Ein Roentgenbild zeigt am 20. April 2004 eine 17 Zentimeter lange Ärzteschere im Körper von Pat Skinner in Sydney, Australien.
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Behandlungsfehler Medizinischer Dienst fordert mehr Transparenz bei Behandlungsfehlern

25. August 2024, 05:00 Uhr

Es geht um im Körper vergessene OP-Schere oder vertauschte Medikamente: Der Medizinische Dienst hat seine Jahresstatistik zu Behandlungsfehlern vorgestellt. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 3.160 Fälle falscher Behandlung festgestellt. Die Stiftung Patientenschutz kritisiert, dass diese Zahl nur die "Spitze des Eisbergs" sei. Und auch die Medizinischen Dienste Sachsen und Sachsen-Anhalt sprechen sich für eine Reform der Erfassungsmethoden aus.

Volontär Til Schäbitz sitzt lächelnd auf dem Boden vor einem schwarzen Lederstuhl
Bildrechte: MDR/Til Schäbitz

Seit Jahren erhebt der Medizinische Dienst Zahlen zu den medizinischen Behandlungsfehlern. Und seit Jahren sehen diese Zahlen ziemlich ähnlich aus. So wurden im vergangenen Jahr in Sachsen genau 200, in Sachsen-Anhalt 141 und in Thüringen 81 solcher Fehler gemeldet. Betrachtet man die Fälle, in denen die falsche Behandlung auch zweifelsfrei Ursache des entstandenen Schadens war, dann sind die entsprechenden Zahlen noch etwas niedriger.

Zahlen nicht repräsentativ

Doch diese gemeldeten Fälle seien "nur die Spitze des Eisbergs", kritisiert Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Und auch der Medizinische Dienst Sachsen betont, dass die veröffentlichten Zahlen "nicht die Gesamtheit aller Behandlungsfehler" widerspiegeln. Der Grund dafür liege in der Erfassungsmethode.

Denn aktuell läuft es so: Wer das Gefühl hat, dass bei der eigenen Behandlung ein Fehler passiert ist, der kann sich an seine gesetzliche Krankenkasse wenden. Diese kann dann den Medizinischen Dienst einschalten, um den Fall durch ein Gutachten klären zu lassen. Nur diese Fälle landen auch in der Statistik. Auf Initiative der Geschädigten wurden so im vergangenen Jahr in Sachsen 660, in Sachsen-Anhalt 501 und in Thüringen 282 Gutachten erstellt – je nach Bundesland konnte in 25 bis 30 Prozent der Fälle ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden.

Die Dunkelziffer ist jedoch deutlich höher. "Fachleute gehen davon aus, dass es in etwa einem Prozent aller stationären Behandlungen zu Fehlern und vermeidbaren Schäden kommt", erklärt der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer. Das entspreche bundesweit jährlich 168.000 Patienten. Zudem würden die Expertinnen und Experten von etwa 17.000 fehlerbedingten, vermeidbaren Todesfällen ausgehen. Ein beachtlicher Unterschied, zeigt die vom Medizinischen Dienst veröffentliche Jahresstatistik doch lediglich 75 Todesfälle durch Behandlungsfehler.

Medizinischer Dienst fordert Meldepflicht

Aktuell würden viele Fälle unerkannt bleiben, weil sie in Deutschland nicht zentral erfasst werden, sagt der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Diensts Sachsen-Anhalt, Jens Hennicke. Und manche Fehler könnten die Patientinnen und Patienten schlicht nicht selbst bemerken. Hennicke fordert deswegen, sämtliche Daten zu Behandlungs- und Pflegefehlern in einer zentralen Datenbank zu sammeln. Explizit auch jene Fehler, bei denen kein Schaden entstanden sei. Eine rechtliche Grundlage könnte im Rahmen des Transparenzgesetzes der Bundesregierung geschaffen werden.

Jens Hennicke, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt
Jens Hennicke, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt Bildrechte: Medizinischer Dienst Sachsen Anhalt

Laut Hennicke wäre eine Regelung denkbar, bei der medizinische Einrichtungen zur Meldung von Fehlern und Risiken verpflichtet würden. Derartige Meldungen laufen momentan freiwillig ab.

Wunsch nach besserer Fehlerkultur

Nicht zu vergessen: Auch im medizinischen Bereich arbeiten Menschen. Und wo Menschen arbeiten, ist auch das Auftreten menschlicher Fehler nie ganz auszuschließen. Es stellt sich jedoch die Frage nach dem Umgang mit diesen.

Verschiedene Stellen kritisieren die mangelhafte Fehlerkultur im medizinischen Bereich und sehen dort erhebliches Verbesserungspotential. Nach Angaben des Medizinischen Diensts Sachsen müssten die "komplexen Ursachen" für Behandlungsfehler transparent gemacht werden. Kein Arzt und keine Ärztin begehe diese absichtlich. Viel eher seien "Überforderung, Unkenntnisse, Missverständnisse" dafür verantwortlich. Diese Faktoren müssten gefunden, offen angesprochen und zentral gemeldet werden – sanktionsfrei und anonymisiert.

Das Melden von Fehlern solle nicht darauf abzielen, "Einzelne an den Pranger zu stellen", betont der Medizinische Dienst Sachsen. Vielmehr sei ein transparenter Umgang positiv und wünschenswert. Durch die so entstehenden Datenmengen ließen sich Behandlungsfehler in Zukunft wesentlich effektiver vermeiden.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 22. August 2024 | 13:05 Uhr

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