Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion, spricht bei der Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU-Bundesvorstands im Konrad-Adenauer-Haus.
Wie realistisch ist der Vorschlag von Merz? Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Nahostkonflikt Staatsbürgerschaft nur gegen Israel-Bekenntnis: Ist Merz' Forderung realistisch?

24. Oktober 2023, 05:00 Uhr

Wer deutscher Staatsangehöriger werden will, der soll sich zum Existenzrecht Israels bekennen. Das hat unlängst Friedrich Merz im ZDF gefordert. Damit reagiert der CDU-Chef auf die Angriffe der Terrororganisation Hamas auf Israel – und die viele anti-israelischen und pro-palästinensischen Demos in Deutschland. Aber geht das überhaupt, was Merz fordert? Kann man ein Bekenntnis zu Israel zur Bedingung für die deutsche Staatsbürgerschaft machen?

Es sei Staatsräson in der Bundesrepublik, sagte Merz: "Nämlich eine ohne Zweifel feste Zusage an das Existenzrecht Israels. Wer das nicht unterschreibt, hat in Deutschland nichts zu suchen." Auf die Frage, was das heißt, sagte Merz: "Wie man das dann in der Praxis macht, kann man schauen."

Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung ist Voraussetzung für Staatsbürgerschaft

Tatsächlich läuft gerade ein Verfahren zur Novellierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf erst im August gebilligt. Ein Kernpunkt des Textes ist das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Das gibt es in der aktuellen Fassung zwar auch, neu ist aber folgender Zusatz: "Antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes."

Solche Handlungen schließen eine Einbürgerung aus, erklärt das Bundesinnenministerium. Auch das ist im Grunde nicht neu. Das betont auch Helge Lindh, Migrationspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion. "Ich kenne die Ausländerbehörden sehr gut und die Praxis. Und selbstverständlich haben die die Möglichkeit auch in Gesprächen – und wenn sie Indizien haben, dass Leute antisemitisch sind – das zu verweigern. Das liegt bereits jetzt in ihrem Ermessen."

Verhaltene Reaktionen und juristische Bedenken bei Vorschlag von Merz

Für ein Bekenntnis, wie Merz es fordert, ist Lindh grundsätzlich offen. Den praktischen Nutzen hält er aber für überschaubar. "Mit einer Unterschrift allein ist das Problem des antiisraelischen Hasses und des Antisemitismus nicht weggeräumt. Und damit ist auch nicht verhindert, dass Leute etwas unterzeichnen, obwohl sie gar nicht der Meinung sind."

Aber darf man eine solche Erklärung, ein solches Bekenntnis überhaupt einfordern, wenn es sich auf einen anderen Staat oder schlicht auf die deutsche Staatsräson bezieht? Der Leipziger Rechtswissenschaftler Johannes Eichenhofer hat Bedenken. "Ein solches positives Bekenntnis würde ja doch deutlich mehr verlangen als das geltende Recht das tut. Und dieses positive Bekenntnis wäre ja möglicherweise auch verfassungsrechtlich durchaus anders zu bewerten, weil es nämlich auf eine Pflicht hinausläuft, eine bestimmte Meinung zu vertreten."

Schließlich sei die Staatsräson bezüglich Israel nicht gesetzlich verbrieft – und ein Bürger müsse sich die Staatsinteressen nicht zu eigen machen. Das sei ein sehr schwieriges Feld, sagt Eichenhofer. Seiner Meinung nach, kommt es letztlich darauf an, wie genau eine solche Einbürgerungsvoraussetzung begründet ist.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 24. Oktober 2023 | 06:00 Uhr

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