Gerichtsurteil Kassen müssen bei schwerem Erschöpfungssyndrom mehr zahlen
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21. November 2022, 16:17 Uhr
Mehr Leistungen für Menschen mit dem Chronic Fatigue Syndrome (CFS): Das Landessozialgericht Celle hat geurteilt, dass Krankenkassen in schweren Fällen auch Medikamente zahlen müssen, deren Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. Die Richter stützten sich auf ein Gutachten, laut dem es für CFS noch keine Standardtherapie gibt. Die Krankheit kann auch Spätfolge einer Corona-Infektion sein.
- Kläger war ein Mann, dessen CFS-Arzneimittel die Krankenkasse aufgrund fehlender Wirknachweise nicht übernahm.
- Vor Gericht führte eine Sachverständige aus, dass es keine Standardtherapie für die Krankheit gibt.
- Das Gericht entschied zugunsten des Klägers: In schweren Fällen von CFS müssten die Kassen auch alternative Arzneimittel zahlen.
Beim Chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) müssen gesetzliche Krankenkassen in bestimmten Fällen auch die Kosten von alternativen Arzneimitteln übernehmen, die nicht im Leistungskatalog vorgesehen sind. Das geht aus Beschlüssen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Celle hervor, wie ein Sprecher des Gerichts mitteilte.
Kläger nahm Vitamin D gegen Chronisches Fatigue-Syndrom
Im konkreten Fall hatte ein 55-jähriger Mann aus der Region Hannover Eilanträge gestellt. Er ist durch zahlreiche Erkrankungen schwerbehindert und pflegebedürftig, insbesondere wegen CFS, das zu besonders schneller und lang anhaltender Erschöpfung führt.
Bei seiner Krankenkasse beantragte er die Bewilligung von alternativen Arzneimitteln, unter anderem Vitamin D. Die Kasse lehnte die Anträge ab, weil die medizinisch-wissenschaftlichen Voraussetzungen für eine Verordnung nicht gegeben seien. Dem hielt der Mann entgegen, dass etablierte Therapien kaum zur Verfügung stünden.
Vor Gericht argumentierte der Mann, dass er mit seiner Grunderkrankung im System der gesetzlichen Krankenkassen nicht ausreichend versorgt werde. Das Gericht hörte eine Sachverständige an, die erläuterte, dass es für CFS im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen keine Standardtherapie gebe. In der Wissenschaft werde nur die Versorgung der Symptome diskutiert.
Gericht: Kassen müssen bei schwerer Fatigue alternative Arzneimittel zahlen
Das Landessozialgericht verpflichtete die Kasse vorläufig zur Leistung. Auch wenn die Leistungsvoraussetzungen der evidenzbasierten Medizin nicht erfüllt seien, müsse die Kasse die Präparate im Ausnahmefall einer schweren Erkrankung übernehmen, urteilte es.
Neben der Stellungnahme der Sachverständigen verwies das Gericht auch auf die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage zur aktuellen Situation in Versorgung und Forschung zum CFS. Darin zeige sich die aktuelle Hoffnungslosigkeit einer kausalen Therapie dieser Krankheit.
CFS oder ME/CFS ist eine noch wenig erforschte Krankheit, deren Ursachen unklar sind. Betroffene leiden unter verschiedenen Symptomen wie Schmerzen, Schwäche, Konzentrationsschwierigkeiten und extremer Müdigkeit. Die Krankheit tritt oft nach einem Virusinfekt wie beispielsweise dem Pfeifferschen Drüsenfieber oder Covid-19 auf.
Aktenzeichen: Beschluss vom 14. Oktober 2022, L 4 KR 373/22 B ER und Beschluss vom 29. September 2022, L 4 KR 230/22 B ER
dpa/AFP (jan)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Dezember 2021 | 07:05 Uhr