Steuersystem DIW und Steuerzahlerbund sehen Mehrwertsteuer-Vorschlag kritisch
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09. Januar 2025, 17:45 Uhr
Das Münchner Ifo-Institut hat vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Mit den Einnahmen könne man die Einkommensteuer senken. Andere Wirtschaftsunternehmen unterstützen das. Das DIW und der Bund der Steuerzahler reagierten skeptisch.
- DIW-Chef Fratzscher sieht in Ifo-Vorschlag Umverteilung von Arm zu Reich
- Bund der Steuerzahler plädiert für Tarifänderungen bei Einkommensteuer
- Ökonomen befürworten Mehrwertsteuer-Vorschlag als Wachstumsschub
Das Münchner Ifo-Institut hat mit seinem Vorschlag zur Erhöhung der Mehrwertsteuer eine Debatte über den Umbau des Steuersystems ausgelöst. Die Ökonomen hatten dafür plädiert, die Mehrwertsteuer anzuheben und mit den Einnahmen eine Senkung der Einkommensteuer zu finanzieren. Eine höhere Belastung durch Verbrauchsteuern sei weniger wachstumshemmend, hieß es zur Begründung.
DIW-Chef Fratzscher: Umverteilung von Arm zu Reich kein Fortschritt
DIW-Präsident Marcel Fratzscher lehnt den Vorschlag ab. Er sagte MDR AKTUELL, die Rechnung werde nicht aufgehen. Geringverdiener hätten dann weniger in der Tasche, weil sie sowieso keine Einkommensteuer zahlten. Dafür müssten sie mehr Geld für Dinge des täglichen Bedarfs hinlegen. Diese Umverteilung von Arm zu Reich wäre kein Fortschritt.
Fratzscher betonte, Menschen mit mittleren und geringen Einkommen brauchten mehr Geld in der Tasche. Er schlug dazu vor, den Mindestlohn anzuheben, das versprochene Klimageld einzuführen und die Mehrwertsteuer vor allem auf Lebensmittel zu reduzieren.
Bund der Steuerzahler für Tarifänderungen bei Einkommenssteuer
Der Bund der Steuerzahler erklärte, man sei grundsätzlich immer dafür, die Einkommensteuer zu senken. Steuerrechts-Expertin Daniela Karbe-Geßler sagte AKTUELL MDR, man verfolge aber einen anderen Ansatz. So müssten bei der Einkommensteuer die Tarife angepasst werden. Der Spitzensteuersatz greife zu früh und betreffe schon die Gehälter von Facharbeitern. Geringere und mittlere Einkommen müssten entlastet werden. Das könne man mit einer höheren Besteuerung sehr hoher Einkommen gegenfinanzieren.
Mit Blick auf die Mehrwertsteuer sprach sich Karbe-Geßler dafür aus, die Unterteilung des ermäßigten und des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes prüfen. Die Aufteilung sei bislang oft nicht nachvollziehbar. Sie schlug vor, nur Lebensnotwendiges mit dem ermäßigten Satz zu belegen. Bei allem anderen solle der Regelsteuersatz gelten.
Ökonomen befürworten Mehrwertsteuer-Vorschlag
Bei Ökonomen stieß der Vorschlag aus München auf Zustimmung. " Der Ansatz geht in die richtige Richtung", zitiert das "Handelsblatt" Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Leiter der Konjunkturabteilung beim Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Durch einen Tausch hoher Einkommen- und Unternehmenssteuern gegen höhere Umsatzsteuer könne der „Gewinnverfall in der deutschen Exportindustrie gemindert werden“. Aus dem Institut der deutschen Wirtschaft hieß es der Zeitung zufolge, eine Verschiebung der Steuerlast von der Einkommensteuer zur Umsatzsteuer sei zielführend für eine Stärkung der Arbeitsanreize und könnte einen Wachstumsimpuls geben.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Januar 2025 | 17:00 Uhr