Heidi Reichinnek (l), Spitzenkandidatin der Partei Die Linke zur Bundestagswahl 2025, und Jan van Aken, Bundesvorsitzender der Partei Die Linke, sprechen während des Bundesparteitags der Linken zur Bundestagswahl 2025.
Heidi Reichinnek und Jan van Aken im Porträt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Linken-Spitzenkandidaten im Porträt Heidi Reichinnek und Jan von Aken – die Unverzagten

07. Februar 2025, 13:27 Uhr

Die Linke liegt nach BSW-Abspaltung und vielen Wahlpleiten am Boden. Das Spitzen-Duo Heidi Reichinnek und Jan von Aken peilt dennoch den Wiedereinzug ins Parlament an – und lässt sich von Partei-Promis dabei gern helfen.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Alexander Laboda
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Die Ausgangslage für Heidi Reichinnek und Jan van Aken ist schlecht. Das Spitzenkandidatenduo der Linken zieht nach der Abspaltung der Gruppe um Sahra Wagenknecht mit einer Rumpf-Fraktion in den Bundestagswahlkampf. Die zurückliegenden Landtagswahlen gingen krachend verloren. In Thüringen verlor die Partei ihren ersten und einzigen Ministerpräsidenten-Posten, in Sachsen gelang der Einzug in den Landtag nur über zwei gewonnene Direktmandate und in Brandenburg flog die Linke aus dem Parlament.

Doch Reichinnek und van Aken geben sich unverzagt, geradezu zweckoptimistisch. Van Aken äußerte sich in seiner Rede auf dem Bundesparteitag der Partei Anfang des Jahres befreit: "In den letzten Jahren gab es Momente, da hatte ich richtig gute Laune, obwohl ich bei den Linken war. Jetzt habe ich gute Laune, weil ich bei den Linken bin." Und Reichinnek beendete an gleicher Stelle ihre Rede mit einem Zitat von Rio Reiser: "Wenn die Nacht am tiefsten ist, dann ist der Tag am nächsten."

Reichinnek und van Aken wenig bekannt

Diese Zuversicht kann sich bei dem Duo nicht aus der eigenen Popularität speisen. Denn der breiten Öffentlichkeit sind Reichinnek und van Aken noch weitgehend unbekannt. Die in der kleinen Gemeinde Obhausen in Sachsen-Anhalt aufgewachsene Reichinnek führte zuletzt die Gruppe der Linken im Bundestag an, gemeinsam mit dem Leipziger Abgeordneten Sören Pellmann. Außerdem ist sie auf den Internetplattformen Tiktok und Instagram populär. Bei Tiktok folgen ihr 343.000 Nutzer, fast drei Mal so viele wie dem offiziellen Kanal der Partei. Der "Tagesspiegel" bezeichnete Reichinnek gar als "Star auf Tiktok" und charakterisierte die 36-Jährige als "nahbar, unkompliziert, offen".

Van Aken ist etwas bekannter als die 27 Jahre jüngere Reichinnek. Das liegt zum einen an seiner Doppelrolle. Seit Oktober ist er gemeinsam mit Ines Schwerdtner Co-Parteivorsitzender der Linken. Hinzu kommt, dass der 63-Jährige schon zuvor mehrere Funktionen in Partei und Fraktion bekleidete. Er war unter anderem stellvertretender Fraktions- und stellvertretender Parteichef. Bundesweite Aufmerksamkeit erlangte er etwa 2017 als Organisator einer Demo mit 76.000 Menschen beim G20-Gipfel in Hamburg. In der Hansestadt trat der in Reinbeck in Schleswig-Holstein geborene van Aken der Partei bei. Das Magazin "Cicero" beschrieb van Aken schon 2013 als "intelligent, polemisch, gewitzt".

Co-Parteivorsitzende Schwerdtner verzichtete übrigens aus taktischen Gründen darauf, auch im bundesweiten Wahlkampf an der Seite von van Aken zu stehen. Sie konzentriert sich nach eigenen Angaben darauf, das Direktmandat in Berlin-Lichtenberg zu gewinnen. Dort tritt Gesine Lötzsch nicht mehr an, die in dem Wahlkreis zuvor sechs Mal in Folge als Direktkandidatin erfolgreich war.

Linke-Spitzenkandidaten lassen sich von Partei-Promis unterstützen

Hier zeigt sich die Doppelstrategie der Linken. Die Partei verlässt sich nicht nur darauf, es über die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Ebenso zielt sie auf die Grundmandatsklausel, die bei drei errungenen Direktmandaten ebenfalls den Einzug ins Parlament garantiert. Neben Schwerdtner geht dafür auch der schon erwähnte Sören Pellmann ins Rennen. Er will seinen Leipziger Wahlkreis erneut gewinnen. Darüber hinaus treten in aussichtsreichen Wahlkreisen drei Parteigranden an: Bodo Ramelow, Gregor Gysi und Dietmar Bartsch.

Das Spitzeduo van Aken und Reichinnek lässt die prominente Hilfe der Altgedienten zu und identifiziert sich mit der sogenannten "Mission Silberlocke". In einem Wahlwerbespot treten Ramelow und Gysi sogar neben den beiden Spitzenkandidaten auf.

Themen untereinander aufgeteilt

Thematisch ergänzen sich Reichinnek und van Aken. Reichinneks Schwerpunkt ist die Familien- und Sozialpolitik. Vor der Abspaltung des BSW war sie frauenpolitische Sprecherin der Linkenfraktion. "Linke Politik ist, für die zu kämpfen, denen es scheiße geht", sagte die Bundestagsabgeordnete, die seit mehreren Jahren im niedersächsischen Osnabrück lebt und dort auch ihren Wahlkreis hat.

Van Aken hingegen ist außenpolitisch versiert. Der promovierte Biologe arbeitete für verschiedene internationale (Nicht-)Regierungsorganisationen, unter anderem als Biowaffeninspekteur für die Vereinten Nationen. Er setzt sich für Diplomatie und Abrüstung ein. Zudem steht er für eine Umverteilung in der Finanzpolitik. Er wiederholt gerne, dass es seiner Ansicht nach keine Milliardäre geben sollte. Passend dazu trägt er regelmäßig Kleidung mit dem Aufdruck "tax the rich" (übersetzt: "Besteuert die Reichen").

Eintrittswelle und steigende Umfragewerte in den Umfragen

Entsprechende Forderungen finden sich im Wahlprogramm. Die Linke möchte unter anderem das Bürgergeld zu einer "sanktionsfreien Mindestsicherung" umbauen. Alleinlebende würden dann 1.400 Euro monatlich bekommen. Das Rentenalter will die Partei von 67 auf 65 Jahre senken. Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel soll gestrichen werden. Im Gegenzug will die Linke die Steuereinnahmen im Umfang von mehr als 100 Milliarden Euro erhöhen, etwa durch Vermögens- und Erbschaftssteuern. Auch die Schuldenbremse will sie abschaffen.

Programm und Kandidaten kommen bislang offenbar recht gut an. Tausende Menschen traten in den vergangenen Woche in die Linkspartei ein. Anfang Februar meldete die Partei über 71.000 Mitglieder, so viele wie zuletzt 2010. Im ARD-Deutschlandtrend erreichte die Linke im Januar wieder fünf Prozent in der Sonntagsfrage. Das würde bedeuten, dass die Partei den Einzug in den Bundestag direkt schafft – und das Spitzenduo es auch ohne Hilfe der "Mission Silberlocke" geschafft hätte.

Anmerkung der Redaktion Am 19. Februar spricht MDR AKTUELL Fernsehen mit Heidi Reichinnek.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 19. Februar 2025 | 19:30 Uhr

Mehr aus Politik

Mehr aus Deutschland

Schüler lassen sich Wahlzettel für die U18 Wahl aushändigen 2 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Schwedisches Patrouillenschiff 3 min
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk