Ein Notarzt und ein Krankenwagen fahren mit Blaulicht durch eine Straße.
Karl Lauterbach will die medizinische Notfallversorgung in Deutschland grundlegend reformieren. Bildrechte: IMAGO / Maximilian Koch

Gesundheitspolitik Lauterbach will medizinische Notfallversorgung reformieren

16. Januar 2024, 22:17 Uhr

Karl Lauterbach hat eine grundlegende Reform der Notfallversorgung in Deutschland angekündigt. Der Bundesgesundheitsminister stellte dazu am Dienstag in Berlin ein Eckpunktepapier vor. Die Reform soll 2025 in Kraft treten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die medizinische Notfallversorgung in Deutschland reformieren. Hierzu stellte der SPD-Politiker am Dienstag ein entsprechendes Eckpunktepapier vor. Die geplante Reform soll im Januar 2025 in Kraft treten.

Mit seinen Plänen möchte der Gesundheitsminister Krankenhäuser und Notaufnahmen zukünftig entlasten. "Im Notfall sollen Patientinnen und Patienten dort behandelt werden, wo sie am schnellsten und am besten versorgt werden." Diese müsse nicht immer das Krankenhaus sein, teilte Lauterbach mit. In vielen Fällen sei der ärztlich Notdienst sehr viel sinnvoller. Häufig reiche auch der Besuch am nächsten Tag in der Hausarztpraxis. "Heute sind die Notfallzentren der Kliniken oft überfüllt, auch mit Patienten, die nicht im Krankenhaus versorgt werden müssten."

Vernetzung bestehender Notrufnummern soll Rettungsdienste entlasten

Konkret plant Lauterbach eine Vernetzung der bestehenden Notrufnummern von Rettungsdienst (112) und der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (116117). Nach einem telefonischen oder telemedizinischen Erstgespräch sollen Hilfesuchende zukünftig der richtigen Notfallstruktur zugewiesen werden. Welche Nummer man dabei vorher wählt wird somit künftig egal sein.

Durch die Maßnahme sollen unnötige Rettungseinsätze vermieden werden. Lauterbach zufolge sollen die beiden Leitstellen zukünftig "wie kommunizierende Röhren" arbeiten.

Integrierte Notfallzentren an Krankenhäusern geplant

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (l, SPD) lässt sich von Mitarbeitern bei einem Besuch einer Leitstelle des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung herumführen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (l.) lässt sich von Mitarbeitern bei einem Besuch einer Leitstelle des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung herumführen. Bildrechte: picture alliance/dpa/AFP-Pool | John Macdougall

Weiterhin möchte der Gesundheitsminister die notdienstliche Akutversorgung bundesweit vereinheitlichen. Zu diesem Zweck sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen rund um die Uhr eine telemedizinische Versorgung sowie Hausbesuche sicherstellen. Für Patienten die den direkten Weg in die Klinik antreten, möchte Lauterbach sogenannte Integrierte Notfallzentren an den Krankenhäusern einrichten. Bei ausreichenden Kapazitäten sollen diese auch für Kinder und Jugendliche bereitgestellt werden. Die Notfallzentren sollen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer kassenärztlichen Notdienstpraxis und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle bestehen.

Der Spitzenverband der Gesetzliche Krankenkasse (GKV) geht davon aus, dass bundesweit etwa 730 dieser Integrierten Notfallzentren benötigt würden, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. "Entscheidend ist eine bessere Verteilung in ländlichen Gebieten, damit für alle Menschen ein Integriertes Notfallzentrum in erreichbarer Nähe liegt", betonte GKV-Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis.

Reform des Rettungsdienstes ebenfalls notwendig

Lauterbachs Eckpunktepapier betont, dass zugleich auch zwingend eine Reform des Rettungsdienstes notwendig sei. So müssten die Rettungsdienste mit den Notfallzentren und Notdienststellen im digitalen Kontakt stehen und Zugriff auf die elektronischen Patientenakten der Patienten erhalten. Auch sollen Gemeindenotfallsanitäter, Notfallpflegeteams oder Telenotfalldienste die Notfallmedizin entlasten und effizienter machen.

Positve Reaktionen auf Lauterbachs Reformpläne

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkasse sprach mit Blick auf die Integrierten Notfallzentren von einem "echten Perspektivwechsel". Die Versorgungsstruktur werde endlich am Bedarf der Patienten ausgerichtet, sagte Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis.

Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion und selber Notfallmediziner in Berlin, begrüßte die Vorschläge. Sie seien ein Schlüssel für eine qualitativ bessere Versorgung und gleichzeitige Verringerung von Ausgaben der Sozialversicherung.

Der Kölner Intensivmediziner Christian Karagiannidis drängte in der "Ärzte-Zeitung" auf eine rasche Umsetzung. "Schaut man sich an, wer in die Notaufnahmen kommt, dann zeigt sich, dass dort extrem viele 80- bis 90-Jährige hinkommen", sagte er. Häufig stehe bei diesen Patienten mehr ein Versorgungsproblem im Vordergrund als eine schwere Erkrankung.

Notaufnahmen oftmals überfüllt

Bereits seit Jahren beklagen Ärzte und Gesundheitspolitiker eine Fehlsteuerung in der Notfallversorgung von Patienten. Lauterbach zufolge könnten 25 bis 30 Prozent der Hilfesuchenden in Notaufnahmen auch in Arztpraxen versorgt werden oder seien gar keine Notfälle. Hier gebe es ein "unfassbar großes Potenzial, um Geld zu sparen und gleichzeitig die Versorgung der Patienten zu verbessern", sagte Lauterbach.

dpa, KNA, AFP (mbe)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Januar 2024 | 15:00 Uhr

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