Passanten in einer Fußgängerzone
Die Bevölkerung Deutschlands ist laut Zensus weniger stark gewachsen als angenommen. Bildrechte: IMAGO/Michael Gstettenbauer

Zensus 2022 Weniger Geld aus Landeskassen für schrumpfende Kommunen

27. Juni 2024, 05:00 Uhr

Laut dem Zensus 2022 hat Deutschland weniger Einwohner als gedacht. Und weil Gemeinden und Städte für jeden Einwohner Geld von Bund und Ländern erhalten, könnte das für manche Kommunen weniger Geld bedeuten. In welchem Maße, das lässt sich jedoch nicht einfach beziffern.

Kann man den Wert eines Einwohners oder einer Einwohnerin beziffern? Also rein aus Sicht der Gemeindekasse? Frage an Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Städte- und Gemeindebund: "Das wäre schön, wenn man das mit einer Zahl versehen könnte. Leider muss ich Ihnen sagen, das ist so nicht möglich."

Dennoch lässt sich sagen: Einwohnerinnen und Einwohner sind für die Kommunen, in denen sie leben, bares Geld wert. Nicht nur, weil ein Teil ihrer Steuern in die Gemeindekasse fließt. Sondern auch, wenn es darum geht, wie die Länder ihr Geld aus dem Länderfinanzausgleich verteilen.

Weniger Geld für schrumpfende Kommunen

Und wieviel Geld aus der Landeskasse geht an jede einzelne Kommune? Diese sogenannten Zuweisungen machen etwa jeden fünften Euro im kommunalen Budget aus. Weil die Zuweisungen aber in jedem Bundesland anders berechnet würden, sei noch nicht absehbar, für wen die neuen, niedrigeren Einwohnerzahlen ein Problem werden könnten, sagt Joachim Ragnitz. Er forscht am Ifo-Institut zu den Finanzbeziehungen von Bund, Ländern und Kommunen.

Laut Ragnitz hängt es davon ab, wie hoch die Einwohnerzahl oder die Veränderung der Einwohnerzahl im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ist. "Diejenigen Kommunen, die überproportional schrumpfen, werden tendenziell auch weniger Geld zur Verfügung haben", sagt Ragnitz.

Das müsse allerdings noch genau durchgerechnet werden, weil verschiedene Sonderbedarfe eine Rolle spielten. "Es spielt auch eine Rolle, was ein Land selbst an Geldern bekommt. Das heißt, ganz klare Aussagen lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht treffen", erklärt Ragnitz.

Kaum Fehleinschätzungen in Mitteldeutschland

In der Gesamtschau könnten die mitteldeutschen Bundesländer noch gut davonkommen. Thüringen und Sachsen haben sich bei ihrer Einwohnerzahl nur um 1 Prozent oder weniger verschätzt. Und auch Sachsen-Anhalt lag bei der Fehleinschätzung etwa im Bundesschnitt.

Im Detail kann es dennoch anders ausgehen. Denn kreisfreie Städte hatten zum Beispiel viel mehr Einwohner in Karteien stehen, als es die Zahlen des Zensus hergeben.

Stadtbewohnerinnen und -bewohner sind zudem in den kommunalen Abrechnungsregeln mehr wert, erklärt Uwe Zimmermann vom Städte- und Gemeindebund: "Es gibt eine Unterscheidung zwischen großen Städten, mittleren und kleineren Städten sowie Gemeinden." Im Regelfall gebe es einen höheren Berechnungsfaktor für Einwohner aus großen Großstädten, weil man davon ausgehe, dass dort höhere Infrastrukturkosten anfielen. Deshalb würden ihre Einwohner in der Finanzzuweisung etwas höher berechnet.

Weniger Bevölkerung in Chemnitz und Leipzig

Einer der großen Verlierer dürfte deshalb Halle an der Saale sein: mit sechs Prozent weniger Bevölkerung als erwartet. Auch Städte wie Stendal, Dessau-Roßlau, Chemnitz oder Leipzig müssen künftig eventuell mit weniger Geld aus der Landeskasse rechnen.

Für die Stadt Halle seien die neuen Zahlen des Zensus nicht nachvollziehbar, schreibt der Sprecher auf Anfrage von MDR AKTUELL. Die Stadt wolle die Durchführung der Befragungen im Land Sachsen-Anhalt genau überprüfen lassen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 27. Juni 2024 | 06:09 Uhr

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