Bushaltestelle in Schmoor im Landkreis Stendal
Wer mit dem Bus aus dem Stendaler Umland, zum Beispiel aus Schmoor, in die Kreisstadt fahren möchte, muss ab 2024 auch als Besitzerin oder Besitzer des Deutschlandtickets ein zusätzliches Busticket kaufen. Bildrechte: IMAGO / Jürgen Ritter

Deutschlandticket Kritik und Sorgen nach Beschluss im Stendaler Kreistag

12. Dezember 2023, 10:36 Uhr

Der Kreistag von Stendal hat beschlossen, das Deutschlandticket ab 2024 nicht weiter zu bezuschussen. Ab Januar gilt das eigentlich deutschlandweite Ticket deshalb in Bussen des Landkreises Stendal nicht mehr. Die Verkehrsministerinnen von Sachsen-Anhalt und Thüringen kritisieren die Entscheidung. Ein Kommunalpolitiker sieht das Deutschlandticket sogar insgesamt gefährdet.

Betroffen sind sechs Buslinien in der Stadt Stendal und 35 Linien im Landkreis, also auch Busse nach Seehausen, Osterburg oder Tangermünde. Wer damit fahren will, muss ab Januar auch mit dem Deutschlandticket ein zusätzliches Busticket kaufen.

Stendaler Kreistag lehnt Bezuschussung ab

Der Grund: Der Landkreis muss das Ticket bis April mit 40.000 Euro bezuschussen, also im Jahr mit 120.000 Euro. Stimmen aus CDU, FDP und Pro Altmark hatten den Zuschuss deshalb abgelehnt, sagt die Vorsitzende des Stendaler Kreistages, Annegret Schwarz (CDU).

"Zum einen sind wir ja stark in der Haushaltskonsolidierung. Und zum anderen ist die Nutzbarkeit des Deutschlandtickets für unsere Bürger im Rahmen unseres öffentlichen Personennahverkehrs Bus nicht gegeben. Das steht in keinem Verhältnis." Heißt: Der Landkreis sei stark verschuldet, gleichzeitig würden nicht genug Menschen den Bus nutzen. Die Finanzierung lohne sich also nicht.

Schwarz betont auch, dass es wirklich nur um den Busverkehr gehe. "Was ich jetzt alles lese in der Presse, das hört sich ja so an, als hätten wir das Deutschlandticket im Landkreis Stendal abgeschafft. Das ist ja aber nicht der Fall."

Kritik und Sorgen nach Kreistagsbeschluss

Trotzdem gibt es an dem Beschluss auch viel Kritik. Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Lydia Hüskens (FDP) teilte MDR AKTUELL mit, man bedauere die Entscheidung, müsse sie aber akzeptieren.

Auch die Verkehrsministerin von Thüringen, Susanna Karawanskij, (Linke) betrachtet den Beschluss mit Sorge und Kritik. "Weil wir natürlich zum Ziel haben, dass das Deutschlandticket als Tarif flächendeckend tatsächlich angeboten wird. Also dass wir hier keinen Flickenteppich über die verschiedenen Landkreise beziehungsweise Regionen in Deutschland bekommen."

Für Christian Hauer, den Kreisvorsitzenden der Grünen im Kreisverband Altmark, greift vor allem das Bus-Argument zu kurz. Er sagt, auf dem Dorf gebe es eben oft nur den Bus. Dort müssten die Menschen dann wieder mehr zahlen oder das Auto nehmen.

Hauer hat auch die Sorge, dass jetzt andere Landkreise nachziehen. "Man kennt ja andere Landkreise, die sowieso schon damit hadern und es könnte schon ein Signal an andere Landkreise sein, dass sie das Ticket nicht unterstützen. Dann könnte das gesamte Deutschlandticket einfach zugrunde gehen." Außerdem heiße es schließlich nicht ohne Grund Deutschlandticket. "Es ist deutschlandweit gültig und muss deshalb auch in jeder Region und in jedem Landkreis zu nutzen sein."

Stendaler Vorgehen grundsätzlich zulässig

Aber darf ein Landkreis überhaupt die Gültigkeit eines bundesweit einheitlichen Tickets kippen? Ja, sagt der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Mittelthüringen, Christoph Heuing. Denn für den Nahverkehr seien die Städte und Landkreise zuständig – also sei es auch zulässig, bei der Finanzierung nicht mitzumachen.

In Thüringen könne das dennoch nicht passieren, erklärt Heuing. "In Thüringen stellt sich die Frage tatsächlich überhaupt nicht mehr, weil sie schon im Laufe des Jahres geklärt worden ist. Man hat gesagt: Wenn das Deutschlandticket überall gelten soll, dann braucht es dafür eine gesetzliche Grundlage und die ist in Thüringen geschaffen worden. Das heißt, die Anwendung des Deutschlandtickets ist in Thüringen – nach meiner Kenntnis nur in Thüringen – gesetzlich verpflichtend. Hier kann also gar kein Landkreis aussteigen aus dem Ganzen."

MDR AKTUELL hat auch andere Verkehrsverbünde in Mitteldeutschland angefragt, ob sie von ähnlichen Überlegungen wissen. Der mitteldeutsche Verkehrsverbund MDV teilte mit, die Finanzierung des Deutschlandtickets für das MDV-Gebiet sei bis Mitte 2024 abgesichert. Der Verkehrsverbund Mittelsachsen möchte die Entscheidung in Stendal nicht kommentieren, man beobachte die Entwicklung aber sehr genau.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Dezember 2023 | 06:07 Uhr

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