Radioaktivität Atommüll: 90 potenzielle Endlager-Regionen
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28. September 2020, 14:44 Uhr
Welche Regionen in Deutschland sind geologisch dafür geeignet, dort strahlenden Atommüll eine Million Jahre sicher zu lagern? Die Bundesgesellschaft für Endlagerung hat 90 dieser Gebiete in Deutschland identifiziert.
Über 60 Jahre lang hat Deutschland Strom mit Atomkraftwerken erzeugt. Neben schwach- und mittelradioaktiven Abfällen sind dadurch auch etwa 27.000 Kubikmeter hochradioaktiver Müll aus den Reaktoren entstanden. Wohin damit? În der Vergangenheit nahmen Politiker vor allem abgelegene Gegenden wie das niedersächische Wendland in den Blick. Diese Herangehensweise stieß auf den massiven Protest von Atomkraftgegnern. Sie verlangten eine auf wissenschaftlichen Kriterien fußende Entscheidung. Diesen Anspruch will die seit sieben Jahren neu angelaufene Endlagersuche erfüllen. Jetzt hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung einen ersten Zwischenbericht vorgelegt, wonach rund 90 Regionen in Deutschland in Frage kommen.
Sachsen-Anhalt verfügt über alle potenziellen Wirtsgesteine für ein Atommüllendlager
Betrachtet wurden die sogenannten Wirtsgesteine Ton, Steinsalz und Granit. Jede dieser Formationen hat spezifische Vor- und Nachteile. Granit etwa ist sehr massiv und schirmt daher Strahlung gut ab. Allerdings sind Granitschichten brüchig, damit kann häufig Wasser in diese Formationen eindringen. Ton wiederum ist weich und schließt radioaktive Teilchen gut ab. Die Wärme, die besonders der hochradioaktive Müll entwickelt, leitet er aber nicht gut ab. Salz wiederum leitet Wärme ab und ist weich genug, um eventuelle Risse schnell wieder zu schließen. Allerdings ist es wasserlöslich und daher gefährdet, wenn Wasser eindringt. Das ist beispielsweise im ehemaligen Salzbergwerk Asse der Fall, in das ebenfalls Atommüll eingelagert wurde, der jetzt in einem extrem aufwendigen Verfahren zurückgeholt werden soll.
Die 90 benannten Teilgebiete sind praktisch über ganz Deutschland verteilt. Neben Norddeutschland sind diesmal auch Bayern und Baden-Württemberg vertreten. Auch im Osten haben die Wissenschaftler 22 potenzielle Standortregionen ausgemacht. Sachsen-Anhalt etwa verfügt über alle drei potenziellen Wirtsgesteine. Lediglich im Westen an der Grenze zu Belgien, Luxemburg und Frankreich konnten keine potenziellen Standorte gefunden werden. Dort gefährden vulkanische und tektonische Aktivitäten im Untergrund die langfristige Stabilität eines Lagers. Auch das lange als Endlager gehandelte Gorleben ist nicht mehr vertreten.
Die neue Standortsuche soll bis 2031 abgeschlossen sein
Im Gegensatz zu früheren Versuchen, ein Endlager zu finden, geht der neue Prozess auf zahlreiche Kritikpunkte der Atomkraftgegner ein. So soll die Auswahl öffentlich und transparent stattfinden, streng nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen und so die größtmöglicher Sicherheit für die Lagerung des gefährlichen Mülls bieten. Beim Auswahlprozess sollen Bürger und Kritiker eingebunden werden. Bis 2031 soll so der bestgeeignete Standort gefunden sein, in dem die strahlenden Altlasten mindestens eine Millionen Jahre lang sicher verwahrt werden können.
Der jetzt veröffentlichte Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung ist der erste öffentliche Meilenstein des neuen Verfahrens. Bei einer Fachkonferenz am 17. und 18. Oktober wollen die Wissenschaftler ihre Auswahl detailliert begründen und die weiteren Schritte erläutern.
Die DDR lagerte in Morsleben, die BRD wollte Gorleben
Die in der Vergangenheit erkundeten und teilweise bereits in Betrieb gegangenen Endlager sind größtenteils gescheitert. Die DDR lagerte ihren Atommüll ab 1972 in ein altes Salzbergewerk in Morsleben direkt an der Grenze zur Bundesrepublik ein. Die Grube ist allerdings instabil. Die von der BRD fortgesetzte Einlagerung wurde 1998 gestoppt. Die westdeutsche Regierung wiederum entschied sich zunächst aus politischen Gründen für einen Endlagerstandort im niedersächsischen Gorleben. Der Salzstock liegt in der schwach besiedelten Region Wendland, die in den 1980er-Jahren noch von drei Seiten von der DDR umgeben war.
Während das Bergwerk erkundet wurde, wurde aufbereiteter Atommüll in Form von Castorbehältern in das oberirdische Zwischenlager gebracht. Jahrzehntelanger heftiger Protest von Kritikern der Atomkraft und Anwohnern führte schließlich zum Stopp dieser Castor-Transporte. Mit den Standort-Auswahlgesetzen von 2013 und 2017 wurde die Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle schließlich neu angestoßen.
Ein Endlager existiert bereits
Lediglich für schwach- und mittelradioaktive Abfälle existiert bereits ein genehmigtes Endlager im niedersächsischen Salzgitter. Der dortige Schacht Konrad ist ein aufgegebenes Eisenerzbergwerk, das durch eine Tonschicht von der Oberfläche getrennt ist. Schacht Konrad wird derzeit ausgebaut. Laufen alle Arbeiten nach Plan, soll dort ab 2027 mit der Einlagerung begonnen werden.
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