Mehr als 2.400 Euro Eigenanteil Studie: Immer mehr Pflegeheim-Bewohner brauchen Sozialhilfe

21. Februar 2023, 22:23 Uhr

Wegen steigender Kosten rutschen immer mehr Heimbewohner in Deutschland in die Sozialhilfe. Einer DAK-Studie zufolge stieg der durchschnittliche Eigenanteil der Bewohner zum Jahreswechsel auf 2.468 Euro im Monat. Mehr als ein Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner sind auf staatliche Hilfen angewiesen, um die Kosten tragen zu können.

Angesichts steigender Kosten für die Pflege im Heim dürften einer DAK-Studie zufolge zusehends mehr Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen sein. Die Belastung der Pflegebedürftigen erreicht trotz der jüngsten Reformschritte bereits in diesem Jahr ein neues Rekordniveau, wie die am Dienstag veröffentlichte Studie ergab. Bis 2026 sei ein Anstieg der Sozialhilfequote in Heimen auf 36 Prozent zu erwarten. Der Sozialverband VdK forderte angesichts dessen dringend weitere Entlastungen für die Pflege zu Hause.

In diesem Jahr dürften knapp ein Drittel (32,5 Prozent) der Bewohnerinnen und Bewohner die sogenannte Hilfe zur Pflege bekommen, wie die Analyse im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergab – und das trotz einer kräftigen Rentenerhöhung 2022.

Prognose: Zahl der Betroffenen steigt weiter

Damit würde die Sozialhilfequote wieder steigen, zeigen Berechnungen des Bremer Gesundheitsökonomen Heinz Rothgang im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit. Erst im vergangenen Jahr war die Quote dank neuer Entlastungszuschläge wie der Einführung von gestaffelten Leistungszuschlägen und dem Wohngeld-Plus-Gesetz deutlich auf 30,5 Prozent gesunken.

DAK-Chef: Pflege zu Hause besser unterstützen

Der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, forderte, die Sozialhilfequote in Pflegeheimen auf unter 30 Prozent zu begrenzen. Es gehe um einen "fairen Finanzierungsmix aus Steuern und Beiträgen", um den Finanzbedarf von 14 Milliarden Euro für eine umfassende Pflegereform zu decken. Es müsse, "wie im Koalitionsvertrag angekündigt, dringend geprüft werden, wie die kontinuierlich steigenden Eigenanteile weiter gesenkt werden können". 

Storm bezeichnete die Schritte zur Entlastung von Pflegebedürftigen als wichtig. "Sie sind aber nicht ausreichend, um die Kosten durch die enormen Preissteigerungen sowie das Tariftreuegesetz wirksam zu begrenzen." Die Reformelemente hatten "nur einen begrenzten, vor allem aber nur einen temporären Effekt", betonte Rothgang.

Eigenanteile steigen seit Jahren

Eigenanteile für die Pflege im Heim steigen seit Jahren – inzwischen auch trotz 2022 eingeführter Entlastungszuschläge. Zum 1. Januar 2023 waren nach Daten des Verbands der Ersatzkassen im ersten Jahr im Heim im bundesweiten Schnitt 2.411 Euro im Monat selbst zu zahlen, 278 Euro mehr als Anfang 2022. Nach Angaben der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) stieg der durchschnittliche Eigenanteil der Bewohner zum Jahreswechsel auf 2.468 Euro pro Monat.

In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen dann noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen hinzu.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte deshalb einen Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung. Diese solle für alle pflegebedingten Kosten aufkommen, Pflegebedürftigen dürften ausschließlich Unterkunft und Verpflegung in Rechnung gestellt werden, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Der Sozialverband VdK forderte Vorrang für die Pflege von Angehörigen zu Hause. Diese müsse "absolute Priorität auf der politischen Agenda haben", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der "Neuen Osnabrücker Zeitung". 80 Prozent der über fünf Millionen Pflegebedürftigen würden zu Hause versorgt. "Wir brauchen dringend Hilfe für die Pflege in den eigenen vier Wänden in Form von Hauswirtschaft und Betreuung." Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat für dieses Jahr eine Pflegereform angekündigt.

dpa/AFP/KNA (kkö/asü)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 21. Februar 2023 | 14:00 Uhr

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