Direkte Demokratie Was bringt ein Bürgerentscheid?
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19. November 2024, 16:40 Uhr
Mit einem Bürgerentscheid können Bürgerinnen und Bürger Einfluss auf politische Entscheidungen in ihrer Gemeinde nehmen. Welche Regeln dafür genau gelten, kann sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Wir geben einen Überblick über den Ablauf von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden in Mitteldeutschland.
Auf kommunaler Ebene können Bürgerinnen und Bürger mittels eines Bürgerentscheids Politik in ihrer Stadt oder Gemeinde direkt mit beeinflussen. Dabei handelt es sich um eine Abstimmung in Form einer Ja-Nein-Frage. Dadurch "kann eine bereits beschlossene Maßnahme verhindert, verändert oder eine neue Maßnahme durchgesetzt werden", erläutert das Deutsche Institut für Urbanistik auf seiner Webseite.
Bürgerbegehren als erster Schritt
Bevor es zu einem Bürgerentscheid kommen kann, gibt es in der Regel zunächst ein Bürgerbegehren. Es kann sein, dass dieses zuvor bei der Gemeindeverwaltung beantragt werden muss, so in Thüringen der Fall. Bei einem Bürgerbegehren werden Unterschriften gesammelt. Wie viele Unterschriften mindestens benötigt werden, kann in jedem Bundesland beziehungsweise in jeder Kommune unterschiedlich sein. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel müssen mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten das Begehren unterschreiben.
Der Landesverband Thüringen des Vereins "Mehr Demokratie e.V." weist auf seiner Webseite hin: "Die Unterschrift unter ein Bürgerbegehren ist nicht zwingend eine Zustimmung in der Sache. Sie sagt nur: Ich möchte, dass die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde über eine bestimmte Angelegenheit selbst entscheiden können." Man gibt damit also noch nicht seine Stimme für "Ja" oder "Nein" zu der gestellten Frage ab, sondern unterstützt lediglich das Vorhaben, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen sollen.
Wichtig zu wissen: Es gibt auch Themen, die von einem Bürgerbegehren beziehungsweise einem Bürgerentscheid ausgeschlossen sind. Beispiel Sachsen: In Paragraph 24 der Sächsischen Gemeindeordnung werden entsprechende Angelegenheiten benannt, dazu gehören unter anderem "Haushaltssatzungen und Wirtschaftspläne" sowie "Anträge, die gesetzwidrige Ziele verfolgen".
Mehrheit für erfolgreichen Bürgerentscheid nötig
Hat das Bürgerbegehren ausreichend Unterschriften erhalten und ist zulässig, findet in der Regel nach einem festgelegten Zeitraum der Bürgerentscheid statt. Es kann aber auch möglich sein, dass dieser " entfällt, wenn der Gemeinderat, Verbandsgemeinderat beziehungsweise Kreistag die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt", so die Regelung in Sachsen-Anhalt. Wenn also zum Beispiel das Bürgerbegehren den Bau einer Umgehungsstraße verlangt und der Gemeinderat diesen daraufhin beschließt, ist kein Bürgerentscheid mehr nötig.
Wenn der Bürgerentscheid erfolgreich sein soll, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden: Laut Deutschem Institut für Urbanistik muss zum einen eine Mehrheit der Abstimmenden sich für "Ja" oder "Nein" entscheiden und zum anderen muss diese Mehrheit prozentual einem bestimmten Anteil aller Stimmberechtigten in der Kommune entsprechen. In Thüringen zum Beispiel liegt dieser Anteil "bei 10 bis 20 Prozent je nach Gemeindegröße". Weiter heißt es dort: "Ist der Bürgerentscheid erfolgreich, hat er die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses und ist ortsüblich bekannt zu machen."
Übrigens: Auch ein Gemeinderat kann einen Bürgerentscheid beschließen. Dann wird vom Ratsreferendum gesprochen, wie der Landesverband Thüringen des Vereins "Mehr Demokratie e.V." auf seiner Webseite informiert.
Beispiele für Bürgerentscheide aus Mitteldeutschland
Der Bau eines Gewerbegebiets, einer Straße oder von Windrädern: Auch in Mitteldeutschland finden Bürgerentscheide zu verschiedenen Themen statt. So entschieden beispielsweise die Bürgerinnen und Bürger in Wiedemar, dass ein Bebauungsplanverfahren für ein Industrievorsorgegebiet in der sächsischen Gemeinde nicht fortgeführt wird, wie die Umschau berichtet.
In Erfurt-Büßleben wurde 2023 durch einen Bürgerentscheid festgelegt, dass auf dem neuen Dorfplatz keine Tanzlinde gepflanzt werden sollte.
Bei einem anderen Beispiel steht die Abstimmung noch aus. In Dessau-Roßlau soll darüber entschieden werden, ob der Stadtratsbeschluss zur Ausrichtung der Bundesgartenschau 2035 aufgehoben wird.
MDR (jvo)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 19. November 2024 | 20:15 Uhr