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"Signal-Gate" in den USA Messenger Signal: Sicher, aber für Regierungszwecke ungeeignet

28. März 2025, 12:07 Uhr

Eine Sicherheitspanne im Weißen Haus hat dafür gesorgt, dass der Messenger Signal weltweit in aller Munde ist. Ein US-Journalist ist von hochrangigen Regierungsmitgliedern versehentlich in eine vertrauliche Chatgruppe zu den Angriffen auf die radikal-islamische Huthi-Miliz im Jemen einbezogen worden. Die App gilt Experten zufolge als sehr sicher – für Regierungszwecke eignet sie sich jedoch nicht.

Nikta Vahid-Moghtada
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Messenger-Apps auf privaten Mobiltelefonen zu beruflichen Zwecken zu nutzen, gilt oft als umstritten, doch vor allem in Regierungskontexten gelten noch einmal verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Umso größer ist daher die Aufregung nach den jüngsten Geschehnissen in den USA: Ein Journalist wurde, offenbar versehentlich, zu einer Chatgruppe im Messengerdienst Signal hinzugefügt. Darin wurden Details zum Angriff auf die Huthi-Miliz im Jemen besprochen. Beteiligt waren US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, Vizepräsident J.D. Vance und weitere Schlüsselfiguren der US-Regierung.

Signal: US-Verteidigungsministerium warnte vor Nutzung der App

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa gibt es in den USA zwar keine gesetzlichen Bestimmungen, die US-Regierungsmitgliedern die Nutzung von Signal generell ausdrücklich verbietet. Dass aber die US-Regierung die Nutzung von Signal für dienstliche Zwecke kritisch sieht, zeigt eine interne Mitteilung des US-Verteidigungsministeriums, die laut dem US-Radiosender NPR in der vergangenen Woche versandt wurde. Das Ministerium warnte demnach davor, Signal zu nutzen, mit besonderem Augenmerk auf Hacker aus Russland. Diese versuchten, so die Befürchtung, sich Zugang zu Geräten zu verschaffen, die mit einem Signal-Account gekoppelt seien.

Für den Austausch politisch sensibler Themen gelten daher strenge Sicherheitsvorschriften. Für solche Unterhaltungen vorgesehen sind unter anderem besonders abgeschirmte Räume ("Sensitive Compartmented Information Facility") oder, wenn sie digital stattfinden, speziell gesicherte IT-Geräte oder Smartphones.

Der Messenger Signal steht nicht im Zentrum der Kritik

Nun also die Frage nach der Schuld, die Frederick Richter, Vorstand der in Leipzig ansässigen Stiftung Datenschutz, ganz klar beantwortet: "Der Dienst Signal selbst steht nicht im Zentrum der Kritik", sagt Richter im Gespräch mit MDR AKTUELL.

Frederick Richter, Vorstand der Stiftung Datenschutz.
Frederick Richter, Vorstand der Stiftung Datenschutz. Bildrechte: MDR/Stiftung Datenschutz

"Ich habe noch nie davon gehört, dass die Verschlüsselung von Signal gehackt worden wäre. Am Ende des Tages geht es um Verantwortung und Rechtsförmlichkeit. Rechtmäßig war es nicht, diesen Dienst zu nutzen, weil es Vorschriften gibt, bestimmte, restriktivere Datenräume zu nutzen." Richter sieht im sogenannten Signal-Gate eher menschliches Versagen und eine Verantwortungslosigkeit der beteiligten Personen.

Ähnlich äußert sich der Digitalexperte und Rebublica-Mitgründer Markus Beckedahl im Gespräch mit MDR AKTUELL. Allgemein sei die App Signal im Moment der sicherste und vertrauenswürdigste Messenger auf dem Markt, sagt Beckedahl. "Dahinter befindet sich eine Stiftung, die den Messenger Open-Source weiterentwickelt und explizit kein Geschäftsmodell verwendet, sondern sich vor allem durch Spenden finanziert. Die kryptografischen Verfahren sind dabei offen. Das bedeutet, Expertinnen und Experten weltweit haben Zugriff auf den Code und die Verschlüsselung und können Hinweise auf etwaige Sicherheitslücken geben", sagt Beckedahl. Diese Transparenz sorge für besonders viel Vertrauen in die Sicherheit der Verschlüsselung.

Beckedahl: Rücksichtsloses Verhalten fernab jeglicher Transparenz

Für Regierungszwecke ungeeignet hält er die App dennoch. "Zum einen besteht die Verpflichtung zur Dokumentation von Regierungshandeln.

Markus Beckedahl
Der Digitalexperte Markus Beckedahl. Bildrechte: IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Früher wurden Akten abgelegt, damit die Kommunikation nachvollziehbar sein konnte. Heute findet das natürlich alles digital statt." Das werde durch Signal umgangen. Die Wahl eines Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messengers wie Signal zeige Tendenzen, fernab einer Transparenzpflicht kommunizieren zu wollen, sagt Beckedahl. Signal ermöglicht es, in einem geschützten Raum zu agieren. Auch die Nutzung privater Telefone entspreche den Sicherheitsanforderungen einer Regierung nicht, sagt Beckedahl.

Er sieht im "Signal-Gate" ein rücksichtsloses Verhalten, das Transparenzpflichten missachte. "Seit Donald Trumps Amtsantritt erleben wir ein Verhalten, das gegen alle Regeln, alle Anstandsnormen verstößt. Angefangen bei Elon Musk, der ohne Regierungsamt Daten von Behörden anzapft und kopiert", sagt Beckedahl. Das gleiche einem "digitalen Putsch ohne Panzer".

Wie funktioniert Signal?

In Signal versendete Nachrichten werden per Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gesichert: Das bedeutet, eine Nachricht wird beim Versenden verschlüsselt und kann ausschließlich vom Empfänger der Nachricht gelesen werden. Weder Netzanbieter noch die Firma Signal oder Hacker haben Zugriff auf den Inhalt. Auch andere populäre Messengerdienste wie WhatsApp oder iMessage bieten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an. Aber anders als Apple und die WhatsApp-Mutterfirma Meta schützt Signal auch sämtliche sogenannte Metadaten der Chats, also etwa die Nummern von Absender und Empfänger, die Uhrzeit, zu der Nachrichten versendet werden, und die IP-Adresse der Geräte. (Quelle: AFP)

Wem gehört Signal?

Der Messengerdienst gehört heute der Signal Foundation, einer gemeinnützigen Stiftung. Entwickelt worden war die App vom 2010 gegründeten Unternehmen Whisper Systems, das 2011 vom Betreiber des damaligen Kurznachrichtendiensts Twitter übernommen wurde. 2018 lagerte Whisper Systems die App dann in die neue Signal Foundation aus.  Dass Signal – anders als die meisten Konkurrenzdienste – von einer nicht auf Profit ausgerichteten Firma betrieben wird, trägt zu dem Vertrauen in den Datenschutz bei, das viele Nutzer in das Programm haben. Die Vorsitzende der Signal Foundation ist die frühere Google-Mitarbeiterin Meredith Whittaker. Sie äußert sich immer wieder kritisch zu den Geschäftsmodellen von Digitalunternehmen, die auf dem Sammeln von Nutzerdaten beruhen. (Quelle: AFP)

Wie steht es um den Datenschutz bei Signal?

Datenschützer Frederick Richter sind keine Datenschutzmängel bei Signal bekannt. "Die Dienste Wire und Threema haben einen noch besseren Datenschutz, weil man sie ohne Mobilfunknummer nutzen kann. Außerdem hosten sie ihre Daten selbst und speichern sie nicht, wie Signal es tut, auf kommerziellen Clouds."

Zu den Hintergründen:

Jeffrey Goldberg, US-Journalist und Chefredakteur der Zeitschrift "The Atlantic" ist von hochrangigen Regierungsmitgliedern offenbar versehentlich in eine vertrauliche Chatgruppe zu den Angriffen auf die radikal-islamische Huthi-Miliz eingeladen worden. Goldberg berichtete selbst, er habe am 13. März eine Einladung zu einer verschlüsselten Gruppe auf der Messenger-App Signal mit dem Namen "Houthi PC small group" erhalten, zu der auch US-Vizepräsident JD Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth gehörten. In der Chatgruppe seien Militär-Aktionen gegen die Huthis koordiniert und Angriffsziele und Zeitpläne geteilt worden.

MDR, mit Informationen von AFP, dpa,Reuters

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 26. März 2025 | 08:12 Uhr

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