Ausbildungsreform Kleinere Pflegebetriebe kämpfen mit Koordinationsaufwand
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28. Dezember 2022, 12:52 Uhr
Vor fast drei Jahren wurde die Pflegeausbildung grundsätzlich reformiert. Ziel war es, einen flexibleren Pflegeabschluss zu schaffen und damit den Beruf attraktiver zu machen. Die drei Ausbildungsberufe in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege sind mit der Reform durch einen einzigen Abschluss ersetzt worden – der heißt jetzt "Pflegefachmann bzw. Pflegefachfrau". Die Ausbildung in dieser Bandbreite von Einsatzbereichen stellt die Praxisbetriebe vor einige Herausforderungen.
- Durch die Ausbildungsreform lernen Auszubildende in der Pflege eine große Bandbreite an Stationen kennen.
- Die Koordination der Ausbildungsstationen bedeutet einen Mehraufwand mit dem vor allem kleine Ausbildungsbetriebe zu kämpfen haben.
- Die Zahl der Auszubildenden in der Pflege ist drei Prozent höher als vor der Reform.
Markus Müller leitet einen ambulanten Pflegedienst in Leipzig, einen Familienbetrieb mit etwa 40 Angestellten und drei Auszubildenden. Seit der Reform der Pflegeberufe findet die praktische Ausbildung für den Nachwuchs nicht mehr ausschließlich bei ihm im Pflegedienst statt.
"Unsere Auszubildenden müssen ins Krankenhaus gehen. Die müssen in langzeitstationäre Pflegeeinrichtungen gehen, sprich in ein Pflegeheim. Die müssen in die Pädiatrie, in die Psychiatrie", zählt Müller auf. Seine Aufgabe sei es dabei, mit all den Einrichtungen Kooperationsverträge abzuschließen und seine Azubis dort hinzuschicken. Das sieht die Reform hin zur generalistischen Pflegeausbildung aus dem Jahr 2020 vor.
Kleine Pflegebetriebe kämpfen mit Koordination
Dass Auszubildende nun mehrere Betriebe kennenlernen, sorge für einen riesigen Mehraufwand an Koordination. Und den könnten viele kleine Betriebe Müller zufolge einfach gar nicht leisten. Zudem erhöhe sich der Aufwand noch, weil Praxisplätze in der Kinderheilkunde und Psychiatrie häufig knapp seien. Die meisten kleinen Betriebe übergeben die Planung der Praxisstationen ihrer Azubis deshalb an deren Pflegeschulen.
An der Johanniter-Akademie in Leipzig leitet Martin Kämmerer die Generalistische Pflegeausbildung. Er sagt, der Aufbau eines Netzwerks für die verschiedenen Praxiseinsätze sei nur einer der Kraftakte beim Umsetzen der Reform gewesen: "Die Koordination der berufspraktischen Ausbildung ist natürlich eine große Herausforderung. Ich glaube, das ist für jede Pflegeschule ein unglaublicher Mehraufwand aktuell."
An der Akademie hat man daher Kämmerer zufolge eigens für diese Aufgabe Stellen geschaffen. Genauer: Eine Vollzeitstelle für ihre etwa 70 Auszubildenden. Das Geld dafür kommt zum Teil aus den Pauschalen, die die Johanniter-Akademie aus dem Pflege-Ausbildungsfonds bekommt.
Markus Müller vom Pflegedienst dagegen koordiniert die Praxiseinsätze der Azubis selbst. Und zwar mit einer digitalen Plattform, die er selbst hat aufsetzen lassen. Insgesamt beobachtet er, dass gerade kleine ambulante Pflegedienste seit 2020 eher vor dem Ausbilden zurückschrecken würden. Denn nicht nur bei der Koordination der Praxiseinsätze, auch an anderen Stellen der Ausbildung sei der Aufwand stark angestiegen. Und das, während häufig ohnehin schon Personalmangel herrscht.
Anzahl der Pflege-Azubis insgesamt gestiegen
Auf Anfrage von MDR Aktuell teilt das sächsische Sozialministerium mit, dass die Anzahl der Pflege-Azubis insgesamt gestiegen sei. Im Schuljahr 2021/22 lag sie mit über 9.300 Pflegeschülerinnen und -schülern um drei Prozent höher als kurz vor der Reform. Wie viele ambulante Pflegedienste unter den Trägern der Ausbildung sind, das wird jedoch erst seit der Reform von 2020 überhaupt erfasst.
Auf die Zahlen verweist auch Sandra Morlock vom Berufsverband Heil- und Pflegeberufe: "Gibt es jetzt weniger Ausbildung? Gibt es nicht." Aber ja, es gebe Begleitprobleme, die gar nicht mit der Ausbildung zu tun hätten, sondern einfach mit dem Gesamtumständen, sagt Morlock. Faktoren seien die Corona-Pandemie, die demografische Lage und nicht zuletzt die Masse an Reformen, die die Pflege in den letzten Jahren umzusetzen hatte. "Ob sich also kleine Betriebe tatsächlich aus der Ausbildung neuer Pflegekräfte zurückziehen, das muss sich erst noch zeigen."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 28. Dezember 2022 | 06:00 Uhr