BR-Recherche AfD im Bundestag beschäftigt mehr als 100 Rechtsextreme

12. März 2024, 20:34 Uhr

Für die AfD-Bundestagsfraktion und ihre Abgeordneten sollen mehr als 100 Personen aus dem rechtsextremen Spektrum arbeiten. Das geht aus Recherchen des Bayerischen Rundfunks hervor. Unter ihnen befinden sich Aktivisten aus dem Umfeld der "Identitären Bewegung", ideologische Vordenker aus der "Neuen Rechten" und mehrere Neonazis.

Für die AfD im Bundestag arbeiten mehr Rechtsextreme als bisher bekannt. Recherchen des Bayrischen Rundfunks (BR) haben ergeben, dass über die Hälfte der 78 AfD-Abgeordneten Mitarbeiter beschäftigt, die in als rechtsextrem eingestuften Organisationen tätig sind. Das sei auch bei den Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla der Fall.

Insgesamt gebe es mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter, darunter Neonazis sowie Vertreter der "Identitären Bewegung" und der "Neuen Rechten". Der BR hatte die Fraktion, ihre Abgeordneten und ihre Mitarbeiter nach eigener Aussage um eine Stellungnahme gebeten. Die meisten Anfragen seien aber unbeantwortet geblieben.

Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel wies die Vorwürfe nach der Veröffentlichung nun zurück und warf dem Sender "Gesinnungsaktivismus" vor. Sie sieht in dem Bericht einen Versuch, "die AfD weiter zu diskreditieren".

Die Veröffentlichung sei an dem Tag "platziert" worden, an dem die Verhandlung vor dem nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht in Münster über die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz begonnen habe. In dem Verfahren entscheidet sich, ob die AfD als Gesamtpartei von den Verfassungsschützern als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt werden darf.

Genaue Mitarbeiterzahl unbekannt

Wie viele Menschen insgesamt für die AfD im Bundestag arbeiten, ist den Angaben des Bayerischen Rundfunks zufolge nicht bekannt. Mithilfe von internen Namenslisten aus dem Bundestag und Mitgliederverzeichnissen der AfD-Fraktion konnte der BR jedoch mehr als 500 Mitarbeiter von Fraktion und Abgeordneten identifizieren. Die Fraktion selbst spricht von 182 Mitarbeitern (Stand: 16. Februar). AfD-Co-Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla betonte, dass man zwischen Mitarbeitern der Fraktion und denen von Abgeordneten unterscheiden müsse.

Für ihre Mitarbeiter steht der AfD-Fraktion und ihren Abgeordneten ein Budget von mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, sagte dem BR, Mitarbeiter mit einer Verbindung zu rechtsextremen Kreisen seien eine Gefahr. Man müsse überlegen, ob Verfassungsfeinde, die im Bundestag arbeiten, weiterhin aus Steuergeld bezahlt werden sollten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser schlug in der "Rheinischen Post" vor, dass der Bundestag seine eigenen Regeln überprüfen und Verschärfungen diskutieren sollte. "Da hält sich die Regierung wegen der Gewaltenteilung heraus. Klar ist aber: Wir sind eine wehrhafte Demokratie und müssen alle Mechanismen nutzen, um diese vor ihren Feinden zu schützen", sagte die SPD-Politikerin.

Berufungsverfahren am OVG Münster gestartet

Das Berufungsverfahren der AfD gegen den Verfassungsschutz hat indes am Dienstag begonnen. Die Partei von Weidel und Chrupalla will vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster erreichen, dass der Verfassungsschutz seine Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall zurücknimmt. Noch bevor das OVG am Dienstag in die inhaltliche Auseinandersetzung einstieg, forderte AfD-Anwalt Christian Conrad eine Vertagung.

Zudem forderte der Anwalt Einsicht in Gutachten zur AfD aus Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie in eine bislang nicht veröffentlichte neue Einschätzung zur Gesamtpartei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Diese Anträge wurden ebenso wie Einwände der AfD gegen die Besetzung des Senats abgelehnt.

ARD/BR/dpa/Reuters(akq/jst/pfh)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 12. März 2024 | 07:37 Uhr

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