Keine Einigung Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gehen in Schlichtung
Hauptinhalt
30. März 2023, 09:15 Uhr
Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind gescheitert. Nun sind Schlichter am Zug. Bis nach Ostern wird es aufgrund einer Friedenspflicht keine größeren Warnstreiks geben. Danach drohen reguläre Streiks.
Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind gescheitert. In den Verhandlungen sei es nicht möglich gewesen, einen sozial gerechten Lohnabschluss mit einem monatlichen Mindestbetrag zu erreichen, sagte Verdi-Bundeschef Frank Werneke am Donnerstag in Potsdam. Die Arbeitgeber seien nicht in der Lage gewesen, "den notwendigen Schritt auf die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften zuzugehen."
Auch Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach erklärte, die Arbeitgeber hätten kein wirklich verbessertes Angebot vorgelegt. "Wir müssen Reallohnverluste verhindern und brauchen einen nachhaltigen Inflationsausgleich", hob Silberbach hervor. Die Arbeitgeber seien dazu aber nicht bereit.
Arbeitgeber wollen unabhängige Schlichter einberufen
Nach dem Willen der Arbeitgeber sollen nun zunächst unabhängige Schlichter nach einer Lösung suchen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte als Verhandlungsführerin des Bundes am frühen Donnerstagmorgen in Potsdam, sie bedaure den Abbruch der Verhandlungen durch die Gewerkschaften sehr. "Wir werden jetzt die Schlichtung einberufen", kündigte die SPD-Politikerin an.
Mit Zusammentreten der Schlichtungskommission beziehungsweise drei Tage nach Anrufung des Schlichtungsverfahrens tritt eine Friedenspflicht in Kraft. Dann darf für die Dauer der Schlichtung nicht mehr gestreikt werden. Verdi nannte den Sonntag als Beginn der Friedenspflicht. Bis dahin seien noch kleinere regionale Warnstreiks geplant.
Keine Warnstreiks über Ostern
Die Schlichtung folgt einem festgelegten Verfahren. Sie muss spätestens sechs Werktage nach Anrufung beginnen. Nach weiteren zehn Tagen muss ein Schlichtungsergebnis vorliegen. Anschließend sind Wiederaufnahme-Tarifverhandlungen vorgesehen, um über Annahme oder Ablehnung des Schlichtungsvorschlages zu beraten. Das bedeutet: Bis nach Ostern wird es keine neuen Arbeitsniederlegungen im Öffentlichen Dienst geben. Bei einem Scheitern der Schlichtung sind im Anschluss aber reguläre Streiks möglich.
Die Vorsitzenden der Schlichtungskommission sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt für die Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr für die Gewerkschaften, wobei Lühr die entscheidende Stimme hat.
Arbeitgeber boten acht Prozent mehr Lohn
Die Arbeitgeber boten am Schluss der Verhandlungen nach eigenen Angaben acht Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro an – dazu eine steuerfreie Einmalzahlung von 3.000 Euro mit einer Auszahlung von 1.750 Euro bereits im Mai.
Verdi und dbb hatten 10,5 Prozent mehr Einkommen gefordert, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Der Mindestbetrag, der vor allem Bezieherinnen und Beziehern unterer Einkommen zugute käme, war für sie zentral.
Rund 2,5 Millionen Beschäftigte betroffen
Betroffen von den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind Angehörige etlicher Berufe – unter anderem Erzieherinnen, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Krankenschwestern, Verwaltungsangestellte, Altenpflegerinnen, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärztinnen. Es geht um das Einkommen von über 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes. Auf die Beamtinnen und Beamten soll das Ergebnis nach dem Willen der Gewerkschaften übertragen werden.
Die Gewerkschaften hatten seit Montag wieder mit den Vertretern von Bund und Kommunen in Potsdam verhandelt. In den Wochen zuvor war es immer wieder zu Warnstreiks gekommen, etwa im Nahverkehr, bei der Müllabfuhr, in Kitas oder Kliniken. Besonders gravierend war am Montag ein bundesweiter Aktionstag, an dem sich auch die Verkehrsgewerkschaft EVG beteiligt hatte.
dpa,AFP,Reuerts (ala)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 30. März 2023 | 06:00 Uhr