Frau hält ein Mobiltelefon auf dessen Display die Seite der AFD Politikerin Alice Weidel auf Plattform TikTok zu sehen ist.
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Bundestagswahl 2025 Analyse: AfD dominiert weiter auf TikTok

14. Dezember 2024, 08:38 Uhr

Eine halbe Million Menschen folgen der AfD auf TikTok. Die Partei und ihre Politiker sind schon lange auf der Social-Media-Plattform präsent und entsprechend erfolgreich. Doch auch Sahra Wagenknecht und Bundeskanzler Scholz können über 400.000 Menschen für sich und ihre Videos begeistern. Die meisten Likes bekommt jedoch Heidi Reichinnek von der Linken.

Zwei Monate vor der Bundestagswahl dominiert die AfD weiterhin die Social-Media-Plattform TikTok - mit fast 500.000 Followern und über acht Millionen Likes. Darauf folgt mit deutlichem Abstand die SPD. Ihrem Partei- und Fraktionskanal zusammen folgen rund 160.000 Menschen. Linke mit rund 86.000 und Grüne mit etwa 55.000 Followern rangieren im Mittelfeld. CDU und FDP können bisher jeweils nur knapp über 40.000 Menschen von sich auf TikTok begeistern. Am wenigsten erfolgreich ist bisher noch das "Bündnis Sahra Wagenknecht". Partei- und Fraktionskanal haben zusammen gerade einmal knapp über 30.000 Follower.

Weidel am erfolgreichsten

Deutlich erfolgreicher auf TikTok ist aber die BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht. Ihr folgen rund 474.000 Menschen. Nur etwas beliebter ist die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel mit 480.000 Followern. Sie besetzt damit Platz eins unter den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten. Weidel kommt genau wie Wagenknecht auch in vielen Videos auf den jeweiligen Parteikanälen vor.

Ähnlich wie Olaf Scholz auf Kanälen der SPD. Seinem persönlichen Kanal "Team Bundeskanzler" folgen über 400.000 Menschen. Mit seinen Videos erreicht er regelmäßig – wie auch Weidel oder Wagenknecht – Millionen Menschen. Das erfolgreichste unter allen Videos der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten ist eins, das Scholz zusammen mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius an einer offenen Rampe eines Bundeswehr-Hubschraubers zeigt. Es ist unterlegt mit HipHop-Musik. Dazu schreibt sein Team "Kein Schreibtisch-Tag."

Es funktioniert, weil es der Plattform-Logik entspricht: Unterhaltsamer Content, spektakuläre Bilder, untermalt mit Musik. Komplexe politische Sachverhalte ziehen in der Regel weniger. Weshalb auch auf den Kanälen der anderen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten Videos mit weniger politischen Inhalten gut performen. Wie Friedrich Merz, der sein Lieblingsessen verrät oder Christian Lindner, dem ein Mann erzählt, er fühle sich ihm verbunden, weil er auch arbeitslos sei.

Merz, Habeck und Lindner spät dran

Was auffällt: Wer schon länger auf TikTok ist – wie Sahra Wagenknecht (September 2022), Alice Weidel (August 2021) oder die Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek (November 2021) – hat schlicht mehr Follower. Scholz stellt aufgrund seiner Bekanntheit vermutlich eine Ausnahme dar (April 2024).

Reichinnek kann mit ihren linken politischen Inhalten rund 257.000 Menschen als Follower gewinnen. Mit fast neun Millionen Likes für ihre Videos rangiert sie in dieser Kategorie sogar vor Wagenknecht, Scholz und Weidel, die mehr Follower haben als sie. Merz (November 2023), Habeck (April 2024) und Lindner (Oktober 2024) sind dagegen erst spät mit eigenen Kanälen zu TikTok gekommen. Entsprechend klein – Merz mit rund 32.000 Followern, Habeck mit rund 57.000 Followern, Lindner mit rund 38.000 Followern – ist noch ihre Gefolgschaft.

Keine Überraschung bei den Themen

Die Themen, mit denen die Parteien oder Spitzenkandidatinnen und -kandidaten auf TikTok punkten, hängen von ihren politischen Schwerpunkten ab. Oppositionspolitikerinnen und -politiker wie Merz, Weidel oder Wagenknecht arbeiten sich oft an der Regierung ab. Von CDU-Seite geht es in vielen Videos um das Bürgergeld oder die Wirtschaftspolitik. Weidel als AfD-Politikerin bespielt erwartungsgemäß die Themen Asyl/Migration/Flüchtlinge. Wagenknecht spricht oft über die Ukraine und Russland sowie Friedenspolitik. Von Reichinnek und Jan van Aken, den beiden Spitzenkandidaten der Linkspartei, wird das Thema soziale Gerechtigkeit aufgemacht, ebenso wie bezahlbares Wohnen oder die Besteuerung von Reichen. Reichinnek spricht zudem oft übers Gendern und die AfD.

Lindner als ehemaliger Bundesfinanzminister greift Finanzthemen wie Steuerentlastungen oder die Aktienrente auf. Habeck als Bundeswirtschaftsminister und Grünen-Politiker macht gerne Videos über die klimaneutrale Zukunft und seine Wirtschaftspolitik sowie den Haushalt. Bundeskanzler Scholz kann man bei TikTok auf seinen Auslandsreisen begleiten. Dementsprechend oft geht es in seinen Videos um Sicherheitspolitik und den Krieg in der Ukraine.

AfD-Politiker dominieren TikTok

Abseits der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten sind noch etliche andere Politikerinnen und Politiker auf TikTok unterwegs. Auch hier dominiert die AfD. Viele Männer aus der Partei haben Kanäle mit vielen Followern. Ulrich Siegmund, AfD-Fraktionsvorsitzender in Sachsen-Anhalt, führt die Liste mit 464.000 Followern an. Auf ihn folgt Miguel Klauß, ein AfD-Landtagsabgeordneter aus Baden-Württemberg, mit 363.000 Followern. Ein Blick durch die Accounts der AfD-Politiker zeigt aber, nicht jedes ihrer Videos ist erfolgreich. Offenbar reichen ein Handvoll Videos mit sehr großen Reichweiten, um eine große Followerschaft aufzubauen.

Das Alter spielt keine Rolle

Die anderen Parteien verfügen dagegen nur vereinzelt über solche Profile. Für die Union sticht Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, heraus. Er hat fast 220.000 Follower. Ebenfalls sehr erfolgreich ist Uwe Dorendorf (137.000 Follower), ein CDU-Landtagsabgeordneter aus Niedersachsen. Er postet oft witzige, sehr kurze Videos, die gut performen. Dass er deutlich älter ist, als die Stamm-Userschaft von TikTok, ist für seine Reichweite offenbar kein Problem. Ebenso wie für Thomas Sattelberger (ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Bildungsministerium) und Wolfgang Heubisch (ehemaliger bayerischer Staatsminister). Die beiden FDP-Politiker begeistern zwischen 100.000 und 160.000 Menschen für ihren Content, obwohl beide über 75 Jahre alt sind. Mit ihren oft lustigen Videos erreichen sie sehr viele Menschen.

Bei der SPD ist Lutz Liebscher, ein Thüringer Landtagsabgeordneter mit fast 90.000 Followern deutlich erfolgreicher als beispielsweise Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (55.800 Follower) oder SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil (17.600 Follower). Auch bei Linken und Grünen kommen bekannte Gesichter wie Ricarda Lang (33.000 Follower) oder Gregor Gysi (39.900 Follower) nicht auf eine große Gefolgschaft. Wobei Gysi zuletzt trendet. Videos mit ihm wie "Mission Silberlocke" oder "DJ Gysi vs. Gysi" laufen ziemlich gut. Auch Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay schaffte mit einem Video zum Shirin David-Song "Bauch Beine Po" einen viralen Hit.

Was noch auffällt: In Videos tauchen immer wieder Politikerinnen und Politiker auf, die keinen eigenen Kanal haben. Wie Philipp Amthor von der CDU. Ein Video mit ihm garantiert oft gute Reichweiten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. Dezember 2024 | 09:00 Uhr

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