Corona-Impfung Was Wahrscheinlichkeiten von Impfnebenwirkungen bedeuten

28. März 2023, 05:00 Uhr

Medikamente und Impfungen können Nebenwirkungen haben. Diese wiederum treten in verschiedener Häufigkeit auf. Gesundheitsminister Karl Lauterbach zufolge treten Herzmuskelentzündungen nach weniger als einer von 10.000 Corona-Impfungen auf – der Minister bezeichente das als "nicht sehr häufig". Doch was genau kann man sich unter "häufig" oder "nicht häufig" bei solchen Nebenwirkungen vorstellen?

Wer die Beipackzettel von Arzneimitteln aufmerksam studiert, kennt dieses Phänomen vielleicht: Beim Überfliegen all der potentiellen Nebenwirkungen spürt man einen Anflug von Angst.

Bei den Corona-Impfungen ist es nicht anders. Für eines der Vakzine liest man zum Beispiel: Sehr selten können Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündungen auftreten. Genauer gesagt in weniger als einem von 10.000 Fällen. Das sei, dem Wortlaut von Gesundheitsminister Karl Lauterbach entsprechend, tatsächlich "nicht so häufig".

Der Vorsitzende der Sächsischen Impfkommission, Thomas Grünewald, sagt zustimmend: "Das ist sehr wenig. Wobei man natürlich sagen muss: Wenn eine Nebenwirkung mit einer Häufigkeit von kleiner 1 zu 10.000 angegeben wird, dann heißt das ja nicht, dass jeder Zehntausendste, der geimpft wird, tatsächlich eine Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung bekommt. Da haben wir mittlerweile sehr belastbare Daten." Wenn man adäquat, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft impfe, liege das für vor allem für Gruppe der 15- bis 35-Jährigen bei drei bis acht pro Hunderttausend, erklärt Grünewald.

Herzmuskelentzündungen auch Nebenwirkung bei anderen Impfungen

Herzmuskelentzündungen können übrigens auch nach anderen, seit vielen Jahren oder Jahrzehnten erprobten Impfungen auftreten. Ebenfalls nur sehr selten. Andere schwere Nebenwirkung von Impfstoffen sind zum Beispiel Lähmungen. Sie können nach der Schutzimpfung gegen Diptherie und Tetanus auftreten. Mit einer Wahrscheinlichkeit von kleiner 1 zu 10.000.

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Grünewald sagt, dass sei vielen gar nicht bewusst. Bei der sehr wirksam und gut verträglichen Hepatitis-Impfung werde die schwere Nebenwirkung der Lähmung, das sogenannte Guillaun-Barré-Syndrom, mit der gleichen Häufigkeit von kleiner 1 zu 10.000 angegeben.

Nebenwirkungen schwer vergleichbar

Generell sei ein Vergleich zur Häufigkeit schwerwiegender Nebenwirkungen nach verschiedenen Impfungen kaum machbar, erklärt das Paul-Ehrlich-Institut auf Anfrage von MDR AKTUELL. Der Grund: Es würden jeweils ganz verschiedene Bevölkerungsgruppen und Altersklassen geimpft.

Auffällig sei auch, dass sich die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen je nach Land unterscheide, erklärt der Epidemiologe Klaus Stöhr. Er bezieht sich dabei auf die Corona-Impfungen: "Zum Beispiel gibt es in Kanada in Ontario in der Größenordnung bei circa drei pro Hunderttausend verabreichten Dosen schwerwiegende Nebenwirkungen, die als Verdacht gemeldet werden. Und in Deutschland sind es 27 pro Hunderttausend."

Verdachtsmeldungen noch keine Belege

Was tatsächlich auffällt: Zu den Corona-Impfungen gehen mehr Verdachtsmeldungen beim Paul-Ehrlich-Institut ein als bei anderen Impfungen. Bislang mehr als 300.000. Stöhr sagt: "Es ist bei anderen Impfstoffen, die schon seit Jahrzehnten bekannt sind, ein weitaus geringeres Interesse und Aufmerksamkeit da. Und dadurch ergibt sich eine gewisse Disproportion bei den Meldungen."

Wohlgemerkt: Stöhr spricht von Verdachtsmeldungen. Ob die beobachten Symptome ursächlich auf die Impfung zurückgehen, ist nicht sicher.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. März 2023 | 06:00 Uhr

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