Atomkraft-Ausstieg Deutschland und die lange Suche nach einem Endlager für Atommüll
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26. März 2023, 05:00 Uhr
In diesen Tagen endet in Deutschland das Zeitalter der Atomkraft. Der Ausstieg wurde mehrmals verschoben. Doch nun ist es soweit: Mitte April fahren die letzten drei Atomkraftwerke herunter. Eine Ära endet, doch ein anderes Kapitel ist noch immer unvollendet: die Suche nach einem Atommüll-Endlager.
- Bester geologischer Standort gesucht.
- Ergebnis frühestens 2042 erwartet.
- Komplexes und langwieriges Verfahren.
Deutschland sucht das Endlager: ein Ort, der Sicherheit vor den strahlenden Hinterlassenschaften der Kernkraftwerke für immerhin eine Million Jahre bieten soll. Eingeschlossen in Granit, Salz- oder Tongestein soll der Müll aus 66 Jahren Energieerzeugung unter deutscher Erde für immer ruhen.
Dabei gehe es nicht um irgendeinen Ort, erklärt Steffen Kanitz, Vorsitzender der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), sondern um den besten Ort: "Wir suchen den bestmöglichen Standort in einem vergleichenden Verfahren in allen drei Wirtsgesteinen." Deutschland sei gesegnet mit einer "superguten Geologie". Man könne nicht aus dem hohlen Bauch heraus sagen, welche Gebiete nicht in Frage kommen, sondern man müsse sich in diesem Verfahren dem bestmöglichen Standort sukzessive nähern und ihn am Ende auch festlegen.
Ergebnis nicht vor 2042 erwartet
Die Suche sollte eigentlich innerhalb der nächsten Jahre abgeschlossen sein. Ein Gesetz von 2017 sah vor, in drei Phasen den bestmöglichen Standort bis 2031 gefunden zu haben. Das war offenbar von Anfang an ein unmöglicher Zeithorizont. Aktuell kommt noch das halbe Land dafür in Frage. Nach Angaben von Kanitz steht 2027 der nächste große Schritt an: "Wir werden sogenannte Standortregionen veröffentlichen, wo wir eine gute Geologie vermuten, die wir dann in dem nächsten Verfahrensschritt – nämlich in der Phase zwei – von der Oberfläche aus erkunden. Das heißt, wir werden sie erbohren."
Der BGE-Vorsitzende kündigte außerdem an, eigene seismische Untersuchungen zu machen. Dabei solle festgestellt werden, ob die Geologie sich in der Realität genauso gut verhalte, wie man das anhand der vorliegenden Daten vermuten könnte. "Wir erwarten etwa zehn Standortregionen, die wir dort präsentieren können."
Aus zehn Regionen, die weiter untersucht werden, folgen in Phase drei mindestens zwei Standorte. Dort sollen möglicherweise eigene Bergwerke gebaut werden, um unter der Erde zu überprüfen, wie gut das Gestein der Wärmestrahlung des Atommülls stand halten könnte. All das erfordert sehr viel Zeit. Die BGE rechnet frühestens 2042, aber eher in der späten zweiten Hälfte des Jahrhunderts mit einem Endergebnis. Für Bau und Einlagerung der strahlenden Hinterlassenschaften müssen weitere Jahrzehnte veranschlagt werden.
Komplexes und langwieriges Verfahren
Arnjo Sittig, der als Vertreter der jungen Generation im Nationalen Begleitgremium sitzt, welches die Endlagersuche kritisch unterstützt, bezeichnet das Verfahren zwar als komplex und langwierig. Es sei aber auch das Ergebnis eines schmerzhaften, gesellschaftlichen Lernprozesses.
Der 20-jährige Student aus Chemnitz erinnert in dem Zusammenhang an die Anti-AKW-Bewegung und den Kampf um Gorleben: "Man hat ja damals Gorleben als Standort entschieden und hat sozusagen auch die Öffentlichkeit nicht beteiligt. Und das soll jetzt anders sein." So gebe es zum einen die Beteiligungsformate und zum anderen das Nationale Begleitgremium. Das solle sicherstellen, dass das Verfahren transparent und partizipativ ablaufe, erklärt Sittig: "Die Arbeitsschritte und all diese Punkte sind eben dazu da, Vertrauen in das Verfahren zu schaffen, weil es ganz wichtig ist, damit am Ende auch ein Standort akzeptiert wird in der Bevölkerung."
Momentan liegt der radioaktive Müll in ganz Deutschland verteilt oberirdisch in Zwischenlagern – überwacht von der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung. Allerdings laufen in den nächsten zehn Jahren die ersten Genehmigungen für die Abfallbehälter aus. So lange war ihre Nutzung nicht vorgesehen. Nun müssen sie noch deutlich länger in Betrieb bleiben, bis wir die letzte Ruhestätte der Kernkraft gefunden haben.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 25. März 2023 | 13:47 Uhr