Verkehrswende Neue Finanzierungsmodelle könnten den ÖPNV absichern

03. November 2023, 12:58 Uhr

Das Deutschlandticket steht auf der Kippe. Am Montag beraten Bund und Länder über die weitere Finanzierung. Bisherige Zusagen reichen Verkehrsverbünden zufolge wegen steigender Kosten für Personal und Energie nicht aus. Fachleute sehen aber durchaus Möglichkeiten, neue Finanzquellen zu erschließen und den öffentlichen Nahverkehr insgesamt auf eine stabilere Grundlage zu stellen.

MDR AKTUELL Mitarbeiterin Rebecca Nordin Mencke
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Neue Finanzierungsmodelle könnten den Öffentlichen Personennahverkehr nach Einschätzung von Fachleuten stabiler für die Verkehrswende aufstellen. Der Verkehrsentwicklungsplaner der Stadt Dresden, Frank Fiedler, verwies bei MDR AKTUELL auf die französische Hauptstadt Paris. Dort werde die Hälfte des Betriebs über eine Umlage durch Unternehmen finanziert.

Forscher: Verkehrswende erfordert große Umsetzungskraft

Fiedler erklärte, man müsse darüber diskutieren, die Finanzierungsquellen für den Nahverkehr breiter aufzustellen. Das reiche von einer Querfinanzierung über Parkgebühren bis hin zu einer sogenannten Nutznießerfinanzierung. Das bedeutet, dass beispielsweise der Handel, Arbeitgeber oder Immobilienbesitzer einen Beitrag für den ÖPNV bezahlen, wenn sie von der Infrastruktur profitieren. Es gehe darum, "die Verkehrswende gerecht, aber auch stabil zu finanzieren".

In Frankreich regelt eine landesweite Verkehrssteuer, dass Unternehmen den öffentlichen Nahverkehr mitfinanzieren. Der Verkehrsökologe Jens Borken-Kleefeld von der TU Dresden nennt Paris ein "spannendes Beispiel dafür, mit welcher Energie eine Autofahrer-Stadt umgebaut werden kann".

Das erfordere einen großen politischen Willen und Umsetzungskraft, sagte der Forscher MDR AKTUELL. Es zeige aber auch, dass die Vision einer fußläufigen, lebenswerten Großstadt realisierbar und von einer Mehrheit der Bewohner gewollt sei. Dafür spreche auch die Wiederwahl von Paris' Bürgermeisterin Anne Hidalgo.

Nahverkehrsunternehmen an kritischem Punkt

In Deutschland stehen Verkehrsunternehmen derzeit vor massiven finanziellen Schwierigkeiten. Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund, der für den Nahverkehr im Großraum Leipzig-Halle und angrenzende Regionen in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zuständig ist, drohte in der "Mitteldeutschen Zeitung" sogar damit, aus dem Deutschlandticket auszusteigen. Bund und Länder beraten am Montag über die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets.

Auch in Dresden machen die Kostensteigerungen – von Personalkosten bis Energiekosten – dem ÖPNV zu schaffen. "Im Moment diskutieren wir, wie wir den ÖPNV in den nächsten Jahren in Dresden im Bestand erhalten können", erklärt Fiedler. Konkret entscheiden müsse am Ende die Politik, die den Haushaltsvorbehalt hat und zwischen vielen verschiedenen Zwecken abwägen müsse. "Die Verkehrswende kostet Geld", hebt er hervor. Als Verkehrsplaner sei man Dienstleister der Politik und könne Wege aufzeigen, um bestimmte Ziele zu erreichen.

Einen anderen Vorschlag zur Finanzierung des ÖPNV machte kürzlich der Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Er sprach sich im MDR dafür aus, das 49-Euro-Ticket auf 29 Euro pro Monat abzusenken. Das könne den Verkehrsunternehmen auf einen Schlag 20 bis 30 Millionen Abonnenten bescheren. Dabei würden viele das Ticket nur als Reserve halten, aber den Unternehmen eine Menge Geld in die Kasse spülen. Zudem könne eine bundesweit gültige Struktur statt vieler regionaler Verkehrsverbünde enorme Bürokratiekosten einsparen.

MDR (rnm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. November 2023 | 06:00 Uhr

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