Die Schauspieler Veit Schubert (l-r), Max Gindorf, Constanze Becker, Oliver Kraushaar, Andreas Beck, spielen bei einer szenischen Lesung auf der Bühne des Berliner Ensemble weitere Details zu einem Treffen von AfD-Politikern, Rechtsextremisten und Unternehmer.
Im Berliner Ensemble wurde die "Correctiv"-Recherche zum Rechtsextremen-Treffen in Potsdam vorgestellt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Carsten Koall

"Correctiv"-Recherche AfD-Mitarbeiter soll Schläger auf Kronzeugen im Fall "Lina E." angesetzt haben

18. Januar 2024, 13:40 Uhr

Ein Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten soll rechtsextreme Schläger auf einen Kronzeugen im Fall "Lina E." angesetzt haben. Das enthüllte "Correctiv" nun bei einer szenischen Lesung im Berliner Ensemble. Der Beschuldigte wies die Vorwürfe zurück.

Eine Woche nach ersten Berichten über ein Treffen von rechtsextremen Aktivisten mit Politikern beziehungsweise Mitgliedern von AfD und CDU in Potsdam hat das Medienhaus "Correctiv" weitere Details enthüllt. Dabei geht es um einen wissenschaftlichen Mitarbeiter des aus Magdeburg stammenden AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt und um angebliche Aktionen gegen linke Aktivisten. Bei dem Mann handelt es sich um einen wegen Körperverletzung vorbestraften langjährigen führenden Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung.

Was ist die Identitäre Bewegung? Die Identitäre Bewegung bezeichnet eine Gruppierung rechtsextremer und neu-rechter Aktivisten. Sie vertreten das Konzept des "Ethnopluralismus", wonach die Idealform einer staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung in einem ethnisch und kulturell homogenen Staat besteht. Weiterhin vertreten die Identitären klassische islamfeindliche, rassistische und demokratiefeindliche Positionen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft den deutschen Ableger als rechtsextrem ein.

Gewaltbereiter Neonazi im Kampf gegen Links

Am Mittwoch veröffentlichte "Correctiv" diesen weiteren Aspekt der Recherche. Parallel dazu präsentierte das Berliner Ensemble die Enthüllungen zu dem Geheimtreffen bei einer szenischen Lesung. Demzufolge hatte sich der Mitarbeiter bei dem Treffen mit Gewalttaten sowie an der politischen Fahndungsplattform "Dokumentation Linksextremismus" auf der Online-Plattform "X" (ehemals Twitter) gebrüstet. Der Kanal verbreitet Fotos, Namen und weitere Daten linker Akteure.

AfD-Mitarbeiter weist Vorwürfe zurück

Nach Angaben von "Correctiv" hat sich der Mann weiterhin bei dem Treffen selbst als "gewaltbereiten Neonazi" bezeichnet, der im Kampf gegen Linke auf Gewalt und Medienarbeit setze. 2021 habe er den Aufenthaltsort eines Antifa-Aktivisten verbreitet und an "polnische erlebnisorientierte Fußballkreise" weitergegeben. Weniger später sei der Autonome dann "sehr handfest und sportlich" auf der Straße konfrontiert worden. Bei dem Opfer soll es sich um einen Kronzeugen im Verfahren gegen die verurteilte Linksextreme Lina E. handeln. Auf "Correctiv"-Anfrage bestritt der AfD-Mitarbeiter, dass er den Angriff organisiert oder herbeigeführt habe.

Mitarbeiter bestätigt Anwesenheit, bestreitet Aussagen

Der betroffene Mann bestätigte, dass er bei dem Potsdamer Treffen am 25. November anwesend gewesen sei und Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten sei. Die angeblich gemachten Aussagen bestritt er auf "Correctiv"-Nachfrage. "Ich habe niemals einen "Schlägertrupp" auf irgendjemanden angesetzt." Gewalt lehne er aus Überzeugung ab. Er habe aber an besagtem Tag in seiner Tätigkeit als freier Journalist gesprochen und lediglich am Rande erwähnt, Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten zu sein.

Angesprochen auf die Teilnahme seines Mitarbeiters an dem Treffen in Potsdam teilte der Abgeordnete Jan Wenzel Schmidt mit, dass der Mitarbeiter kein Mitglied der AfD sei und keinen "Zugang zu Verschlusssachen oder dergleichen" habe. Die Frage, ob der Mann Mitarbeiter bleiben werde, ließ Schmidt unbeantwortet.

Thüringer Linke kritisiert Tätigkeit im Bundestag

Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) äußerte sich gegenüber "Correctiv" kritisch bezüglich der Tätigkeiten des AfD-Mitarbeiters im Bundestag. Durch seine Arbeit habe er "Zugriff auf Informationen, an die nicht jeder kommt." Der Mann hingegen teilte mit, als wissenschaftlicher Mitarbeiter ausschließlich mandatsbezogen an Sach- und Öffentlichkeitsarbeit zu arbeiten. "Von mir geht für niemanden im Deutschen Bundestag oder anderswo ein Risiko aus."

Katharina König-Preuss
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) sieht die Tätigkeit des AfD-Mitarbeiters im Bundestag kritisch. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Bundestag befasst sich mit Potsdamer Treffen

Auch im Bundestag steht das Geheimtreffen am Donnerstag im Rahmen einer Aktuellen Stunde auf der Agenda. Die einstündige Debatte wurde von den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP beantragt. Sie trägt den Titel "Wehrhafte Demokratie in einem vielfältigen Land – Klare Kante gegen Demokratiefeinde und Vertreibungspläne".

Deutschlandweit Demonstrationen gegen Rechts

Bei dem Treffen in Potsdam im November letzten Jahres sprachen die Teilnehmer laut "Correctiv" über Pläne, massenweise Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland auszuweisen beziehungsweise zu vertreiben. Teilgenommen haben bekannte rechtsextreme Aktivisten, Unternehmer, AfD-Politiker sowie CDU-Mitglieder, laut "Correctiv" Mitglieder der "Werteunion".

In Folge der Veröffentlichung der Recherche haben in den vergangenen Tagen deutschlandweit tausende Menschen gegen Rechtsextremismus demonstriert. Am Mittwoch kam es zu Demonstrationen in Berlin und Freiburg. Der Polizei zufolge nahmen dabei in der Hauptstadt etwa 3.500 Menschen an den Protesten teil. In Freiburg sprach die Polizei von bis zu 7.000 Demonstrierenden. Auch in Mitteldeutschland sollen in den kommenden Tagen weitere Demonstrationen stattfinden. So beispielsweise in Leipzig, Erfurt oder Jena.

Correctiv, dpa, AFP (mbe)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Januar 2024 | 06:00 Uhr

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