kommission gehört, darüber zu beraten, ob ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland bleiben können.

Teresa Brenner
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Johannes-Martin Schulz-Schottler sitzt als stellvertretenes Mitglied in der Härtefallkommission. Er erinnert sich gut an einige Fälle, die er in die Kommission eingebracht hat. Zum Beispiel an die Familie aus Mazedonien, die auf einer Müllkippe gelebt habe, erzählt der pensionierte Anwalt.

Schulz-Schottler: "Die sind nach Deutschland geflohen, weil sie wurden von diesen Müllkippen immer wieder verjagt, weil die Dorfbewohner wollten sie natürlich dort nicht haben, weil sie Flaschen und Altmetalle gesammelt haben. Dann ist die Mutter hier in Deutschland auf Grund einer Krebserkrankung verstorben und der Vater hat sich dann alleine um die Erziehung der Kinder gekümmert. Eines dieser Mädchen war dann die beste in der Grundschule und ist auf das Gymnasium gewechselt. Sie hatten kein Recht, hier zu sein, weil ihr Asylantrag abgeschlossen war. Der Vater hat für sich und seine Kinder einen Härtefallantrag gestellt und dem ist auch zugestimmt worden und sie haben Aufenthalt bekommen."

Empfehlung über Aufenthaltserlaubnis

Wie alle Bundesländer hat auch Thüringen eine Härtefallkommission. 2005 eingerichtet, geben deren Mitglieder Empfehlungen ab, ob ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer doch eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland bekommen, weil humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen, die gegen eine Ausreise sprechen.

In den vergangenen 15 Jahren wurde nach Angaben des Justizministeriums 2.068 Geflüchteten und anderen Ausländerinnen und Ausländern in diesem Zusammenhang eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Acht stimmberechtigte Mitglieder hat die Kommission, angesiedelt ist sie beim Justiz- und Migrationsministerium. Dessen Minister, aktuell Dirk Adams von den Grünen, entscheidet abschließend, ob es zur Abschiebung oder zur Aufenthaltserlaubnis kommt.

Geflüchtete stellen Anträge nicht selber

Die Geflüchteten stellen die Anträge nicht selber, sondern wenden sich an ein Mitglied der Kommission. Mirjam Kruppa ist Migrationsbeauftragte des Freistaats und von Anfang an Mitglied der Kommission: "Ich spreche die unterschiedlichen wichtigen Themen an, die für die Härtefallkommission wesentlich sind: Welche Familienmitglieder? Gehen die Kinder in die Schule oder in die Kita? Wie gut sind die Deutschkenntnisse? Gibt es Arbeit? Gibt es Straftaten? Und so weiter. Dann sage ich den Leuten: Ja, ich bin bereit, den Härtefallantrag einzureichen, aber in ganz vielen Fällen sage ich auch, das ist für mich kein Härtefall. Sie haben hier keine Chance."

"Bewährte" Zusammensetzung der Kommission

Diese Situation kennt auch Johannes-Martin Schulz-Schottler. Vor kurzem habe er einen Antrag abgelehnt, weil der antragstellende Afghane nur in seiner Community gelebt habe, wegen Alkoholmissbrauch aufgefallen sei und lediglich einen befristeten Job gehabt habe. So ein Antrag werde gar nicht erst eingereicht, sagt Schulz-Schottler, der für die Liga der freien Wohlfahrtspflege in der Kommission sitzt. Weitere Mitglieder kommen aus den beiden großen Kirchen, vom Städte- und Gemeindebund oder aus der Landesärztekammer.

Die Zusammensetzung habe sich bewährt, sagen beide Mitglieder der Kommission, eben weil unterschiedliche Gruppen der Gesellschaft abgebildet seien. Für die Vorwürfe der AfD, die Kommissionsmitglieder würden  von vor allem "migrationsfreundlichen" Organisationen ernannt, hat Mirjam Kruppa kein Verständnis: "Ich wüsste nicht, wer noch hinzugezogen werden sollte, damit es vielseitiger oder gerechter aufgestellt sein sollte. Es sind also alle Aspekte mit eingebunden."

Heute wird in Weimar das Urteil einer Klage der AfD-Fraktion erwartet, die gegen die Kommission geklagt hat.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Dezember 2020 | 06:49 Uhr

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