Zeiterfassung an einem elektronischen Terminal
Ute Zacharias vom Verband der Wirtschaft Thüringens lehnt eine generelle Arbeitszeiterfassung ab und befürwortet stattdessen flexiblere Arbeitszeiten. Bildrechte: IMAGO / Frank Sorge

Mitteldeutschland Geplante Arbeitszeiterfassung sorgt für unterschiedliche Reaktionen

20. April 2023, 11:44 Uhr

Das Bundesarbeitsministerium hat einen Gesetzentwurf zur elektronischen Zeiterfassung für Beschäftigte erarbeitet. Damit reagiert das Ministerium auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts. Die Lehrergewerkschaft GEW in Sachsen-Anhalt begrüßt die Pläne. Kritik kommt aus der Wirtschaft.

Rumgesprochen hat sich der Gesetzentwurf noch nicht. Viele Arbeitgeber und Gewerkschaften haben von den Plänen des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil noch nichts gehört. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Sachsen-Anhalt befürwortet den Entwurf aber.

Dass die Arbeitszeit der Beschäftigten stärker überwacht wird, sei längst überfällig, sagt die Vorsitzende Eva Gerth: "Es gibt ja Höchstarbeitszeiten am Tag. Es gibt Arbeitszeiten, die durch Pausen unterbrochen werden müssen. All das sollte natürlich erfasst werden, einfach damit wir geschützt sind, damit sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch nicht übernehmen und zu viel arbeiten."

Reale Arbeitszeit erfassen

Bisher sei es unter den Lehrerinnen und Lehrern nicht üblich, dass Arbeitszeiten gemessen werden. Gerade in Sachsen-Anhalt sei das ein Problem, sagt Gerth. Sie meint die sogenannte Vorgriffsstunde, die die Landesregierung vor Kurzem eingeführt hatte. Ab sofort müssen Lehrkräfte demnach eine Stunde mehr pro Woche unterrichten. Damit soll der Lehrermangel abgefedert werden.

Gerth sagt: "Unser Bildungsministerium hat natürlich vorher nicht geguckt, ob die Lehrkräfte genug arbeiten, ob die tagtägliche Arbeitszeit, die wöchentliche, die jährliche Höchstarbeitszeit überschritten ist. Eine solche Arbeitszeiterfassung kann letztendlich dazu beitragen, dass eine reale Arbeitszeit dargestellt wird."

Wirtschaft für flexible Lösung

Ute Zacharias lehnt eine generelle Arbeitszeiterfassung ab. Sie ist Sprecherin des Verbands der Wirtschaft Thüringens. Statt nur auf feste Höchstarbeitszeiten zu achten, sei es sinnvoller, den Betrieben flexiblere Zeiten zu erlauben.

Zacharias erklärt: "Wir wissen das ja nun auch gerade durch Corona, da haben sich die Arbeitszeiten und -weisen sehr geändert. Es gibt Unterbrechungen am Nachmittag, weil man sich um Kinder kümmert und dann abends weiterarbeitet. Da werden sie auf keine elf Stunden kommen in der Unterbrechung. Das wollten wir gerne, dass da mehr Flexibilisierung möglich ist."

Analoge Ausnahme

Mit elf Stunden Unterbrechung meint Zacharias die Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen. Dazu sind Arbeitgeber nach dem Gesetz verpflichtet.

Für das neue Gesetz ist geplant, die Arbeitszeit elektronisch aufzuzeichnen. Etwa mit einer ganz gewöhnlichen Exceltabelle, mit speziellen Zeiterfassungsgeräten oder per App auf dem Smartphone. Steigt damit auch die Kontrolle über Arbeitnehmer?

Die Gefahr sei da, sagt Markus Schlimmbach, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen. Trotzdem macht er sich keine Sorgen angesichts der zunehmend eingesetzten elektronischen Zeiterfassungssysteme.

"Es gibt vieles auf dem Markt, was durchaus jetzt schon eingesetzt wird. Das ist kein neues Instrument. Da sind auch die Überwachungen durchaus gut eingegrenzt worden und beherrschbar geworden. Es ist wichtig, dass Betriebsräte dort mitgestalten können."

Es soll aber auch Ausnahmen bei der Zeiterfassung geben. So können sich Tarifparteien auch darauf einigen, die Arbeitszeit nicht elektronisch, sondern analog auf einem Blatt Papier festzuhalten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. April 2023 | 06:00 Uhr

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