Autorin Anne Rabe Die junge Generation braucht eine eigene Perspektive auf die DDR
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16. Oktober 2023, 18:26 Uhr
Die Schriftstellerin Anne Rabe, geboren 1986 in Wismar, fordert die junge Generation auf, eine eigene Sicht auf die DDR zu gewinnen. Die Erzählungen der älteren Generationen sollten dabei auch hinterfragt werden. Mit ihrem Roman "Die Möglichkeit von Glück" landete Rabe auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.
- Die Nachwendegeneration soll ihre eigene Perspektive auf die DDR-Geschichte finden, fordert die 1986 in Wismar geborene Autorin Anne Rabe.
- Mit ihrem Roman "Die Möglichkeit von Glück" legt sie ihre persönliche Sicht auf die DDR vor, zwischen Ideologie und falschen Entscheidungen.
- Bei ihren Lesungen bemerkt Rabe ein gleich großes Interesse in Ost und West, aber eine unterschiedliche Offenheit im Gespräch.
Die Autorin Anne Rabe fordert die Nachwendegeneration auf, sich eine eigene Position zur DDR-Geschichte zu erarbeiten. Aufarbeitung sei für sie immer ein Prozess, den jede Generation aufs Neue betreiben müsse. Sowohl im persönlichen Bereich wie auch in der Forschung gebe es immer wieder neue Erkenntnisse. Rabe sagte dazu bei MDR KULTUR: "Ich glaube, Vergangenheit ist genausowenig abgeschlossen wie alle anderen Dinge."
Perspektiven der DDR-Generation hinterfragen
Dabei sollte die nachgeborene Generation sich nicht immer mit dem zufrieden geben, was ihr von der älteren Generation vorgesetzt worden sei, so die 1986 in Wismar geborene Schriftstellerin. Stattdessen wünscht sich Rabe eine offenere Debatte, einerseits im Austausch der Generationen miteinander – aber auch indem die junge Generation selbst nachforscht, in die Archive geht, um so für sich eine eigene Position zu finden.
Diese junge Perspektive auf die DDR ist auch Thema in Rabes Buch "Die Möglichkeit von Glück", mit dem sie auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2023 gelandet ist. Der jungen Schriftstellerin hat der Blick in die Archive geholfen, das Land DDR besser zu verstehen und herauszufinden, welche ideologischen Gründe es gab und wo Fehler und falsche Abzweigungen passiert sind.
Rabe hat sich beispielsweise für ihren Roman viel mit der DDR-Pädagogik auseinandergesetzt. Dabei ist sie auf Kontinuitäten autoritärer Erziehung noch aus dem Nationalsozialismus gestoßen – aber gleichzeitig auch auf die Traumata dieser Generation, die nicht besprochen werden konnten und die noch immer im Unbewussten fortwirken.
Ich glaube, Vergangenheit ist genausowenig abgeschlossen wie alle anderen Dinge.
Lesungen in Ost und West gleich gut besucht
Mit ihrem Buch reist Rabe zu vielen Lesungen in Ost und West. Die Häuser seien überall voll, so die Autorin. Unterschiede bemerkt sie nach eigenen Worten beispielsweise bei der Debatte zur Ostgeschichte, die sie im Westen als eher offen wahrnehme. Das führt sie darauf zurück, dass die Menschen im Westen mit der Geschichte des Ostteils nicht so verbandelt seien. Zugleich bekommt Rabe ein großes Interesse daran mit.
Im Osten komme sie bei ihren Lesungen eher persönlich mit den Menschen ins Gespräch und nicht vor der großen Gruppe, so Rabe. Dabei sei sie manchmal sehr berührt von den Geschichten, die ihr erzählt würden. Traumata wie beispielsweise der 17. Juni 1953 säßen noch immer tief in den Menschen fest. Erst langsam erwache bei manchen die Bereitschaft, darüber ins Gespräch zu kommen.
Das Buch
Anne Rabe: "Die Möglichkeit von Glück"
Roman
Auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2023
384 Seiten
Hardcover 24 Euro, E-Book (epub) 18,99 Euro
ISBN: 978-3-608-98463-7
Klett-Cotta
Quelle: MDR KULTUR-Gespräch mit Anne Rabe, redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 16. Oktober 2023 | 07:10 Uhr