Fragen und Antworten Organspende-Register: Blieb der Ansturm aus?
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01. Juni 2024, 05:00 Uhr
Wer nach seinem Tod Körperorgane zur Spende freigeben möchte, kann das seit 18. März online im Organspende-Register vermerken. Rund 50.000 Menschen haben sich allein in den ersten Tagen nach Veröffentlichung registriert. Rund 120.000 Menschen waren es Ende Mai. Zu wenig, sagen Experten und wollen zum Tag der Organspende vor allem auch für das Register werben.
Inhalt des Artikels:
- Wie viele Menschen haben sich bisher im Organspende-Register registriert?
- Welchen Zweck hat das Organspende-Register?
- Wie viele Organe wurden deutschlandweit zuletzt gespendet?
- Wie viele Organspenden gab es in Ostdeutschland?
- Wie läuft das Online-Verfahren ab?
- Wie ist das Organspende-Register mit Krankenhäusern vernetzt?
- Bleibt der Organspendeausweis weiterhin gültig?
Wie viele Menschen haben sich bisher im Organspende-Register registriert?
Bis zum 27. Mai haben 120.100 Menschen ihre Erklärung im Organspende-Register eingetragen. Zum Ende der vergangenen Woche lag diese Ziffer noch bei 118.985 Registrierungen. Die Zahl der Einschreibungen wächst nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte stetig. Bereits drei Tage nach Veröffentlichung des Registers am 18. März hatten sich demnach schon mehr als 50.000 Menschen eingetragen.
Reicht die Zahl der registrierten Organspender aus?
Birgit Blome, Pressesprecherin der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), ist skeptisch: "Die erfreulich hohe Zahl der Registrierungen in den ersten Tagen nach Einführung des Registers ist sicherlich positiv zu bewerten. Allerdings setzte sich die Zahl der Registrierungen seitdem nicht in dem Tempo fort", sagt sie. Es könne noch Jahre dauern, bis ein signifikanter Teil der Bürgerinnen und Bürger ihren Willen im Register dokumentiert hätten, befürchtet sie.
Dagegen helfe vor allem eines: Aufklärungsarbeit. "Nur wenn möglichst viele Menschen ihren Willen im Register eintragen, kann das Portal eine wertvolle Ergänzung zum Organspendeausweis und zur Patientenverfügung sein", so Blome.
Welchen Zweck hat das Organspende-Register?
Es werden zu wenige Organe gespendet. Deutschland liegt im internationalen Vergleich seit Jahren im unteren Tabellendrittel bei der Zahl der Organspenden. 2023 gab es laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation 965 Menschen, die nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe spendeten. Zugleich warten aber mehr als 8.000 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan.
Viele Kliniken stehen vor dem Dilemma, dass Menschen, die für eine Organspende in Frage kommen, keine Festlegungen darüber getroffen haben. In Ungewissheit über den Willen der Verstorbenen fühlten sich Angehörige dann häufig überfordert und entscheiden sich deshalb gegen eine Transplantation, sagt auch Birgit Blome. Das digitale Spendenregister soll dabei helfen, dass möglichst viele Bundesbürger ihre Haltung zur Organspende klar dokumentieren.
Wie viele Organe wurden deutschlandweit zuletzt gespendet?
In den ersten vier Monaten 2024 hat es etwas weniger Organspender als im gleichen Zeitraum 2023 gegeben. Die vorläufige Statistik verzeichnet für Januar bis April bundesweit 292 postmortale Organspender, das sind 19 weniger als 2023. Das teilte die Deutsche Stiftung Organtransplantation mit. Es seien 888 Spender-Organe an die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant gemeldet worden; 2023 waren es in den ersten vier Monaten 954. Aktuell warteten in Deutschland knapp 8.400 Patienten auf ein geeignetes Spenderorgan. (Warteliste Ende 23: 8.716)
Wie viele Organspenden gab es in Ostdeutschland?
In der Region Ost (Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt) der DSO gab es im Jahr 2023 insgesamt 126 Organspenderinnen und Organspender (2022 waren es 112). Es konnten 351 Organe für die Transplantation entnommen werden (2022: 329). Rund 900 Menschen aus der Region standen Ende 2023 noch auf der Warteliste für eine Transplantation.
Welche Hindernisse für eine Organspende gibt es?
Die aktuelle bundesweite Entwicklung lasse wenig Hoffnung auf eine längst notwendige Trendwende für die fast 8.400 Menschen auf den Wartelisten, sagt DSO-Sprecherin Blome. Als eine der größten Herausforderungen bei der Realisierung von Spenden nennt sie medizinische Kontraindikationen aufgrund des steigenden Alters möglicher Spender. Die meisten Organspenden scheiterten aber auch 2023 an einer fehlenden Zustimmung, sagt sie. Aktuell liege nur bei 15 Prozent der möglichen Organspender ein schriftlicher Wille in Form eines Organspendeausweises oder einer Patientenverfügung vor. Hier könnte das Online-Register also helfen.
Wie läuft das Online-Verfahren ab?
Das Verfahren ist freiwillig und kostenlos. Wie der Organspendeausweis, die Patientenverfügung oder die elektronische Patientenakte soll das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte digitale Organspenderegister die Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende dokumentieren. Möglich ist das für Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr. Eine einmal hinterlegte Entscheidung kann jederzeit geändert und widerrufen werden. Auf der Seite der Krankenhäuser sollen auskunftsberechtigte Ärztinnen und Ärzte und Transplantationsbeauftragte auf das Register zugreifen können.
Wie ist das Organspende-Register mit Krankenhäusern vernetzt?
Das Register startet in mehreren Stufen. Vom 18. März an war es möglich, sich unter www.organspende-register.de einzutragen. Voraussetzung ist bisher ein Personalausweis mit Online-Funktion und PIN (eID). Ab Juli dieses Jahres ist in einem nächsten Schritt geplant, dass Kliniken, die Organe entnehmen, im Register hinterlegte Erklärungen suchen und abrufen können. Der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge gibt es rund 1.200 Entnahmekrankenhäuser in Deutschland.
Diese Krankenhäuser müssen dafür aus Datenschutzgründen eigens Personen benennen, die Zugang zum Register erhalten. Eine Abfrage ist dann zulässig, wenn der Tod eines möglichen Organspenders festgestellt worden ist, unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird. Bis zum 1. Juli 2024 müssen alle Entnahmekrankenhäuser an das Register angebunden sein. Spätestens bis zum 30. September erhalten Versicherte dann eine weitere Möglichkeit des Zugangs zum Register. Dann soll es möglich sein, dass sie Erklärungen auch direkt mit Hilfe ihrer GesundheitsID eintragen können. Diese sogenannte digitale Identität erhalten sie über Krankenkassen-Apps und ihre elektronische Patientenakte.
Bleibt der Organspendeausweis weiterhin gültig?
Ja, auch der Organspendeausweis in Papierform bleibt noch gültig. Wer in der Vergangenheit einen Organspendeausweis ausgefüllt hat und seine Erklärung nun im digitalen Register registrieren möchte, sollte darauf achten, dass die Erklärungen übereinstimmen. Im Zweifel gelte das jüngere Dokument, erklärt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Mit Informationen von KNA
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN – Das Sachsenradio | 30. Mai 2024 | 12:00 Uhr