0,35 Prozentpunkte ab Juli Lauterbach will Beitragssatz für Pflegeversicherung erhöhen
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24. Februar 2023, 16:14 Uhr
Die Finanzierung der Pflege in Deutschland könnte zur Herausforderung werden. Wie man in den Daten des Statistischen Bundesamtes erkennen kann, werden immer mehr Menschen pflegebedürftig. Deswegen plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Beitragssatz der Pflegeversicherung zu erhöhen. Das geht aus einem Referentenentwurf des Ministeriums hervor.
- Das Bundesgesundheitsministerium plant mit der Beitragserhöhung weitere Reformen zu finanzieren.
- Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert die Pläne von Karl Lauterbach.
- Die Zahl der Menschen, die pflegebedürftig sind, ist in den letzten Jahren stark angestiegen.
Die Pflegeversicherung könnte ab Juli für die Bürgerinnen und Bürger steigen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plant, den Beitragssatz um 0,35 Prozentpunkte zu erhöhen. Das geht aus einem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums hervor, der dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" vorliegt.
Derzeit liegt der Beitragssatz bei 3,05 Prozent des Bruttolohns. Kinderlose Beschäftigte zahlen 3,4 Prozent.
Zuschläge für Heimbewohner erhöhen
Höhere Einnahmen für die Pflegeversicherung seien unumgänglich, heißt es in dem Entwurf. So sollten unter anderem die stark gestiegenen Eigenanteile in der stationären Pflege begrenzt und die hohen Kosten und geringeren Einnahmen der Pflegeeinrichtungen durch die Pandemie aufgefangen werden, schreibt das Ministerium.
In dem Entwurf heißt es, die Zuschläge, die die Eigenanteile der Pflegeheimbewohner dämpfen sollen, würden ab dem 1. Januar 2024 nochmals um fünf bis zehn Prozentpunkte erhöht werden. Lauterbach will aber auch die häusliche Pflege stärken. Dafür sollen jeweils das Pflegegeld sowie die Pflegesachleistungen zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent erhöht werden. Der Bund strebt zudem zum 1. Januar 2025 und zum 1. Januar 2028 eine automatische Dynamisierung der Geld- und Sachleistungen in Anlehnung an die Preisentwicklung an.
Deutschen Stiftung Patientenschutz fordert schnellere Hilfen
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert die Pläne des Gesundheitsministeriums. Der Vorstand Eugen Brysch forderte umgehende finanzielle Entlastungen für Pflegebedürftige. Der Katholischen Nachrichten-Agentur sagte er: "Ambulante und stationäre Altenpflege haben in den letzten fünf Jahren eine Kostenexplosion um 40 Prozent erfahren". Die fünf Millionen Pflegebedürftigen seien schon lange finanziell unter Wasser gedrückt worden. Doch Lauterbach wolle ein weiteres Jahr verstreichen lassen und dann die Hilfsbedürftigen mit einem Plus von fünf Prozent abspeisen, so Brysch. "Der Untätigkeit des Bundesgesundheitsministers muss Einhalt geboten werden."
Die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie die großen Sozialverbände appellieren unterdessen eindringlich an Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner. Die hohen Defizite in der Pflegeversicherung sollten durch Steuermittel ausgeglichen werden und nicht ausschließlich die Beitragszahler dafür aufkommen müssen.
Immer mehr Pflegebedürftige
Die 1995 eingeführte Pflegeversicherung gerät aktuell finanziell immer stärker unter Druck. Da ist vor allem die steigende Zahl der Pflegebedürftigen. Sie liegt derzeit bei rund fünf Millionen, von denen rund 4,2 Millionen von ambulanten Pflegediensten, Angehörigen und Freunden in den eigenen vier Wänden versorgt werden.
Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes steigen die Zahlen stark an. 2015 waren es 2,86 Millionen Menschen, die pflegebedürftig waren, 2017 dann schon 3,4 Millionen und 2019 waren es 4,1 Millionen Menschen. Die Einführung des neuen weiter gefassten Begriffs der Pflegebedürftigkeit im Jahr 2017 sorgte für einen sprunghaften Anstieg.
KNA, Reuters (kar)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 24. Februar 2023 | 12:00 Uhr